Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.
Fünftes Buch. Siebentes Capitel. von Wien abzog, hatte er die Janitscharen für ihre An-strengungen, so erfolglos sie auch gewesen waren, mit ei- nem reichen Geschenk belohnt; den Landsknechten dagegen, welche die Stadt so wacker und glücklich vertheidigt, konnte man den Sturmsold nicht zahlen, auf den sie wohl ein ge- wisses Recht besaßen, und es entstand ein wilder Aufruhr unter ihnen. Das war überhaupt das Verhältniß. Sehr bald behielten die Gegner in Ungarn das Uebergewicht. In den oberen Landstrichen finden wir schon namhafte deutsche Hauptleute, namentlich jenen Nickel Minkwitz, der dem Churfürsten von Brandenburg so viel zu schaffen machte, in den Diensten Zapolya's; von Kesmark aus durchzog er das Land; es gelang ihm Leutschau in Brand zu stecken. 1 Indessen brachen die Türken von Bosnien her in den Gren- zen ein: auch Croatien war in Gefahr, in ihre Hand zu fallen. Ja selbst auf die entlegenen Landschaften dehnte dieß Mißgeschick seine Rückwirkung aus. In Böhmen gab es unter den Vornehmsten des Reiches warme Anhänger Zapolya's. Als Ferdinand Ende Januar 1530 nach Prag ging, war er überzeugt, daß er Alle, die an der Regierung von Böhmen Antheil nahmen, entfernen müsse, wenn er Herr im Lande bleiben wolle. 2 In der That, es war für ihn dringend nothwendig, daß sein Bruder in Deutschland er- Niclas zu Salm d. jüngern, kais. Rath und Cämmerer an König Ferdinand bei Hormayr Taschenbuch auf 1840 p. 506. 1 Sperfogel und das Tagebuch des Pfarrers Moller zu Leut- schau, dessen eigene volle Scheunen angezündet wurden bei Katona XX, I, p. 540, 546. Minkwitz heißt hier Nicolaus Mynkowitz: er ging bald darauf von Kesmark nach Ofen. 2 Schreiben Ferdinands an Carl 21. Januar 1530 bei Ge-
vay p. 68. Entre tant, que ils ont le gouvernement, je ne sa- roie avoir obeisance ne poroie meintenir la justice -- -- Fuͤnftes Buch. Siebentes Capitel. von Wien abzog, hatte er die Janitſcharen für ihre An-ſtrengungen, ſo erfolglos ſie auch geweſen waren, mit ei- nem reichen Geſchenk belohnt; den Landsknechten dagegen, welche die Stadt ſo wacker und glücklich vertheidigt, konnte man den Sturmſold nicht zahlen, auf den ſie wohl ein ge- wiſſes Recht beſaßen, und es entſtand ein wilder Aufruhr unter ihnen. Das war überhaupt das Verhältniß. Sehr bald behielten die Gegner in Ungarn das Uebergewicht. In den oberen Landſtrichen finden wir ſchon namhafte deutſche Hauptleute, namentlich jenen Nickel Minkwitz, der dem Churfürſten von Brandenburg ſo viel zu ſchaffen machte, in den Dienſten Zapolya’s; von Kesmark aus durchzog er das Land; es gelang ihm Leutſchau in Brand zu ſtecken. 1 Indeſſen brachen die Türken von Bosnien her in den Gren- zen ein: auch Croatien war in Gefahr, in ihre Hand zu fallen. Ja ſelbſt auf die entlegenen Landſchaften dehnte dieß Mißgeſchick ſeine Rückwirkung aus. In Böhmen gab es unter den Vornehmſten des Reiches warme Anhänger Zapolya’s. Als Ferdinand Ende Januar 1530 nach Prag ging, war er überzeugt, daß er Alle, die an der Regierung von Böhmen Antheil nahmen, entfernen müſſe, wenn er Herr im Lande bleiben wolle. 2 In der That, es war für ihn dringend nothwendig, daß ſein Bruder in Deutſchland er- Niclas zu Salm d. juͤngern, kaiſ. Rath und Caͤmmerer an Koͤnig Ferdinand bei Hormayr Taſchenbuch auf 1840 p. 506. 1 Sperfogel und das Tagebuch des Pfarrers Moller zu Leut- ſchau, deſſen eigene volle Scheunen angezuͤndet wurden bei Katona XX, I, p. 540, 546. Minkwitz heißt hier Nicolaus Mynkowitz: er ging bald darauf von Kesmark nach Ofen. 2 Schreiben Ferdinands an Carl 21. Januar 1530 bei Ge-
vay p. 68. Entre tant, que ils ont le gouvernement, je ne sa- roie avoir obeisance ne poroie meintenir la justice — — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0226" n="210"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fuͤnftes Buch. Siebentes Capitel</hi>.</fw><lb/> von Wien abzog, hatte er die Janitſcharen für ihre An-<lb/> ſtrengungen, ſo erfolglos ſie auch geweſen waren, mit ei-<lb/> nem reichen Geſchenk belohnt; den Landsknechten dagegen,<lb/> welche die Stadt ſo wacker und glücklich vertheidigt, konnte<lb/> man den Sturmſold nicht zahlen, auf den ſie wohl ein ge-<lb/> wiſſes Recht beſaßen, und es entſtand ein wilder Aufruhr<lb/> unter ihnen. Das war überhaupt das Verhältniß. Sehr<lb/> bald behielten die Gegner in Ungarn das Uebergewicht. In<lb/> den oberen Landſtrichen finden wir ſchon namhafte deutſche<lb/> Hauptleute, namentlich jenen Nickel Minkwitz, der dem<lb/> Churfürſten von Brandenburg ſo viel zu ſchaffen machte,<lb/> in den Dienſten Zapolya’s; von Kesmark aus durchzog er<lb/> das Land; es gelang ihm Leutſchau in Brand zu ſtecken. <note place="foot" n="1">Sperfogel und das Tagebuch des Pfarrers Moller zu Leut-<lb/> ſchau, deſſen eigene volle Scheunen angezuͤndet wurden bei Katona<lb/><hi rendition="#aq">XX, I, p.</hi> 540, 546. Minkwitz heißt hier Nicolaus Mynkowitz: er<lb/> ging bald darauf von Kesmark nach Ofen.</note><lb/> Indeſſen brachen die Türken von Bosnien her in den Gren-<lb/> zen ein: auch Croatien war in Gefahr, in ihre Hand zu<lb/> fallen. Ja ſelbſt auf die entlegenen Landſchaften dehnte<lb/> dieß Mißgeſchick ſeine Rückwirkung aus. In Böhmen gab<lb/> es unter den Vornehmſten des Reiches warme Anhänger<lb/> Zapolya’s. Als Ferdinand Ende Januar 1530 nach Prag<lb/> ging, war er überzeugt, daß er Alle, die an der Regierung<lb/> von Böhmen Antheil nahmen, entfernen müſſe, wenn er Herr<lb/> im Lande bleiben wolle. <note place="foot" n="2">Schreiben Ferdinands an Carl 21. Januar 1530 bei Ge-<lb/> vay <hi rendition="#aq">p. 68. Entre tant, que ils ont le gouvernement, je ne sa-<lb/> roie avoir obeisance ne poroie meintenir la justice</hi> — —</note> In der That, es war für ihn<lb/> dringend nothwendig, daß ſein Bruder in Deutſchland er-<lb/><note xml:id="seg2pn_19_2" prev="#seg2pn_19_1" place="foot" n="3">Niclas zu Salm d. juͤngern, kaiſ. Rath und Caͤmmerer an Koͤnig<lb/> Ferdinand bei Hormayr Taſchenbuch auf 1840 <hi rendition="#aq">p.</hi> 506.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [210/0226]
Fuͤnftes Buch. Siebentes Capitel.
von Wien abzog, hatte er die Janitſcharen für ihre An-
ſtrengungen, ſo erfolglos ſie auch geweſen waren, mit ei-
nem reichen Geſchenk belohnt; den Landsknechten dagegen,
welche die Stadt ſo wacker und glücklich vertheidigt, konnte
man den Sturmſold nicht zahlen, auf den ſie wohl ein ge-
wiſſes Recht beſaßen, und es entſtand ein wilder Aufruhr
unter ihnen. Das war überhaupt das Verhältniß. Sehr
bald behielten die Gegner in Ungarn das Uebergewicht. In
den oberen Landſtrichen finden wir ſchon namhafte deutſche
Hauptleute, namentlich jenen Nickel Minkwitz, der dem
Churfürſten von Brandenburg ſo viel zu ſchaffen machte,
in den Dienſten Zapolya’s; von Kesmark aus durchzog er
das Land; es gelang ihm Leutſchau in Brand zu ſtecken. 1
Indeſſen brachen die Türken von Bosnien her in den Gren-
zen ein: auch Croatien war in Gefahr, in ihre Hand zu
fallen. Ja ſelbſt auf die entlegenen Landſchaften dehnte
dieß Mißgeſchick ſeine Rückwirkung aus. In Böhmen gab
es unter den Vornehmſten des Reiches warme Anhänger
Zapolya’s. Als Ferdinand Ende Januar 1530 nach Prag
ging, war er überzeugt, daß er Alle, die an der Regierung
von Böhmen Antheil nahmen, entfernen müſſe, wenn er Herr
im Lande bleiben wolle. 2 In der That, es war für ihn
dringend nothwendig, daß ſein Bruder in Deutſchland er-
3
1 Sperfogel und das Tagebuch des Pfarrers Moller zu Leut-
ſchau, deſſen eigene volle Scheunen angezuͤndet wurden bei Katona
XX, I, p. 540, 546. Minkwitz heißt hier Nicolaus Mynkowitz: er
ging bald darauf von Kesmark nach Ofen.
2 Schreiben Ferdinands an Carl 21. Januar 1530 bei Ge-
vay p. 68. Entre tant, que ils ont le gouvernement, je ne sa-
roie avoir obeisance ne poroie meintenir la justice — —
3 Niclas zu Salm d. juͤngern, kaiſ. Rath und Caͤmmerer an Koͤnig
Ferdinand bei Hormayr Taſchenbuch auf 1840 p. 506.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/226 |
| Zitationshilfe: | Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/226>, abgerufen am 23.05.2024. |
