Noch während der Berathungen in Schmalkalden war der Erbe der Chur, Johann Friedrich von Sachsen, nach Cöln gereist, um daselbst im Namen seines Vaters zu wi- dersprechen.
Sein Widerspruch hinderte, wie man denken kann, die einmal beschlossene Sache mit nichten. Von den fünf übri- gen Churfürsten ward Ferdinand am 5. Januar 1531 zu Cöln gewählt; ein paar Tage darauf ward er zu Aachen gekrönt. 1 In seiner Wahlcapitulation ward er ausdrück- lich auf den augsburgischen Reichsabschied verpflichtet. Denn dieser Abschied, in welchem alle Interessen der ka- tholischen Majorität zusammengefaßt waren, die vornehm- sten Waffe in ihren Händen, erschien jetzt als das wich- tigste Reichsgesetz. Hierauf überließ der Kaiser die Reichs- verwaltung zum größten Theil seinem Bruder. 2 Er be- hielt sich nur vor, in einigen wichtigen Fällen, z. B. bei Ertheilungen von Fahnenlehen, oder von vornehmen Adelsti- teln, bei den Bestimmungen über die Monopolien, -- den bedeutendsten mercantilen Interessen der damaligen Zeit, -- und etwa bei solchen Achtserklärungen oder Verbindungen, die in einen förmlichen Krieg verwickeln könnten, consultirt zu wer- den. 3 Wie vollständig aber auch hiedurch die Wahlhandlung
1 Spalatin Verzeichniß der Handlung in Cöln in Struve's Archiv I, 62.
2 Auszug der Urkunden. Bucholz IX, 19. Mir fällt die Be- stimmung auf: imperium per Germaniam superiorem regat. Nahm man das niedere Germanien aus, weil der sächsische Reichs- vicar nicht eingewilligt? Oder vielmehr nur deshalb, weil der Kai- ser keine Einmischung der Reichsgewalt in seine niederländische Re- gierung dulden wollte?
3 Im Brüsseler Archiv findet sich das Sommaire memoire au roi des Romains d'aucuns points esquels il semble a l'em-
Sechstes Buch. Erſtes Capitel.
Noch während der Berathungen in Schmalkalden war der Erbe der Chur, Johann Friedrich von Sachſen, nach Cöln gereiſt, um daſelbſt im Namen ſeines Vaters zu wi- derſprechen.
Sein Widerſpruch hinderte, wie man denken kann, die einmal beſchloſſene Sache mit nichten. Von den fünf übri- gen Churfürſten ward Ferdinand am 5. Januar 1531 zu Cöln gewählt; ein paar Tage darauf ward er zu Aachen gekrönt. 1 In ſeiner Wahlcapitulation ward er ausdrück- lich auf den augsburgiſchen Reichsabſchied verpflichtet. Denn dieſer Abſchied, in welchem alle Intereſſen der ka- tholiſchen Majorität zuſammengefaßt waren, die vornehm- ſten Waffe in ihren Händen, erſchien jetzt als das wich- tigſte Reichsgeſetz. Hierauf überließ der Kaiſer die Reichs- verwaltung zum größten Theil ſeinem Bruder. 2 Er be- hielt ſich nur vor, in einigen wichtigen Fällen, z. B. bei Ertheilungen von Fahnenlehen, oder von vornehmen Adelsti- teln, bei den Beſtimmungen über die Monopolien, — den bedeutendſten mercantilen Intereſſen der damaligen Zeit, — und etwa bei ſolchen Achtserklärungen oder Verbindungen, die in einen förmlichen Krieg verwickeln könnten, conſultirt zu wer- den. 3 Wie vollſtändig aber auch hiedurch die Wahlhandlung
1 Spalatin Verzeichniß der Handlung in Coͤln in Struve’s Archiv I, 62.
2 Auszug der Urkunden. Bucholz IX, 19. Mir faͤllt die Be- ſtimmung auf: imperium per Germaniam superiorem regat. Nahm man das niedere Germanien aus, weil der ſaͤchſiſche Reichs- vicar nicht eingewilligt? Oder vielmehr nur deshalb, weil der Kai- ſer keine Einmiſchung der Reichsgewalt in ſeine niederlaͤndiſche Re- gierung dulden wollte?
3 Im Bruͤſſeler Archiv findet ſich das Sommaire mémoire au roi des Romains d’aucuns points esquels il semble à l’em-
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Sechstes Buch. Erſtes Capitel.
Noch während der Berathungen in Schmalkalden war
der Erbe der Chur, Johann Friedrich von Sachſen, nach
Cöln gereiſt, um daſelbſt im Namen ſeines Vaters zu wi-
derſprechen.
Sein Widerſpruch hinderte, wie man denken kann, die
einmal beſchloſſene Sache mit nichten. Von den fünf übri-
gen Churfürſten ward Ferdinand am 5. Januar 1531 zu
Cöln gewählt; ein paar Tage darauf ward er zu Aachen
gekrönt. 1 In ſeiner Wahlcapitulation ward er ausdrück-
lich auf den augsburgiſchen Reichsabſchied verpflichtet.
Denn dieſer Abſchied, in welchem alle Intereſſen der ka-
tholiſchen Majorität zuſammengefaßt waren, die vornehm-
ſten Waffe in ihren Händen, erſchien jetzt als das wich-
tigſte Reichsgeſetz. Hierauf überließ der Kaiſer die Reichs-
verwaltung zum größten Theil ſeinem Bruder. 2 Er be-
hielt ſich nur vor, in einigen wichtigen Fällen, z. B. bei
Ertheilungen von Fahnenlehen, oder von vornehmen Adelsti-
teln, bei den Beſtimmungen über die Monopolien, — den
bedeutendſten mercantilen Intereſſen der damaligen Zeit, —
und etwa bei ſolchen Achtserklärungen oder Verbindungen, die
in einen förmlichen Krieg verwickeln könnten, conſultirt zu wer-
den. 3 Wie vollſtändig aber auch hiedurch die Wahlhandlung
1 Spalatin Verzeichniß der Handlung in Coͤln in Struve’s
Archiv I, 62.
2 Auszug der Urkunden. Bucholz IX, 19. Mir faͤllt die Be-
ſtimmung auf: imperium per Germaniam superiorem regat.
Nahm man das niedere Germanien aus, weil der ſaͤchſiſche Reichs-
vicar nicht eingewilligt? Oder vielmehr nur deshalb, weil der Kai-
ſer keine Einmiſchung der Reichsgewalt in ſeine niederlaͤndiſche Re-
gierung dulden wollte?
3 Im Bruͤſſeler Archiv findet ſich das Sommaire mémoire
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/332>, abgerufen am 22.11.2024.
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