als Richter zwischen den beiden Parteien aufzutreten, ver- leidet worden, erklärte sich ganz im Sinne der Majorität. Am Schluß der Confutation, die in seinem Namen publi- cirt ward, ermahnte er die Evangelischen, sich nun der rö- mischen und katholischen Kirche wieder gehorsam zu be- zeigen. Wo nicht, so werde er gegen sie verfahren müssen, wie einem römischen Kaiser, Schutzherrn und Vogt der Kirche zukomme.
Die Zeit der Milde war vorüber, die Zeit der Strenge schien gekommen.
Schon hatte der Papst gesprochen.
Es war ein Brief Campeggi's in Rom eingegangen, in welchem die vornehmsten Forderungen der Protestanten nahmhaft gemacht worden waren. Gleich im Anfang der Versammlung nemlich hatte der Kaiser sich eine kurze An- gabe derselben von Melanchthons Hand verschafft und diese dem Legaten mitgetheilt. Am 6. Juli kam die Sache im Consistorium des Papstes und der Cardinäle zum Vor- trag. So viel wir wissen, forderten die Protestanten bei- derlei Gestalt, Priesterehe, Weglassung des Canons in der Messe, Ueberlassung der eingezogenen geistlichen Güter und Erörterung der übrigen Streitpunkte auf einem Concilium. In Rom aber hielt man nicht für gut, darauf einzugehn. Man fand diese Artikel im Widerstreit mit dem Glauben und der Disciplin, so wie mit dem Interesse der Kirche. Man beschloß sie zurückzuweisen und dem Kaiser einfach für den bewiesenen Eifer zu danken. 1
1 Pallavicini aus einem gleichzeitigen Diario III, IV, 280. Articoli opposti -- alla ragion della chiesa. Eine Art kirchlicher Staatsraison.
Ranke d. Gesch. III. 17
Bedrohungen.
als Richter zwiſchen den beiden Parteien aufzutreten, ver- leidet worden, erklärte ſich ganz im Sinne der Majorität. Am Schluß der Confutation, die in ſeinem Namen publi- cirt ward, ermahnte er die Evangeliſchen, ſich nun der rö- miſchen und katholiſchen Kirche wieder gehorſam zu be- zeigen. Wo nicht, ſo werde er gegen ſie verfahren müſſen, wie einem römiſchen Kaiſer, Schutzherrn und Vogt der Kirche zukomme.
Die Zeit der Milde war vorüber, die Zeit der Strenge ſchien gekommen.
Schon hatte der Papſt geſprochen.
Es war ein Brief Campeggi’s in Rom eingegangen, in welchem die vornehmſten Forderungen der Proteſtanten nahmhaft gemacht worden waren. Gleich im Anfang der Verſammlung nemlich hatte der Kaiſer ſich eine kurze An- gabe derſelben von Melanchthons Hand verſchafft und dieſe dem Legaten mitgetheilt. Am 6. Juli kam die Sache im Conſiſtorium des Papſtes und der Cardinäle zum Vor- trag. So viel wir wiſſen, forderten die Proteſtanten bei- derlei Geſtalt, Prieſterehe, Weglaſſung des Canons in der Meſſe, Ueberlaſſung der eingezogenen geiſtlichen Güter und Erörterung der übrigen Streitpunkte auf einem Concilium. In Rom aber hielt man nicht für gut, darauf einzugehn. Man fand dieſe Artikel im Widerſtreit mit dem Glauben und der Disciplin, ſo wie mit dem Intereſſe der Kirche. Man beſchloß ſie zurückzuweiſen und dem Kaiſer einfach für den bewieſenen Eifer zu danken. 1
1 Pallavicini aus einem gleichzeitigen Diario III, IV, 280. Articoli opposti — alla ragion della chiesa. Eine Art kirchlicher Staatsraiſon.
Ranke d. Geſch. III. 17
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Bedrohungen.
als Richter zwiſchen den beiden Parteien aufzutreten, ver-
leidet worden, erklärte ſich ganz im Sinne der Majorität.
Am Schluß der Confutation, die in ſeinem Namen publi-
cirt ward, ermahnte er die Evangeliſchen, ſich nun der rö-
miſchen und katholiſchen Kirche wieder gehorſam zu be-
zeigen. Wo nicht, ſo werde er gegen ſie verfahren müſſen,
wie einem römiſchen Kaiſer, Schutzherrn und Vogt der
Kirche zukomme.
Die Zeit der Milde war vorüber, die Zeit der Strenge
ſchien gekommen.
Schon hatte der Papſt geſprochen.
Es war ein Brief Campeggi’s in Rom eingegangen,
in welchem die vornehmſten Forderungen der Proteſtanten
nahmhaft gemacht worden waren. Gleich im Anfang der
Verſammlung nemlich hatte der Kaiſer ſich eine kurze An-
gabe derſelben von Melanchthons Hand verſchafft und
dieſe dem Legaten mitgetheilt. Am 6. Juli kam die Sache
im Conſiſtorium des Papſtes und der Cardinäle zum Vor-
trag. So viel wir wiſſen, forderten die Proteſtanten bei-
derlei Geſtalt, Prieſterehe, Weglaſſung des Canons in der
Meſſe, Ueberlaſſung der eingezogenen geiſtlichen Güter und
Erörterung der übrigen Streitpunkte auf einem Concilium.
In Rom aber hielt man nicht für gut, darauf einzugehn.
Man fand dieſe Artikel im Widerſtreit mit dem Glauben
und der Disciplin, ſo wie mit dem Intereſſe der Kirche.
Man beſchloß ſie zurückzuweiſen und dem Kaiſer einfach
für den bewieſenen Eifer zu danken. 1
1 Pallavicini aus einem gleichzeitigen Diario III, IV, 280.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/273>, abgerufen am 24.11.2024.
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