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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Sechstes Capitel.
erst auf der nächsten Zusammenkunft eine Erklärung darüber
beibringen.

Es ließ sich voraussehen, daß unter dirsen Bedingun-
gen der entworfene Bund wieder aufgegeben werden mußte.

Und gerade in einem Momente geschah dieß, in wel-
chem die kaiserliche Gewalt sich immer feindseliger zeigte.

Der Kaiser hatte noch von Spanien aus seine Miß-
billigung der Protestation ausgesprochen; die vereinigten
Stände hatten sich hierauf entschlossen, eine Gesandtschaft
nach Italien an ihn zu schicken, um ihre Schritte zu recht-
fertigen; allein wie war das spanisch-katholische Weltele-
ment, auf das die Gesandten in der Umgebung des Kai-
sers stießen, ihren Absichten so ganz entgegengesetzt. Der
Kaiser wiederholte nur seine früheren Erklärungen. Er
wollte die Protestation nicht annehmen, und war sehr un-
willig, als die Gesandten dieselbe dem Secretär, der mit
ihnen unterhandelte, auf den Tisch legten. Den ganzen
Hof entrüstete es, daß der eine der Gesandten, Michael Ka-
den, eine ihm von dem Landgrafen mitgegebene Schrift pro-
testantischen Inhalts dem rechtgläubigen Kaiser, der als das
weltliche Oberhaupt der katholischen Christenheit daher zog,
in die Hände brachte. Die Gesandten mußten dem Hofe
eine Zeitlang als Gefangene folgen; nur durch eine Art
von Flucht konnten sie sich retten.

Es wäre jedoch ein Irrthum gewesen, wenn man ge-
hofft hätte, daß so feindselige und drohende Begegnisse die
Protestanten wieder vereinigen würden.

Auf eben der Versammlung, auf welcher über diesel-

Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel.
erſt auf der nächſten Zuſammenkunft eine Erklärung darüber
beibringen.

Es ließ ſich vorausſehen, daß unter dirſen Bedingun-
gen der entworfene Bund wieder aufgegeben werden mußte.

Und gerade in einem Momente geſchah dieß, in wel-
chem die kaiſerliche Gewalt ſich immer feindſeliger zeigte.

Der Kaiſer hatte noch von Spanien aus ſeine Miß-
billigung der Proteſtation ausgeſprochen; die vereinigten
Stände hatten ſich hierauf entſchloſſen, eine Geſandtſchaft
nach Italien an ihn zu ſchicken, um ihre Schritte zu recht-
fertigen; allein wie war das ſpaniſch-katholiſche Weltele-
ment, auf das die Geſandten in der Umgebung des Kai-
ſers ſtießen, ihren Abſichten ſo ganz entgegengeſetzt. Der
Kaiſer wiederholte nur ſeine früheren Erklärungen. Er
wollte die Proteſtation nicht annehmen, und war ſehr un-
willig, als die Geſandten dieſelbe dem Secretär, der mit
ihnen unterhandelte, auf den Tiſch legten. Den ganzen
Hof entrüſtete es, daß der eine der Geſandten, Michael Ka-
den, eine ihm von dem Landgrafen mitgegebene Schrift pro-
teſtantiſchen Inhalts dem rechtgläubigen Kaiſer, der als das
weltliche Oberhaupt der katholiſchen Chriſtenheit daher zog,
in die Hände brachte. Die Geſandten mußten dem Hofe
eine Zeitlang als Gefangene folgen; nur durch eine Art
von Flucht konnten ſie ſich retten.

Es wäre jedoch ein Irrthum geweſen, wenn man ge-
hofft hätte, daß ſo feindſelige und drohende Begegniſſe die
Proteſtanten wieder vereinigen würden.

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[178/0194] Fuͤnftes Buch. Sechstes Capitel. erſt auf der nächſten Zuſammenkunft eine Erklärung darüber beibringen. Es ließ ſich vorausſehen, daß unter dirſen Bedingun- gen der entworfene Bund wieder aufgegeben werden mußte. Und gerade in einem Momente geſchah dieß, in wel- chem die kaiſerliche Gewalt ſich immer feindſeliger zeigte. Der Kaiſer hatte noch von Spanien aus ſeine Miß- billigung der Proteſtation ausgeſprochen; die vereinigten Stände hatten ſich hierauf entſchloſſen, eine Geſandtſchaft nach Italien an ihn zu ſchicken, um ihre Schritte zu recht- fertigen; allein wie war das ſpaniſch-katholiſche Weltele- ment, auf das die Geſandten in der Umgebung des Kai- ſers ſtießen, ihren Abſichten ſo ganz entgegengeſetzt. Der Kaiſer wiederholte nur ſeine früheren Erklärungen. Er wollte die Proteſtation nicht annehmen, und war ſehr un- willig, als die Geſandten dieſelbe dem Secretär, der mit ihnen unterhandelte, auf den Tiſch legten. Den ganzen Hof entrüſtete es, daß der eine der Geſandten, Michael Ka- den, eine ihm von dem Landgrafen mitgegebene Schrift pro- teſtantiſchen Inhalts dem rechtgläubigen Kaiſer, der als das weltliche Oberhaupt der katholiſchen Chriſtenheit daher zog, in die Hände brachte. Die Geſandten mußten dem Hofe eine Zeitlang als Gefangene folgen; nur durch eine Art von Flucht konnten ſie ſich retten. Es wäre jedoch ein Irrthum geweſen, wenn man ge- hofft hätte, daß ſo feindſelige und drohende Begegniſſe die Proteſtanten wieder vereinigen würden. Auf eben der Verſammlung, auf welcher über dieſel-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/194>, abgerufen am 28.11.2024.