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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Sechstes Capitel.
Melanchthon gerieth in die schmerzlichsten innern Beküm-
mernisse. "Mein Gewissen," schreibt er am 17. Mai, "ist
durch diese Dinge beunruhigt; ich bin halb todt, indem
ich sie mir überlege." Am 11. Juni: "meine Seele ist
von so bitteren Schmerzen ergriffen, daß ich darüber alle
Pflichten der Freundschaft, meine Studien versäume." Am
14ten: "ich fühle mich in solcher Unruhe, daß ich lieber
sterben, als sie länger ertragen wollte." Gleich, als wollte
er das begangene Unrecht wieder gut machen, ersuchte er
endlich auf seine eigne Hand seine Freunde in Nürnberg,
den Abschluß der entworfenen Verbindung lieber zu verhü-
ten. "Denn die gottlose Meinung Zwingli's dürfe man
nimmermehr vertheidigen."

Seinen Herrn, den Churfürsten, konnte er getrost der
Einwirkung Luthers überlassen.

Luther, wie gesagt, hatte keinen Augenblick gezögert,
die Verbindung mit den Anhängern Zwingli's zu verdam-
men. Auf der Stelle, und unaufgefordert, nur auf die
Erzählung Melanchthons wandte er sich an Chf. Johann,
um die zu Speier geschlossene Abkunft auch jetzt noch rück-
gängig zu machen. Er stellte ihm vor, daß alle Bündnisse
überhaupt gefährlich seyen; erinnerte ihn, wie schon das
vorige von dem unruhigen jungen Landgrafen mißbraucht
worden. "Wie sollte man sich aber vollends mit Leuten
verbinden dürfen, welche wider Gott und das Sacrament
streben? Da gehe man mit Leib und Seele der Verdamm-
niß entgegen."


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1 Schreiben Melanchthons an Camerar: 17 Maji redii neu-
tiquam afferens domum illam, quam solebam, hilaritatem.
An
Baumgärtner C. Ref. p. 1070. An Spengler und Justus Jonas
1069. 1075, 76.

Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel.
Melanchthon gerieth in die ſchmerzlichſten innern Beküm-
merniſſe. „Mein Gewiſſen,“ ſchreibt er am 17. Mai, „iſt
durch dieſe Dinge beunruhigt; ich bin halb todt, indem
ich ſie mir überlege.“ Am 11. Juni: „meine Seele iſt
von ſo bitteren Schmerzen ergriffen, daß ich darüber alle
Pflichten der Freundſchaft, meine Studien verſäume.“ Am
14ten: „ich fühle mich in ſolcher Unruhe, daß ich lieber
ſterben, als ſie länger ertragen wollte.“ Gleich, als wollte
er das begangene Unrecht wieder gut machen, erſuchte er
endlich auf ſeine eigne Hand ſeine Freunde in Nürnberg,
den Abſchluß der entworfenen Verbindung lieber zu verhü-
ten. „Denn die gottloſe Meinung Zwingli’s dürfe man
nimmermehr vertheidigen.“

Seinen Herrn, den Churfürſten, konnte er getroſt der
Einwirkung Luthers überlaſſen.

Luther, wie geſagt, hatte keinen Augenblick gezögert,
die Verbindung mit den Anhängern Zwingli’s zu verdam-
men. Auf der Stelle, und unaufgefordert, nur auf die
Erzählung Melanchthons wandte er ſich an Chf. Johann,
um die zu Speier geſchloſſene Abkunft auch jetzt noch rück-
gängig zu machen. Er ſtellte ihm vor, daß alle Bündniſſe
überhaupt gefährlich ſeyen; erinnerte ihn, wie ſchon das
vorige von dem unruhigen jungen Landgrafen mißbraucht
worden. „Wie ſollte man ſich aber vollends mit Leuten
verbinden dürfen, welche wider Gott und das Sacrament
ſtreben? Da gehe man mit Leib und Seele der Verdamm-
niß entgegen.“


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1 Schreiben Melanchthons an Camerar: 17 Maji redii neu-
tiquam afferens domum illam, quam solebam, hilaritatem.
An
Baumgaͤrtner C. Ref. p. 1070. An Spengler und Juſtus Jonas
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[166/0182] Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel. Melanchthon gerieth in die ſchmerzlichſten innern Beküm- merniſſe. „Mein Gewiſſen,“ ſchreibt er am 17. Mai, „iſt durch dieſe Dinge beunruhigt; ich bin halb todt, indem ich ſie mir überlege.“ Am 11. Juni: „meine Seele iſt von ſo bitteren Schmerzen ergriffen, daß ich darüber alle Pflichten der Freundſchaft, meine Studien verſäume.“ Am 14ten: „ich fühle mich in ſolcher Unruhe, daß ich lieber ſterben, als ſie länger ertragen wollte.“ Gleich, als wollte er das begangene Unrecht wieder gut machen, erſuchte er endlich auf ſeine eigne Hand ſeine Freunde in Nürnberg, den Abſchluß der entworfenen Verbindung lieber zu verhü- ten. „Denn die gottloſe Meinung Zwingli’s dürfe man nimmermehr vertheidigen.“ Seinen Herrn, den Churfürſten, konnte er getroſt der Einwirkung Luthers überlaſſen. Luther, wie geſagt, hatte keinen Augenblick gezögert, die Verbindung mit den Anhängern Zwingli’s zu verdam- men. Auf der Stelle, und unaufgefordert, nur auf die Erzählung Melanchthons wandte er ſich an Chf. Johann, um die zu Speier geſchloſſene Abkunft auch jetzt noch rück- gängig zu machen. Er ſtellte ihm vor, daß alle Bündniſſe überhaupt gefährlich ſeyen; erinnerte ihn, wie ſchon das vorige von dem unruhigen jungen Landgrafen mißbraucht worden. „Wie ſollte man ſich aber vollends mit Leuten verbinden dürfen, welche wider Gott und das Sacrament ſtreben? Da gehe man mit Leib und Seele der Verdamm- niß entgegen.“ 1 1 Schreiben Melanchthons an Camerar: 17 Maji redii neu- tiquam afferens domum illam, quam solebam, hilaritatem. An Baumgaͤrtner C. Ref. p. 1070. An Spengler und Juſtus Jonas 1069. 1075, 76.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/182>, abgerufen am 27.11.2024.