Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.Absicht Carls V auf den Kirchenstaat. der Kaiser ausdrücklich, sey nur zu verstehen von der geist-lichen Amtsführung, und auch in dieser Hinsicht müsse man, ehe man sie ihm gebe, hinreichende Sicherheit haben, daß man nicht von ihm betrogen werde. 1 Er giebt an, wodurch er sich gesichert glauben würde: es ist die Ueber- lieferung der Städte Ostia und Civitavecchia, Parma und Piacenza, Bologna und Ravenna, endlich auch von Civita- castellana. Er fordert, wie man sieht, alle wichtigern Plätze des damaligen Kirchenstaats. Denn der Grundsatz des Kai- sers ist, daß falls auch der Papst jemals wieder des Willens seyn sollte zu schaden, er doch das Vermögen dazu nicht haben dürfe. Die genannten Plätze will er in seinen Hän- den behalten, bis der Papst ein Concilium beruft, um eine Reformation der Kirche zu bewirken. Absichten welche den Ideen der deutschen Nation in der That nicht übel ent- sprachen[.] Die Kirchenreform die der Kaiser forderte, war allerdings nicht die lutherische, namentlich nicht doctrineller 1 Instruction an Pierre de Verey, Baron von Mont St.
Vincent excerpirt bei Bucholz Ferdinand III, 97 -- 104. Besonders p. 101. Haben wir bedacht -- falls kein Mittel ist, daß S. H. mit Sicherheit hieher kommen könne, gegen S. Heiligkeit ungeachtet des Vorgefallenen so großer Freigebigkeit zu gebrauchen, ihm die Freiheit zurückzugeben und daß er durch die Hand meines Vicekönigs als Repräsentanten unserer Person auf seinen Stuhl zu Rom wie- derhergestellt werde. Aber bevor er in diese Freiheit herzustellen wäre, welche zu verstehen ist von der geistlichen Amtsführung, müßte unser Vicekönig so gut von ihm versichert seyn in allen Dingen, welche menschlicher Weise und mit weltlicher Macht geschehen kön- nen, daß wir dabei nicht betrogen würden, und daß wenn derselbe den Willen haben sollte, er nicht das Vermögen hätte uns Uebles zu thun, damit wir nicht für ihm Erwiesenes Gute allezeit Nach- theil und Schaden empfiengen, wie die Erfahrung der Vergangen- heit es gezeigt hat. Bucholz setzt die Instruction 3 Wochen nach dem 30sten Juni, also 21. Juli 1527. Abſicht Carls V auf den Kirchenſtaat. der Kaiſer ausdrücklich, ſey nur zu verſtehen von der geiſt-lichen Amtsführung, und auch in dieſer Hinſicht müſſe man, ehe man ſie ihm gebe, hinreichende Sicherheit haben, daß man nicht von ihm betrogen werde. 1 Er giebt an, wodurch er ſich geſichert glauben würde: es iſt die Ueber- lieferung der Städte Oſtia und Civitavecchia, Parma und Piacenza, Bologna und Ravenna, endlich auch von Civita- caſtellana. Er fordert, wie man ſieht, alle wichtigern Plätze des damaligen Kirchenſtaats. Denn der Grundſatz des Kai- ſers iſt, daß falls auch der Papſt jemals wieder des Willens ſeyn ſollte zu ſchaden, er doch das Vermögen dazu nicht haben dürfe. Die genannten Plätze will er in ſeinen Hän- den behalten, bis der Papſt ein Concilium beruft, um eine Reformation der Kirche zu bewirken. Abſichten welche den Ideen der deutſchen Nation in der That nicht übel ent- ſprachen[.] Die Kirchenreform die der Kaiſer forderte, war allerdings nicht die lutheriſche, namentlich nicht doctrineller 1 Inſtruction an Pierre de Verey, Baron von Mont St.
Vincent excerpirt bei Bucholz Ferdinand III, 97 — 104. Beſonders p. 101. Haben wir bedacht — falls kein Mittel iſt, daß S. H. mit Sicherheit hieher kommen koͤnne, gegen S. Heiligkeit ungeachtet des Vorgefallenen ſo großer Freigebigkeit zu gebrauchen, ihm die Freiheit zuruͤckzugeben und daß er durch die Hand meines Vicekoͤnigs als Repraͤſentanten unſerer Perſon auf ſeinen Stuhl zu Rom wie- derhergeſtellt werde. Aber bevor er in dieſe Freiheit herzuſtellen waͤre, welche zu verſtehen iſt von der geiſtlichen Amtsfuͤhrung, muͤßte unſer Vicekoͤnig ſo gut von ihm verſichert ſeyn in allen Dingen, welche menſchlicher Weiſe und mit weltlicher Macht geſchehen koͤn- nen, daß wir dabei nicht betrogen wuͤrden, und daß wenn derſelbe den Willen haben ſollte, er nicht das Vermoͤgen haͤtte uns Uebles zu thun, damit wir nicht fuͤr ihm Erwieſenes Gute allezeit Nach- theil und Schaden empfiengen, wie die Erfahrung der Vergangen- heit es gezeigt hat. Bucholz ſetzt die Inſtruction 3 Wochen nach dem 30ſten Juni, alſo 21. Juli 1527. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0027" n="11"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Abſicht Carls <hi rendition="#aq">V</hi> auf den Kirchenſtaat</hi>.</fw><lb/> der Kaiſer ausdrücklich, ſey nur zu verſtehen von der geiſt-<lb/> lichen Amtsführung, und auch in dieſer Hinſicht müſſe<lb/> man, ehe man ſie ihm gebe, hinreichende Sicherheit haben,<lb/> daß man nicht von ihm betrogen werde. <note place="foot" n="1">Inſtruction an Pierre de Verey, Baron von Mont St.<lb/> Vincent excerpirt bei Bucholz Ferdinand <hi rendition="#aq">III</hi>, 97 — 104. Beſonders<lb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 101. Haben wir bedacht — falls kein Mittel iſt, daß S. H.<lb/> mit Sicherheit hieher kommen koͤnne, gegen S. Heiligkeit ungeachtet<lb/> des Vorgefallenen ſo großer Freigebigkeit zu gebrauchen, ihm die<lb/> Freiheit zuruͤckzugeben und daß er durch die Hand meines Vicekoͤnigs<lb/> als Repraͤſentanten unſerer Perſon auf ſeinen Stuhl zu Rom wie-<lb/> derhergeſtellt werde. Aber <hi rendition="#g">bevor</hi> er in dieſe Freiheit herzuſtellen<lb/> waͤre, welche zu verſtehen iſt von der geiſtlichen Amtsfuͤhrung, muͤßte<lb/> unſer Vicekoͤnig ſo gut von ihm verſichert ſeyn in allen Dingen,<lb/> welche menſchlicher Weiſe und mit weltlicher Macht geſchehen koͤn-<lb/> nen, daß wir dabei nicht betrogen wuͤrden, und daß wenn derſelbe<lb/> den Willen haben ſollte, er nicht das Vermoͤgen haͤtte uns Uebles<lb/> zu thun, damit wir nicht fuͤr ihm Erwieſenes Gute allezeit Nach-<lb/> theil und Schaden empfiengen, wie die Erfahrung der Vergangen-<lb/> heit es gezeigt hat. Bucholz ſetzt die Inſtruction 3 Wochen nach<lb/> dem 30ſten Juni, alſo 21. Juli 1527.</note> Er giebt an,<lb/> wodurch er ſich geſichert glauben würde: es iſt die Ueber-<lb/> lieferung der Städte Oſtia und Civitavecchia, Parma und<lb/> Piacenza, Bologna und Ravenna, endlich auch von Civita-<lb/> caſtellana. Er fordert, wie man ſieht, alle wichtigern Plätze<lb/> des damaligen Kirchenſtaats. Denn der Grundſatz des Kai-<lb/> ſers iſt, daß falls auch der Papſt jemals wieder des Willens<lb/> ſeyn ſollte zu ſchaden, er doch das Vermögen dazu nicht<lb/> haben dürfe. Die genannten Plätze will er in ſeinen Hän-<lb/> den behalten, bis der Papſt ein Concilium beruft, um eine<lb/> Reformation der Kirche zu bewirken. Abſichten welche den<lb/> Ideen der deutſchen Nation in der That nicht übel ent-<lb/> ſprachen<supplied>.</supplied> Die Kirchenreform die der Kaiſer forderte, war<lb/> allerdings nicht die lutheriſche, namentlich nicht doctrineller<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0027]
Abſicht Carls V auf den Kirchenſtaat.
der Kaiſer ausdrücklich, ſey nur zu verſtehen von der geiſt-
lichen Amtsführung, und auch in dieſer Hinſicht müſſe
man, ehe man ſie ihm gebe, hinreichende Sicherheit haben,
daß man nicht von ihm betrogen werde. 1 Er giebt an,
wodurch er ſich geſichert glauben würde: es iſt die Ueber-
lieferung der Städte Oſtia und Civitavecchia, Parma und
Piacenza, Bologna und Ravenna, endlich auch von Civita-
caſtellana. Er fordert, wie man ſieht, alle wichtigern Plätze
des damaligen Kirchenſtaats. Denn der Grundſatz des Kai-
ſers iſt, daß falls auch der Papſt jemals wieder des Willens
ſeyn ſollte zu ſchaden, er doch das Vermögen dazu nicht
haben dürfe. Die genannten Plätze will er in ſeinen Hän-
den behalten, bis der Papſt ein Concilium beruft, um eine
Reformation der Kirche zu bewirken. Abſichten welche den
Ideen der deutſchen Nation in der That nicht übel ent-
ſprachen. Die Kirchenreform die der Kaiſer forderte, war
allerdings nicht die lutheriſche, namentlich nicht doctrineller
1 Inſtruction an Pierre de Verey, Baron von Mont St.
Vincent excerpirt bei Bucholz Ferdinand III, 97 — 104. Beſonders
p. 101. Haben wir bedacht — falls kein Mittel iſt, daß S. H.
mit Sicherheit hieher kommen koͤnne, gegen S. Heiligkeit ungeachtet
des Vorgefallenen ſo großer Freigebigkeit zu gebrauchen, ihm die
Freiheit zuruͤckzugeben und daß er durch die Hand meines Vicekoͤnigs
als Repraͤſentanten unſerer Perſon auf ſeinen Stuhl zu Rom wie-
derhergeſtellt werde. Aber bevor er in dieſe Freiheit herzuſtellen
waͤre, welche zu verſtehen iſt von der geiſtlichen Amtsfuͤhrung, muͤßte
unſer Vicekoͤnig ſo gut von ihm verſichert ſeyn in allen Dingen,
welche menſchlicher Weiſe und mit weltlicher Macht geſchehen koͤn-
nen, daß wir dabei nicht betrogen wuͤrden, und daß wenn derſelbe
den Willen haben ſollte, er nicht das Vermoͤgen haͤtte uns Uebles
zu thun, damit wir nicht fuͤr ihm Erwieſenes Gute allezeit Nach-
theil und Schaden empfiengen, wie die Erfahrung der Vergangen-
heit es gezeigt hat. Bucholz ſetzt die Inſtruction 3 Wochen nach
dem 30ſten Juni, alſo 21. Juli 1527.
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