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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Sechstes Capitel.
Glaubensbekenntnisses aus. Auch über den Begriff der Erb-
sünde, auf welchen die gesammte Heilsordnung basirt ist,
die Wirksamkeit des äußerlichen Wortes, die Taufe, welche
nicht ein bloßes Zeichen sey, erklärte er sich mit den Wit-
tenbergern einverstanden. Es ist wohl unläugbar, daß
Zwingli in allen diesen Punkten, indem er zu einem unver-
mittelten Verständniß der Schrift zu gelangen suchte, sich
von den angenommenen kirchlichen Begriffen ziemlich weit
entfernt hatte. Er kehrte hierin, wie Luther, auf die Basis
der lateinischen Kirche zurück. 1 Nur in dem Einen Punkte,
auf den es vor allem ankam, welcher die allgemeine Auf-
merksamkeit beschäftigte, in der Frage über die Eucharistie,
wich er keinen Schritt breit; da hoffte er vielmehr den Sieg
davon zu tragen. Mit großer Lebhaftigkeit brachte er seine
Argumente vor, die figürliche Bedeutung des Ist in andern
Stellen, die Erläuterung, die Christus im 6ten Capitel Jo-
hannis selbst gebe, -- von welcher er sich wohl vernehmen
ließ, sie breche Luthern den Hals ab, was dieser fast miß-
verstanden hätte; -- die Uebereinstimmung mehrerer Kirchen-
väter; endlich die Unmöglichkeit, daß ein Leib anders als
an Einem Ort sey. Allein Luther hatte vor sich auf die
Tafel die Worte geschrieben "das ist mein Leib;" er blieb
dabei, daß das Gottes Worte seyen, an denen man nicht
deuteln müsse, vor denen der Satan nicht vorüber könne; er
ließ sich auf die tiefergreifenden Erklärungen, mit denen er
das Argument von der Localität, ohne die ein Körper nicht

1 Löscher Historia Motuum setzt p. 103 auseinander, in wie
fern frühere Aeußerungen der Oberländer mit den damaligen Fest-
setzungen in Widerspruch standen. Selbst Planck, sonst ein großer
Verfechter der Oberländer, ist überzeugt, daß Löscher hier Recht hat.

Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel.
Glaubensbekenntniſſes aus. Auch über den Begriff der Erb-
ſünde, auf welchen die geſammte Heilsordnung baſirt iſt,
die Wirkſamkeit des äußerlichen Wortes, die Taufe, welche
nicht ein bloßes Zeichen ſey, erklärte er ſich mit den Wit-
tenbergern einverſtanden. Es iſt wohl unläugbar, daß
Zwingli in allen dieſen Punkten, indem er zu einem unver-
mittelten Verſtändniß der Schrift zu gelangen ſuchte, ſich
von den angenommenen kirchlichen Begriffen ziemlich weit
entfernt hatte. Er kehrte hierin, wie Luther, auf die Baſis
der lateiniſchen Kirche zurück. 1 Nur in dem Einen Punkte,
auf den es vor allem ankam, welcher die allgemeine Auf-
merkſamkeit beſchäftigte, in der Frage über die Euchariſtie,
wich er keinen Schritt breit; da hoffte er vielmehr den Sieg
davon zu tragen. Mit großer Lebhaftigkeit brachte er ſeine
Argumente vor, die figürliche Bedeutung des Iſt in andern
Stellen, die Erläuterung, die Chriſtus im 6ten Capitel Jo-
hannis ſelbſt gebe, — von welcher er ſich wohl vernehmen
ließ, ſie breche Luthern den Hals ab, was dieſer faſt miß-
verſtanden hätte; — die Uebereinſtimmung mehrerer Kirchen-
väter; endlich die Unmöglichkeit, daß ein Leib anders als
an Einem Ort ſey. Allein Luther hatte vor ſich auf die
Tafel die Worte geſchrieben „das iſt mein Leib;“ er blieb
dabei, daß das Gottes Worte ſeyen, an denen man nicht
deuteln müſſe, vor denen der Satan nicht vorüber könne; er
ließ ſich auf die tiefergreifenden Erklärungen, mit denen er
das Argument von der Localität, ohne die ein Körper nicht

1 Loͤſcher Hiſtoria Motuum ſetzt p. 103 auseinander, in wie
fern fruͤhere Aeußerungen der Oberlaͤnder mit den damaligen Feſt-
ſetzungen in Widerſpruch ſtanden. Selbſt Planck, ſonſt ein großer
Verfechter der Oberlaͤnder, iſt uͤberzeugt, daß Loͤſcher hier Recht hat.
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[172/0188] Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel. Glaubensbekenntniſſes aus. Auch über den Begriff der Erb- ſünde, auf welchen die geſammte Heilsordnung baſirt iſt, die Wirkſamkeit des äußerlichen Wortes, die Taufe, welche nicht ein bloßes Zeichen ſey, erklärte er ſich mit den Wit- tenbergern einverſtanden. Es iſt wohl unläugbar, daß Zwingli in allen dieſen Punkten, indem er zu einem unver- mittelten Verſtändniß der Schrift zu gelangen ſuchte, ſich von den angenommenen kirchlichen Begriffen ziemlich weit entfernt hatte. Er kehrte hierin, wie Luther, auf die Baſis der lateiniſchen Kirche zurück. 1 Nur in dem Einen Punkte, auf den es vor allem ankam, welcher die allgemeine Auf- merkſamkeit beſchäftigte, in der Frage über die Euchariſtie, wich er keinen Schritt breit; da hoffte er vielmehr den Sieg davon zu tragen. Mit großer Lebhaftigkeit brachte er ſeine Argumente vor, die figürliche Bedeutung des Iſt in andern Stellen, die Erläuterung, die Chriſtus im 6ten Capitel Jo- hannis ſelbſt gebe, — von welcher er ſich wohl vernehmen ließ, ſie breche Luthern den Hals ab, was dieſer faſt miß- verſtanden hätte; — die Uebereinſtimmung mehrerer Kirchen- väter; endlich die Unmöglichkeit, daß ein Leib anders als an Einem Ort ſey. Allein Luther hatte vor ſich auf die Tafel die Worte geſchrieben „das iſt mein Leib;“ er blieb dabei, daß das Gottes Worte ſeyen, an denen man nicht deuteln müſſe, vor denen der Satan nicht vorüber könne; er ließ ſich auf die tiefergreifenden Erklärungen, mit denen er das Argument von der Localität, ohne die ein Körper nicht 1 Loͤſcher Hiſtoria Motuum ſetzt p. 103 auseinander, in wie fern fruͤhere Aeußerungen der Oberlaͤnder mit den damaligen Feſt- ſetzungen in Widerſpruch ſtanden. Selbſt Planck, ſonſt ein großer Verfechter der Oberlaͤnder, iſt uͤberzeugt, daß Loͤſcher hier Recht hat.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/188>, abgerufen am 27.11.2024.