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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Sechstes Buch. Viertes Capitel.
ner zu ihm. Wohl war es die Macht von Zürich, die hier
den fünf Orten gegenüberstand, aber Unbedachtsamkeit frü-
her, Uneinigkeit und Ungestüm zuletzt hatten bewirkt, daß
sie kaum etwa 2000 Mann betrug, während die Stadt
leicht über 10,000 ins Feld stellen konnte.

Auf diese kleine Schaar nun rückte jetzt der vierfach
größere, wenigstens nicht minder kriegsfertige, und bei wei-
tem besser geführte Haufe der fünf Orte heran. Was ist
da viel von der Schlacht zu berichten? Sie war durch
die Umstände entschieden, ehe sie begann. Die Züricher
hatten das Wäldchen am Fuß des Hügels unbesetzt gelas-
sen; durch dieses drangen die Feinde, wenig bemerkt, hervor,
und machten von zwei Seiten im vollen Gefühl der Ueber-
legenheit ihren Angriff. Die Tapferkeit der Züricher konnte
sie nicht retten; gleich im ersten Moment sahen sie sich ge-
worfen, übermannt; ein wildes Gemetzel begann. Von
den 2000 Zürchern sind 500 umgekommen; was aber das
schmerzhafteste, darunter waren eben die namhaftesten Män-
ner, die eifrigsten Evangelischen; denn eben diese hatten sich
zuerst unter die Waffen gestellt. Da fand denn Rüdy Gall-
mann seinen Kirchhof; der Bannerherr Schweizer und Wil-
helm Töning fielen (kaum konnte der Banner selbst geret-
tet werden): der Zunftmeister Funk, der wackere Bernhard
Weiß, dem wir so manche gute Nachricht verdanken, der
Pfleger Geroldseck, mehrere Prädicanten, 1 in der Mitte sei-

vor Zyten ettliche hüser und schüren gestanden sind, daher mans ge-
nambt hat, wie es noch heißt zu oder uff Schüren. Bulling III, 111.
1 Nach Accolti (in Epistolis Sadoleti VII, 273) blieben von
300 Senatoren nur sieben übrig. Die Wahrheit ist, daß 7 Mit-
glieder des kleinen und 19 Mitglieder des großen Rathes in der

Sechstes Buch. Viertes Capitel.
ner zu ihm. Wohl war es die Macht von Zürich, die hier
den fünf Orten gegenüberſtand, aber Unbedachtſamkeit frü-
her, Uneinigkeit und Ungeſtüm zuletzt hatten bewirkt, daß
ſie kaum etwa 2000 Mann betrug, während die Stadt
leicht über 10,000 ins Feld ſtellen konnte.

Auf dieſe kleine Schaar nun rückte jetzt der vierfach
größere, wenigſtens nicht minder kriegsfertige, und bei wei-
tem beſſer geführte Haufe der fünf Orte heran. Was iſt
da viel von der Schlacht zu berichten? Sie war durch
die Umſtände entſchieden, ehe ſie begann. Die Züricher
hatten das Wäldchen am Fuß des Hügels unbeſetzt gelaſ-
ſen; durch dieſes drangen die Feinde, wenig bemerkt, hervor,
und machten von zwei Seiten im vollen Gefühl der Ueber-
legenheit ihren Angriff. Die Tapferkeit der Züricher konnte
ſie nicht retten; gleich im erſten Moment ſahen ſie ſich ge-
worfen, übermannt; ein wildes Gemetzel begann. Von
den 2000 Zürchern ſind 500 umgekommen; was aber das
ſchmerzhafteſte, darunter waren eben die namhafteſten Män-
ner, die eifrigſten Evangeliſchen; denn eben dieſe hatten ſich
zuerſt unter die Waffen geſtellt. Da fand denn Rüdy Gall-
mann ſeinen Kirchhof; der Bannerherr Schweizer und Wil-
helm Töning fielen (kaum konnte der Banner ſelbſt geret-
tet werden): der Zunftmeiſter Funk, der wackere Bernhard
Weiß, dem wir ſo manche gute Nachricht verdanken, der
Pfleger Geroldseck, mehrere Prädicanten, 1 in der Mitte ſei-

vor Zyten ettliche huͤſer und ſchuͤren geſtanden ſind, daher mans ge-
nambt hat, wie es noch heißt zu oder uff Schuͤren. Bulling III, 111.
1 Nach Accolti (in Epistolis Sadoleti VII, 273) blieben von
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glieder des kleinen und 19 Mitglieder des großen Rathes in der
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[364/0380] Sechstes Buch. Viertes Capitel. ner zu ihm. Wohl war es die Macht von Zürich, die hier den fünf Orten gegenüberſtand, aber Unbedachtſamkeit frü- her, Uneinigkeit und Ungeſtüm zuletzt hatten bewirkt, daß ſie kaum etwa 2000 Mann betrug, während die Stadt leicht über 10,000 ins Feld ſtellen konnte. Auf dieſe kleine Schaar nun rückte jetzt der vierfach größere, wenigſtens nicht minder kriegsfertige, und bei wei- tem beſſer geführte Haufe der fünf Orte heran. Was iſt da viel von der Schlacht zu berichten? Sie war durch die Umſtände entſchieden, ehe ſie begann. Die Züricher hatten das Wäldchen am Fuß des Hügels unbeſetzt gelaſ- ſen; durch dieſes drangen die Feinde, wenig bemerkt, hervor, und machten von zwei Seiten im vollen Gefühl der Ueber- legenheit ihren Angriff. Die Tapferkeit der Züricher konnte ſie nicht retten; gleich im erſten Moment ſahen ſie ſich ge- worfen, übermannt; ein wildes Gemetzel begann. Von den 2000 Zürchern ſind 500 umgekommen; was aber das ſchmerzhafteſte, darunter waren eben die namhafteſten Män- ner, die eifrigſten Evangeliſchen; denn eben dieſe hatten ſich zuerſt unter die Waffen geſtellt. Da fand denn Rüdy Gall- mann ſeinen Kirchhof; der Bannerherr Schweizer und Wil- helm Töning fielen (kaum konnte der Banner ſelbſt geret- tet werden): der Zunftmeiſter Funk, der wackere Bernhard Weiß, dem wir ſo manche gute Nachricht verdanken, der Pfleger Geroldseck, mehrere Prädicanten, 1 in der Mitte ſei- 1 1 Nach Accolti (in Epistolis Sadoleti VII, 273) blieben von 300 Senatoren nur ſieben uͤbrig. Die Wahrheit iſt, daß 7 Mit- glieder des kleinen und 19 Mitglieder des großen Rathes in der 1 vor Zyten ettliche huͤſer und ſchuͤren geſtanden ſind, daher mans ge- nambt hat, wie es noch heißt zu oder uff Schuͤren. Bulling III, 111.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/380>, abgerufen am 24.11.2024.