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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Gespräch zu Marburg.

Die trefflichen Geister, die auf beiden Seiten mit so
großer Kraft die Bewegung geleitet, zwischen denen aber
Mißverständnisse ausgebrochen, kamen zusammen, um in
persönlichem Zwiegespräch eine Ausgleichung zu versuchen,
dem Hader, der dem Fortgang der gemeinschaftlichen Sache
nicht anders als überaus hinderlich seyn konnte, ein Ende
zu machen.

So faßte Euricius Cordus diese Sache, wenn er sie
alle anredet, die Fürsten des Wortes, "den scharfsinnigen
Luther, den sanften Oecolampad, den großherzigen Zwingli,
den braven Melanchthon," und die Uebrigen, welche ange-
kommen -- Schnepf, Brenz, Hedio, Osiander, Jonas, Crato,
Menius, Miconius, deren jeden er mit einem entsprechenden
Worte des Lobes schmückt -- und sie dann ermahnt, das
neue Schisma zu heben. "Die Kirche fällt Euch weinend zu
Füßen, fleht Euch an und beschwört Euch bei den Einge-
weiden Christi, die Sache mit reinem Ernst, zum Heile
der Gläubigen zu unternehmen, einen Beschluß zu Stande
zu bringen, von dem die Welt sagen könne, er sey vom
heiligen Geiste ausgegangen." 1 Es war eine Kirchenver-
sammlung Derer, die vom Katholicismus abgewichen. Wäre
es einmal damit gelungen, so würde das Mittel gefunden
gewesen seyn, auch fortan in der neuen Partei die kirchliche
Einheit zu erhalten.

Zuerst wurden einige vorläufige Zweifel beseitigt. Man
hatte Zwingli'n Irrthümer über die Gottheit Christi beige-
messen; er sprach sich ganz in dem Sinne des Nicenischen

1 Das Gedicht ist von Melanchthon in das Paralipomenon
zum Chronikon Urspergense aufgenommen (p. 495).
Geſpraͤch zu Marburg.

Die trefflichen Geiſter, die auf beiden Seiten mit ſo
großer Kraft die Bewegung geleitet, zwiſchen denen aber
Mißverſtändniſſe ausgebrochen, kamen zuſammen, um in
perſönlichem Zwiegeſpräch eine Ausgleichung zu verſuchen,
dem Hader, der dem Fortgang der gemeinſchaftlichen Sache
nicht anders als überaus hinderlich ſeyn konnte, ein Ende
zu machen.

So faßte Euricius Cordus dieſe Sache, wenn er ſie
alle anredet, die Fürſten des Wortes, „den ſcharfſinnigen
Luther, den ſanften Oecolampad, den großherzigen Zwingli,
den braven Melanchthon,“ und die Uebrigen, welche ange-
kommen — Schnepf, Brenz, Hedio, Oſiander, Jonas, Crato,
Menius, Miconius, deren jeden er mit einem entſprechenden
Worte des Lobes ſchmückt — und ſie dann ermahnt, das
neue Schisma zu heben. „Die Kirche fällt Euch weinend zu
Füßen, fleht Euch an und beſchwört Euch bei den Einge-
weiden Chriſti, die Sache mit reinem Ernſt, zum Heile
der Gläubigen zu unternehmen, einen Beſchluß zu Stande
zu bringen, von dem die Welt ſagen könne, er ſey vom
heiligen Geiſte ausgegangen.“ 1 Es war eine Kirchenver-
ſammlung Derer, die vom Katholicismus abgewichen. Wäre
es einmal damit gelungen, ſo würde das Mittel gefunden
geweſen ſeyn, auch fortan in der neuen Partei die kirchliche
Einheit zu erhalten.

Zuerſt wurden einige vorläufige Zweifel beſeitigt. Man
hatte Zwingli’n Irrthümer über die Gottheit Chriſti beige-
meſſen; er ſprach ſich ganz in dem Sinne des Niceniſchen

1 Das Gedicht iſt von Melanchthon in das Paralipomenon
zum Chronikon Urſpergenſe aufgenommen (p. 495).
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[171/0187] Geſpraͤch zu Marburg. Die trefflichen Geiſter, die auf beiden Seiten mit ſo großer Kraft die Bewegung geleitet, zwiſchen denen aber Mißverſtändniſſe ausgebrochen, kamen zuſammen, um in perſönlichem Zwiegeſpräch eine Ausgleichung zu verſuchen, dem Hader, der dem Fortgang der gemeinſchaftlichen Sache nicht anders als überaus hinderlich ſeyn konnte, ein Ende zu machen. So faßte Euricius Cordus dieſe Sache, wenn er ſie alle anredet, die Fürſten des Wortes, „den ſcharfſinnigen Luther, den ſanften Oecolampad, den großherzigen Zwingli, den braven Melanchthon,“ und die Uebrigen, welche ange- kommen — Schnepf, Brenz, Hedio, Oſiander, Jonas, Crato, Menius, Miconius, deren jeden er mit einem entſprechenden Worte des Lobes ſchmückt — und ſie dann ermahnt, das neue Schisma zu heben. „Die Kirche fällt Euch weinend zu Füßen, fleht Euch an und beſchwört Euch bei den Einge- weiden Chriſti, die Sache mit reinem Ernſt, zum Heile der Gläubigen zu unternehmen, einen Beſchluß zu Stande zu bringen, von dem die Welt ſagen könne, er ſey vom heiligen Geiſte ausgegangen.“ 1 Es war eine Kirchenver- ſammlung Derer, die vom Katholicismus abgewichen. Wäre es einmal damit gelungen, ſo würde das Mittel gefunden geweſen ſeyn, auch fortan in der neuen Partei die kirchliche Einheit zu erhalten. Zuerſt wurden einige vorläufige Zweifel beſeitigt. Man hatte Zwingli’n Irrthümer über die Gottheit Chriſti beige- meſſen; er ſprach ſich ganz in dem Sinne des Niceniſchen 1 Das Gedicht iſt von Melanchthon in das Paralipomenon zum Chronikon Urſpergenſe aufgenommen (p. 495).

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/187>, abgerufen am 27.11.2024.