ben von Burgen, Städten, ummauerten Kirchen beschützt sey; es macht auf sie Eindruck, daß sie, so wie sie die Grenze überschritten haben, alles in Ueberfluß finden, des- sen das tägliche Leben bedarf. 1 Sie nehmen wahr, daß sie ein von den Elementen der Cultur durchdrungenes, in sei- nen Wohnsitzen gut eingerichtetes, tapferes, religiöses Volk vor sich haben.
Ibrahim erzählte ein Jahr später östreichischen Ge- sandten, dem Sultan sey von ihrer Seite angesagt worden, er möge nicht vorrücken: schon halte ihr Herr, Ferdinand, das Schwert in der Rechten, um ihn zu empfangen. Diese Drohung aber habe den Sultan erst recht angefeuert, den- selben zu suchen. Er habe ihn in Ofen zu finden gedacht, wo ein König von Ungarn seinen Sitz haben sollte, jedoch vergebens. Er sey weiter gerückt an die östreichische Grenze, da, habe er gemeint, werde Ferdinand seiner warten; man habe dem anrückenden Sultan aber vielmehr die Schlüssel von Bruck entgegengetragen. So sey er bis nach Wien gelangt, aber auch auch da habe er weder Ferdinand noch sein Heer getroffen; er habe vernehmen müssen, derselbe sey nach Linz oder nach Prag geflüchtet. Als er nun Wien ge- sehen, -- so schön gelegen zwischen Weingärten und Bergen, und doch in der Mitte einer fruchtbaren Ebene, -- habe er gesagt, hier wolle er ausruhn, das sey ein Ort, würdig eines Kaisers; er habe seinen Schoos ausgebreitet, d. i. seine leichten Truppen nach allen Seiten hin ausgehn las-
1 Ssoloksade bei Hammer: Wiens erste türkische Belagerung p. 101. Vgl. das Tagebuch Suleimans 22. Septemb, Osm. Gesch. III, 650.
Fuͤnftes Buch. Siebentes Capitel.
ben von Burgen, Städten, ummauerten Kirchen beſchützt ſey; es macht auf ſie Eindruck, daß ſie, ſo wie ſie die Grenze überſchritten haben, alles in Ueberfluß finden, deſ- ſen das tägliche Leben bedarf. 1 Sie nehmen wahr, daß ſie ein von den Elementen der Cultur durchdrungenes, in ſei- nen Wohnſitzen gut eingerichtetes, tapferes, religiöſes Volk vor ſich haben.
Ibrahim erzählte ein Jahr ſpäter öſtreichiſchen Ge- ſandten, dem Sultan ſey von ihrer Seite angeſagt worden, er möge nicht vorrücken: ſchon halte ihr Herr, Ferdinand, das Schwert in der Rechten, um ihn zu empfangen. Dieſe Drohung aber habe den Sultan erſt recht angefeuert, den- ſelben zu ſuchen. Er habe ihn in Ofen zu finden gedacht, wo ein König von Ungarn ſeinen Sitz haben ſollte, jedoch vergebens. Er ſey weiter gerückt an die öſtreichiſche Grenze, da, habe er gemeint, werde Ferdinand ſeiner warten; man habe dem anrückenden Sultan aber vielmehr die Schlüſſel von Bruck entgegengetragen. So ſey er bis nach Wien gelangt, aber auch auch da habe er weder Ferdinand noch ſein Heer getroffen; er habe vernehmen müſſen, derſelbe ſey nach Linz oder nach Prag geflüchtet. Als er nun Wien ge- ſehen, — ſo ſchön gelegen zwiſchen Weingärten und Bergen, und doch in der Mitte einer fruchtbaren Ebene, — habe er geſagt, hier wolle er ausruhn, das ſey ein Ort, würdig eines Kaiſers; er habe ſeinen Schoos ausgebreitet, d. i. ſeine leichten Truppen nach allen Seiten hin ausgehn laſ-
1 Sſolokſade bei Hammer: Wiens erſte tuͤrkiſche Belagerung p. 101. Vgl. das Tagebuch Suleimans 22. Septemb, Osm. Geſch. III, 650.
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Fuͤnftes Buch. Siebentes Capitel.
ben von Burgen, Städten, ummauerten Kirchen beſchützt
ſey; es macht auf ſie Eindruck, daß ſie, ſo wie ſie die
Grenze überſchritten haben, alles in Ueberfluß finden, deſ-
ſen das tägliche Leben bedarf. 1 Sie nehmen wahr, daß ſie
ein von den Elementen der Cultur durchdrungenes, in ſei-
nen Wohnſitzen gut eingerichtetes, tapferes, religiöſes Volk
vor ſich haben.
Ibrahim erzählte ein Jahr ſpäter öſtreichiſchen Ge-
ſandten, dem Sultan ſey von ihrer Seite angeſagt worden,
er möge nicht vorrücken: ſchon halte ihr Herr, Ferdinand,
das Schwert in der Rechten, um ihn zu empfangen. Dieſe
Drohung aber habe den Sultan erſt recht angefeuert, den-
ſelben zu ſuchen. Er habe ihn in Ofen zu finden gedacht,
wo ein König von Ungarn ſeinen Sitz haben ſollte, jedoch
vergebens. Er ſey weiter gerückt an die öſtreichiſche Grenze,
da, habe er gemeint, werde Ferdinand ſeiner warten; man
habe dem anrückenden Sultan aber vielmehr die Schlüſſel
von Bruck entgegengetragen. So ſey er bis nach Wien
gelangt, aber auch auch da habe er weder Ferdinand noch
ſein Heer getroffen; er habe vernehmen müſſen, derſelbe ſey
nach Linz oder nach Prag geflüchtet. Als er nun Wien ge-
ſehen, — ſo ſchön gelegen zwiſchen Weingärten und Bergen,
und doch in der Mitte einer fruchtbaren Ebene, — habe
er geſagt, hier wolle er ausruhn, das ſey ein Ort, würdig
eines Kaiſers; er habe ſeinen Schoos ausgebreitet, d. i.
ſeine leichten Truppen nach allen Seiten hin ausgehn laſ-
1 Sſolokſade bei Hammer: Wiens erſte tuͤrkiſche Belagerung
p. 101. Vgl. das Tagebuch Suleimans 22. Septemb, Osm. Geſch.
III, 650.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/210>, abgerufen am 21.11.2024.
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