herren schuldig sey, darunter nicht leiden solle, so ist doch offenbar, daß die Grundlage der Macht, d. i. der Einfluß, dem der Unterthan sich willig unterwirft, den fünf Orten hiebei verloren gehen mußte.
Und schon war auf einem andern Gebiete eine Irrung eingetreten, die ihnen nicht minder nachtheilig ward.
Unterwalden hatte es gewagt, dem Berner Oberlande, wo die Maaßregeln, welche die Stadt zur Einführung der Reform traf, namentlich die rasche Einziehung des Klosters Interlachen, Mißvergnügen und Widerstand erweckte, zu Hülfe zu kommen, und in das Gebiet eines ihrer Eidgenossen, mit aufgereckten Fahnen, unabgesagt einzufallen. 1 Bern setzte sich zur Wehre, brachte die Unterthanen zum Gehorsam, die Eingedrungenen zum Rückzug: aber es läßt sich erachten, welche Nachwirkungen ein so offenbarer Bruch des alten Bundes haben mußte.
An den vier Orten, mit denen Unterwalden überhaupt verbündet war, fand es auch dieß Mal Rückhalt. Aber alle Bürgerstädte waren der Meinung, daß man Unterwal- den strafen müsse. Auch Solothurn und Freiburg verspra- chen ihren Verpflichtungen gemäß den Bernern hiezu ihren Beistand.
Dergestalt politisch und kirchlich überflügelt, mit Rache bedroht, faßten die fünf Orte den Gedanken, bei dem Hause Oestreich Hülfe zu suchen. War es doch ohnehin ihr Prin- zip, die Verbindungen mit fremden Mächten nicht aufzugeben.
1 Die Unterwaldner und Walliser hatten dabei freilich das Meiste zu verlieren, wenn es wahr ist, daß sie früher fleißige Hasle- rinnen heimführten, und später mit Urnerinnen vorlieb nehmen muß- ten, die nicht so gut einschlugen. Kirchhofer B. Haller p. 142.
Fortſchritte der Reformation.
herren ſchuldig ſey, darunter nicht leiden ſolle, ſo iſt doch offenbar, daß die Grundlage der Macht, d. i. der Einfluß, dem der Unterthan ſich willig unterwirft, den fünf Orten hiebei verloren gehen mußte.
Und ſchon war auf einem andern Gebiete eine Irrung eingetreten, die ihnen nicht minder nachtheilig ward.
Unterwalden hatte es gewagt, dem Berner Oberlande, wo die Maaßregeln, welche die Stadt zur Einführung der Reform traf, namentlich die raſche Einziehung des Kloſters Interlachen, Mißvergnügen und Widerſtand erweckte, zu Hülfe zu kommen, und in das Gebiet eines ihrer Eidgenoſſen, mit aufgereckten Fahnen, unabgeſagt einzufallen. 1 Bern ſetzte ſich zur Wehre, brachte die Unterthanen zum Gehorſam, die Eingedrungenen zum Rückzug: aber es läßt ſich erachten, welche Nachwirkungen ein ſo offenbarer Bruch des alten Bundes haben mußte.
An den vier Orten, mit denen Unterwalden überhaupt verbündet war, fand es auch dieß Mal Rückhalt. Aber alle Bürgerſtädte waren der Meinung, daß man Unterwal- den ſtrafen müſſe. Auch Solothurn und Freiburg verſpra- chen ihren Verpflichtungen gemäß den Bernern hiezu ihren Beiſtand.
Dergeſtalt politiſch und kirchlich überflügelt, mit Rache bedroht, faßten die fünf Orte den Gedanken, bei dem Hauſe Oeſtreich Hülfe zu ſuchen. War es doch ohnehin ihr Prin- zip, die Verbindungen mit fremden Mächten nicht aufzugeben.
1 Die Unterwaldner und Walliſer hatten dabei freilich das Meiſte zu verlieren, wenn es wahr iſt, daß ſie fruͤher fleißige Hasle- rinnen heimfuͤhrten, und ſpaͤter mit Urnerinnen vorlieb nehmen muß- ten, die nicht ſo gut einſchlugen. Kirchhofer B. Haller p. 142.
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[352[325]/0341]
Fortſchritte der Reformation.
herren ſchuldig ſey, darunter nicht leiden ſolle, ſo iſt doch
offenbar, daß die Grundlage der Macht, d. i. der Einfluß,
dem der Unterthan ſich willig unterwirft, den fünf Orten
hiebei verloren gehen mußte.
Und ſchon war auf einem andern Gebiete eine Irrung
eingetreten, die ihnen nicht minder nachtheilig ward.
Unterwalden hatte es gewagt, dem Berner Oberlande,
wo die Maaßregeln, welche die Stadt zur Einführung der
Reform traf, namentlich die raſche Einziehung des Kloſters
Interlachen, Mißvergnügen und Widerſtand erweckte, zu Hülfe
zu kommen, und in das Gebiet eines ihrer Eidgenoſſen, mit
aufgereckten Fahnen, unabgeſagt einzufallen. 1 Bern ſetzte
ſich zur Wehre, brachte die Unterthanen zum Gehorſam, die
Eingedrungenen zum Rückzug: aber es läßt ſich erachten,
welche Nachwirkungen ein ſo offenbarer Bruch des alten
Bundes haben mußte.
An den vier Orten, mit denen Unterwalden überhaupt
verbündet war, fand es auch dieß Mal Rückhalt. Aber
alle Bürgerſtädte waren der Meinung, daß man Unterwal-
den ſtrafen müſſe. Auch Solothurn und Freiburg verſpra-
chen ihren Verpflichtungen gemäß den Bernern hiezu ihren
Beiſtand.
Dergeſtalt politiſch und kirchlich überflügelt, mit Rache
bedroht, faßten die fünf Orte den Gedanken, bei dem Hauſe
Oeſtreich Hülfe zu ſuchen. War es doch ohnehin ihr Prin-
zip, die Verbindungen mit fremden Mächten nicht aufzugeben.
1 Die Unterwaldner und Walliſer hatten dabei freilich das
Meiſte zu verlieren, wenn es wahr iſt, daß ſie fruͤher fleißige Hasle-
rinnen heimfuͤhrten, und ſpaͤter mit Urnerinnen vorlieb nehmen muß-
ten, die nicht ſo gut einſchlugen. Kirchhofer B. Haller p. 142.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 352[325]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/341>, abgerufen am 22.11.2024.
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