Auch an der Frohnleichnamsprocession, die des an- dern Tages gehalten ward, weigerten sich die Protestanten Theil zu nehmen. Hätte der Kaiser ihre Begleitung ver- langt als einen Hofdienst, so würden sie ihm dieselbe wahr- scheinlich geleistet haben, sie sagten selbst, wie Naman in der Schrift seinem König, allein er forderte sie auf, "dem allmächtigen Gott zu Ehren." Auf einen solchen Grund hin sich einzustellen, würde ihnen als eine Verletzung des Gewissens erschienen seyn. Sie erwiederten, nicht dazu habe Gott das Sacrament eingesetzt, daß man es anbete. Die Procession, der es überhaupt an dem alten Glanze fehlte, fand ohne sie Statt.
In Hinsicht der Predigt gaben sie zwar zuletzt nach, aber erst dann, als der Kaiser versprochen, auch der ent- gegengesetzten Partei Stillschweigen zu gebieten. Er selbst ernannte einige Prediger, die aber nur den Text ohne alle Auslegung verlesen sollten. Und auch so weit würden sie nicht zu bringen gewesen seyn, wenn man ihnen nicht bemerk- lich gemacht hätte, daß der Reichsschluß von 1526, auf den sie sich immer bezogen, den sie nicht hatten widerrufen lassen wollen, dieß rechtfertige. Der Kaiser ward wenig- stens, so lange er anwesend war, als die rechtmäßige Obrig- keit einer Reichsstadt betrachtet. 1
Wir sehen wohl: keinen Schritt breit ließen sich die Protestanten von ihrer Ueberzeugung, von ihrem guten Recht
noch hatte wecken und ihnen den Vorgang melden lassen, 16. Juni bei Bretschneider C. Ref. III, 106. Ein wenig abweichend, Heller bei Förstemann.
1 Schrift aus Augsburg. Altenb. V, 26. Walch 16, 873. (Bei W. unter Spalatins Namen aber nicht vollständig.) Brenz an Isenmann 19. Juni Corp. Ref. II, 117.
Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel.
Auch an der Frohnleichnamsproceſſion, die des an- dern Tages gehalten ward, weigerten ſich die Proteſtanten Theil zu nehmen. Hätte der Kaiſer ihre Begleitung ver- langt als einen Hofdienſt, ſo würden ſie ihm dieſelbe wahr- ſcheinlich geleiſtet haben, ſie ſagten ſelbſt, wie Naman in der Schrift ſeinem König, allein er forderte ſie auf, „dem allmächtigen Gott zu Ehren.“ Auf einen ſolchen Grund hin ſich einzuſtellen, würde ihnen als eine Verletzung des Gewiſſens erſchienen ſeyn. Sie erwiederten, nicht dazu habe Gott das Sacrament eingeſetzt, daß man es anbete. Die Proceſſion, der es überhaupt an dem alten Glanze fehlte, fand ohne ſie Statt.
In Hinſicht der Predigt gaben ſie zwar zuletzt nach, aber erſt dann, als der Kaiſer verſprochen, auch der ent- gegengeſetzten Partei Stillſchweigen zu gebieten. Er ſelbſt ernannte einige Prediger, die aber nur den Text ohne alle Auslegung verleſen ſollten. Und auch ſo weit würden ſie nicht zu bringen geweſen ſeyn, wenn man ihnen nicht bemerk- lich gemacht hätte, daß der Reichsſchluß von 1526, auf den ſie ſich immer bezogen, den ſie nicht hatten widerrufen laſſen wollen, dieß rechtfertige. Der Kaiſer ward wenig- ſtens, ſo lange er anweſend war, als die rechtmäßige Obrig- keit einer Reichsſtadt betrachtet. 1
Wir ſehen wohl: keinen Schritt breit ließen ſich die Proteſtanten von ihrer Ueberzeugung, von ihrem guten Recht
noch hatte wecken und ihnen den Vorgang melden laſſen, 16. Juni bei Bretſchneider C. Ref. III, 106. Ein wenig abweichend, Heller bei Foͤrſtemann.
1 Schrift aus Augsburg. Altenb. V, 26. Walch 16, 873. (Bei W. unter Spalatins Namen aber nicht vollſtaͤndig.) Brenz an Iſenmann 19. Juni Corp. Ref. II, 117.
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Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel.
Auch an der Frohnleichnamsproceſſion, die des an-
dern Tages gehalten ward, weigerten ſich die Proteſtanten
Theil zu nehmen. Hätte der Kaiſer ihre Begleitung ver-
langt als einen Hofdienſt, ſo würden ſie ihm dieſelbe wahr-
ſcheinlich geleiſtet haben, ſie ſagten ſelbſt, wie Naman in
der Schrift ſeinem König, allein er forderte ſie auf, „dem
allmächtigen Gott zu Ehren.“ Auf einen ſolchen Grund
hin ſich einzuſtellen, würde ihnen als eine Verletzung des
Gewiſſens erſchienen ſeyn. Sie erwiederten, nicht dazu habe
Gott das Sacrament eingeſetzt, daß man es anbete. Die
Proceſſion, der es überhaupt an dem alten Glanze fehlte,
fand ohne ſie Statt.
In Hinſicht der Predigt gaben ſie zwar zuletzt nach,
aber erſt dann, als der Kaiſer verſprochen, auch der ent-
gegengeſetzten Partei Stillſchweigen zu gebieten. Er ſelbſt
ernannte einige Prediger, die aber nur den Text ohne alle
Auslegung verleſen ſollten. Und auch ſo weit würden ſie
nicht zu bringen geweſen ſeyn, wenn man ihnen nicht bemerk-
lich gemacht hätte, daß der Reichsſchluß von 1526, auf
den ſie ſich immer bezogen, den ſie nicht hatten widerrufen
laſſen wollen, dieß rechtfertige. Der Kaiſer ward wenig-
ſtens, ſo lange er anweſend war, als die rechtmäßige Obrig-
keit einer Reichsſtadt betrachtet. 1
Wir ſehen wohl: keinen Schritt breit ließen ſich die
Proteſtanten von ihrer Ueberzeugung, von ihrem guten Recht
1
1 Schrift aus Augsburg. Altenb. V, 26. Walch 16, 873.
(Bei W. unter Spalatins Namen aber nicht vollſtaͤndig.) Brenz
an Iſenmann 19. Juni Corp. Ref. II, 117.
1 noch hatte wecken und ihnen den Vorgang melden laſſen, 16. Juni
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/256>, abgerufen am 23.11.2024.
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