ben Bericht erstattet wurde, zu Schmalkalden im Dezbr. 1529, brach unter ihnen erst der volle Zwiespalt aus.
Den Oberländern -- die sich hier bei weitem zahlrei- cher eingefunden hatten, als zu Schwabach -- wurden die siebzehn Artikel neuerdings vorgelegt; Ulm und Strasburg, deren Beispiel die übrigen zu folgen pflegten, erklärten de- finitiv, daß sie dieselben nicht unterschreiben würden. Hier- auf ward ihnen eben so bestimmt erwiedert, daß man dann auch nicht mit ihnen in Bund treten könne. So leb- haft sie dennoch darum baten, so dringend sich der Land- graf für sie verwandte, denn von dem Kaiser habe man nichts anderes zu erwarten, als Ungnade und Gewalt, so war doch alles vergeblich. Nicht einmal die Relation der Gesandten wollte man ihnen mittheilen, wenn sie sich nicht zuvor im Glauben einhellig bekennen würden. 1
Und im Laufe dieser Verhandlungen war nun auch noch eine andre Frage von mehr politischer Natur zur Sprache gekommen.
Als Luther seinen Herrn von dem Bunde mit den Oberländern abmahnte, hegte er noch die Hoffnung, daß ein Verständniß mit dem Kaiser möglich sey.
Er faßte dabei die reformatorische Thätigkeit nur in ihrer allgemeinsten Bedeutung auf, in wie fern sie sich auf eine Be- freiung des weltlichen Standes von der Hoheit und dem An- spruch eines religiösen Vorzuges bezog, welchen die Geistlich- keit bisher gemacht hatte. Er stellte vor, wie unzählige von Jedermann gerügte Mißbräuche er gehoben, und doch dabei
1 Protocoll der Versammlung Sonntag nach Katharinä 1529 bei Strobel IV, 113.
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Spaltung.
ben Bericht erſtattet wurde, zu Schmalkalden im Dezbr. 1529, brach unter ihnen erſt der volle Zwieſpalt aus.
Den Oberländern — die ſich hier bei weitem zahlrei- cher eingefunden hatten, als zu Schwabach — wurden die ſiebzehn Artikel neuerdings vorgelegt; Ulm und Strasburg, deren Beiſpiel die übrigen zu folgen pflegten, erklärten de- finitiv, daß ſie dieſelben nicht unterſchreiben würden. Hier- auf ward ihnen eben ſo beſtimmt erwiedert, daß man dann auch nicht mit ihnen in Bund treten könne. So leb- haft ſie dennoch darum baten, ſo dringend ſich der Land- graf für ſie verwandte, denn von dem Kaiſer habe man nichts anderes zu erwarten, als Ungnade und Gewalt, ſo war doch alles vergeblich. Nicht einmal die Relation der Geſandten wollte man ihnen mittheilen, wenn ſie ſich nicht zuvor im Glauben einhellig bekennen würden. 1
Und im Laufe dieſer Verhandlungen war nun auch noch eine andre Frage von mehr politiſcher Natur zur Sprache gekommen.
Als Luther ſeinen Herrn von dem Bunde mit den Oberländern abmahnte, hegte er noch die Hoffnung, daß ein Verſtändniß mit dem Kaiſer möglich ſey.
Er faßte dabei die reformatoriſche Thätigkeit nur in ihrer allgemeinſten Bedeutung auf, in wie fern ſie ſich auf eine Be- freiung des weltlichen Standes von der Hoheit und dem An- ſpruch eines religiöſen Vorzuges bezog, welchen die Geiſtlich- keit bisher gemacht hatte. Er ſtellte vor, wie unzählige von Jedermann gerügte Mißbräuche er gehoben, und doch dabei
1 Protocoll der Verſammlung Sonntag nach Katharinaͤ 1529 bei Strobel IV, 113.
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Spaltung.
ben Bericht erſtattet wurde, zu Schmalkalden im Dezbr.
1529, brach unter ihnen erſt der volle Zwieſpalt aus.
Den Oberländern — die ſich hier bei weitem zahlrei-
cher eingefunden hatten, als zu Schwabach — wurden die
ſiebzehn Artikel neuerdings vorgelegt; Ulm und Strasburg,
deren Beiſpiel die übrigen zu folgen pflegten, erklärten de-
finitiv, daß ſie dieſelben nicht unterſchreiben würden. Hier-
auf ward ihnen eben ſo beſtimmt erwiedert, daß man
dann auch nicht mit ihnen in Bund treten könne. So leb-
haft ſie dennoch darum baten, ſo dringend ſich der Land-
graf für ſie verwandte, denn von dem Kaiſer habe man
nichts anderes zu erwarten, als Ungnade und Gewalt, ſo
war doch alles vergeblich. Nicht einmal die Relation der
Geſandten wollte man ihnen mittheilen, wenn ſie ſich nicht
zuvor im Glauben einhellig bekennen würden. 1
Und im Laufe dieſer Verhandlungen war nun auch
noch eine andre Frage von mehr politiſcher Natur zur
Sprache gekommen.
Als Luther ſeinen Herrn von dem Bunde mit den
Oberländern abmahnte, hegte er noch die Hoffnung, daß
ein Verſtändniß mit dem Kaiſer möglich ſey.
Er faßte dabei die reformatoriſche Thätigkeit nur in ihrer
allgemeinſten Bedeutung auf, in wie fern ſie ſich auf eine Be-
freiung des weltlichen Standes von der Hoheit und dem An-
ſpruch eines religiöſen Vorzuges bezog, welchen die Geiſtlich-
keit bisher gemacht hatte. Er ſtellte vor, wie unzählige von
Jedermann gerügte Mißbräuche er gehoben, und doch dabei
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/195>, abgerufen am 28.11.2024.
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