Die Reichsversammlung selbst hatte den Kaiser auf- gefordert, als Vogt der Kirche aufzutreten.
Von beiden Seiten angeregt, durch seine Verträge ge- bunden, und nur von Leuten umgeben, die entweder keinen Begriff von dem Thun und Lassen der Protestanten hat- ten, oder vorlängst ihre Feinde waren, nahm er die ernst- lichste Haltung an. Den allgemeinen Erklärungen fügte er ungnädiges Bezeigen gegen die Einzelnen hinzu; nament- lich dem Churfürsten Johann gab er durch eine besondere Abordnung sein Mißfallen zu erkennen, daß er sich von dem Kaiser, der doch Schützer des Glaubens sey, getrennt, Neuerungen vorgenommen, Bündnisse gesucht habe. "Auch S. Majestät habe eine Seele und ein Gewissen, und wolle nichts gegen Gottes Wort thun." Werde daher der Chur- fürst nicht zu dem Glauben zurückkehren, den man seit zwei, drei Jahrhunderten gehalten, 1 so sey es auch Sr. Maje- stät nicht gelegen, ihn zu belehnen, oder ihm irgend eine von den andern Gnaden zu gewähren, die er begehre.
Widerstand.
Es konnte wohl zweifelhaft scheinen, ob deutsche Für- sten und Herren, in dem ritterlichen Leben der Höfe er- wachsen, und in spätern Jahren durch fremde Unterwei- sung zur Lehre gelangt, des guten Verständnisses mit ihren Nachbarn und in ihren wichtigsten Angelegenheiten der Gnade des Kaisers bedürftig, ob diese wirklich standhaft genug seyn würden, dem ausgesprochenen Unwillen des letztern, und einer immer engeren Vereinigung der ständischen Ma-
1 Im Abdruck bei Müller p. 672 heißt es seit 20, 30 Jahren, was ohne Zweifel ein Schreibfehler ist.
Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel.
Die Reichsverſammlung ſelbſt hatte den Kaiſer auf- gefordert, als Vogt der Kirche aufzutreten.
Von beiden Seiten angeregt, durch ſeine Verträge ge- bunden, und nur von Leuten umgeben, die entweder keinen Begriff von dem Thun und Laſſen der Proteſtanten hat- ten, oder vorlängſt ihre Feinde waren, nahm er die ernſt- lichſte Haltung an. Den allgemeinen Erklärungen fügte er ungnädiges Bezeigen gegen die Einzelnen hinzu; nament- lich dem Churfürſten Johann gab er durch eine beſondere Abordnung ſein Mißfallen zu erkennen, daß er ſich von dem Kaiſer, der doch Schützer des Glaubens ſey, getrennt, Neuerungen vorgenommen, Bündniſſe geſucht habe. „Auch S. Majeſtät habe eine Seele und ein Gewiſſen, und wolle nichts gegen Gottes Wort thun.“ Werde daher der Chur- fürſt nicht zu dem Glauben zurückkehren, den man ſeit zwei, drei Jahrhunderten gehalten, 1 ſo ſey es auch Sr. Maje- ſtät nicht gelegen, ihn zu belehnen, oder ihm irgend eine von den andern Gnaden zu gewähren, die er begehre.
Widerſtand.
Es konnte wohl zweifelhaft ſcheinen, ob deutſche Für- ſten und Herren, in dem ritterlichen Leben der Höfe er- wachſen, und in ſpätern Jahren durch fremde Unterwei- ſung zur Lehre gelangt, des guten Verſtändniſſes mit ihren Nachbarn und in ihren wichtigſten Angelegenheiten der Gnade des Kaiſers bedürftig, ob dieſe wirklich ſtandhaft genug ſeyn würden, dem ausgeſprochenen Unwillen des letztern, und einer immer engeren Vereinigung der ſtändiſchen Ma-
1 Im Abdruck bei Muͤller p. 672 heißt es ſeit 20, 30 Jahren, was ohne Zweifel ein Schreibfehler iſt.
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Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel.
Die Reichsverſammlung ſelbſt hatte den Kaiſer auf-
gefordert, als Vogt der Kirche aufzutreten.
Von beiden Seiten angeregt, durch ſeine Verträge ge-
bunden, und nur von Leuten umgeben, die entweder keinen
Begriff von dem Thun und Laſſen der Proteſtanten hat-
ten, oder vorlängſt ihre Feinde waren, nahm er die ernſt-
lichſte Haltung an. Den allgemeinen Erklärungen fügte er
ungnädiges Bezeigen gegen die Einzelnen hinzu; nament-
lich dem Churfürſten Johann gab er durch eine beſondere
Abordnung ſein Mißfallen zu erkennen, daß er ſich von dem
Kaiſer, der doch Schützer des Glaubens ſey, getrennt,
Neuerungen vorgenommen, Bündniſſe geſucht habe. „Auch
S. Majeſtät habe eine Seele und ein Gewiſſen, und wolle
nichts gegen Gottes Wort thun.“ Werde daher der Chur-
fürſt nicht zu dem Glauben zurückkehren, den man ſeit zwei,
drei Jahrhunderten gehalten, 1 ſo ſey es auch Sr. Maje-
ſtät nicht gelegen, ihn zu belehnen, oder ihm irgend eine
von den andern Gnaden zu gewähren, die er begehre.
Widerſtand.
Es konnte wohl zweifelhaft ſcheinen, ob deutſche Für-
ſten und Herren, in dem ritterlichen Leben der Höfe er-
wachſen, und in ſpätern Jahren durch fremde Unterwei-
ſung zur Lehre gelangt, des guten Verſtändniſſes mit ihren
Nachbarn und in ihren wichtigſten Angelegenheiten der Gnade
des Kaiſers bedürftig, ob dieſe wirklich ſtandhaft genug
ſeyn würden, dem ausgeſprochenen Unwillen des letztern,
und einer immer engeren Vereinigung der ſtändiſchen Ma-
1 Im Abdruck bei Muͤller p. 672 heißt es ſeit 20, 30 Jahren,
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/274>, abgerufen am 24.11.2024.
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