Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.Sechstes Buch. Zweites Capitel. sem Tage hatten sich aber, ohne berufen zu seyn, auch Zü-richer und Berner Abgeordnete eingefunden; sie ließen es an entgegengesetzten Anmahnungen und Zusicherungen nicht fehlen. Die Landleute baten sich Bedenkzeit bis Nicolai aus, wo sie wieder in Winfelden zusammenkamen. Hier zeigte sich anfangs einiges Schwanken; allmählig aber stellte sich eine Mehrheit heraus, welche an dem Evangelium hal- ten zu wollen entschlossen war; Zürich und Bern sagten derselben ihre Hülfe offen zu. Auch den Rheinthalern, die sich zunächst an Zürich als den vordersten Ort der Eidge- nossenschaft gewandt, versprach diese Stadt, sie von Got- tes Wort nicht treiben zu lassen. 1 Es war noch einmal ein Act der Autonomie, den die In Thurgau gab es bald nur noch 9 Edelleute, welche So stark man nun auch hiebei versichern mochte, daß 1 Abschied zu Frauenfeld, und Instruction der Züricher nach
Winfelden bei Bullinger II, 27. Bernh. Weiß p. 93. Sechstes Buch. Zweites Capitel. ſem Tage hatten ſich aber, ohne berufen zu ſeyn, auch Zü-richer und Berner Abgeordnete eingefunden; ſie ließen es an entgegengeſetzten Anmahnungen und Zuſicherungen nicht fehlen. Die Landleute baten ſich Bedenkzeit bis Nicolai aus, wo ſie wieder in Winfelden zuſammenkamen. Hier zeigte ſich anfangs einiges Schwanken; allmählig aber ſtellte ſich eine Mehrheit heraus, welche an dem Evangelium hal- ten zu wollen entſchloſſen war; Zürich und Bern ſagten derſelben ihre Hülfe offen zu. Auch den Rheinthalern, die ſich zunächſt an Zürich als den vorderſten Ort der Eidge- noſſenſchaft gewandt, verſprach dieſe Stadt, ſie von Got- tes Wort nicht treiben zu laſſen. 1 Es war noch einmal ein Act der Autonomie, den die In Thurgau gab es bald nur noch 9 Edelleute, welche So ſtark man nun auch hiebei verſichern mochte, daß 1 Abſchied zu Frauenfeld, und Inſtruction der Zuͤricher nach
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Sechstes Buch. Zweites Capitel.
ſem Tage hatten ſich aber, ohne berufen zu ſeyn, auch Zü-
richer und Berner Abgeordnete eingefunden; ſie ließen es
an entgegengeſetzten Anmahnungen und Zuſicherungen nicht
fehlen. Die Landleute baten ſich Bedenkzeit bis Nicolai
aus, wo ſie wieder in Winfelden zuſammenkamen. Hier
zeigte ſich anfangs einiges Schwanken; allmählig aber ſtellte
ſich eine Mehrheit heraus, welche an dem Evangelium hal-
ten zu wollen entſchloſſen war; Zürich und Bern ſagten
derſelben ihre Hülfe offen zu. Auch den Rheinthalern, die
ſich zunächſt an Zürich als den vorderſten Ort der Eidge-
noſſenſchaft gewandt, verſprach dieſe Stadt, ſie von Got-
tes Wort nicht treiben zu laſſen. 1
Es war noch einmal ein Act der Autonomie, den die
Unterthanen ausübten. Da die Regierenden entzweit wa-
ren, kam es auf ihren freien Entſchluß an, welche Partei
ſie ergreifen wollten. Sie wählten die Sache der Reform.
In Thurgau gab es bald nur noch 9 Edelleute, welche
nicht beigetreten, und auch dieſe baten lediglich um Auf-
ſchub; im Rheinthal fand ſich ein einziges Kirchſpiel, wo
die Mehrheit nicht für die Verbrennung der Bilder und die
Abſtellung der Meſſe ſtimmte; für die freien Aemter ward
es entſcheidend, daß in Bremgarten die reformirt geſinnte
Gemeinde mit Hülfe von Zürich über den katholiſch und
fünfortiſch geſinnten Rath den Sieg davontrug; hierauf
folgte die umliegende Landſchaft nach.
So ſtark man nun auch hiebei verſichern mochte, daß
der weltliche Gehorſam, den man den bisherigen Ober-
1 Abſchied zu Frauenfeld, und Inſtruction der Zuͤricher nach
Winfelden bei Bullinger II, 27. Bernh. Weiß p. 93.
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