Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.Sechstes Buch. Fünftes Capitel. Christo, bei dem als bei ihrem Hauptmann wollen sie rit-terlich fechten." 1 Am 17. Juli 1524 ward in allen Kir- chen der Altstadt ein Abendmahl nach Luthers Weise ge- halten. Hierauf versammelten sich Rathsherrn und Hun- dertmänner in ihrem Harnisch; die Bürgerschaft nach ihren fünf Vierteln mit Büchsen und Hallbarden; sie schwuren einander, sich treulich beisammen finden zu lassen, wenn der Stadt durch die Abschaffung der Messe Noth entstehe. Man zweifelte nicht, der Erzbischof Cardinal Albrecht werde Ernst gegen sie brauchen. Sie eilten einen Canal von der Elbe nach den Stadtgräben zu ziehen, um diese nöthigenfalls mit Wasser zu füllen; die Wälle wurden erhöht, die Pallisaden mit Böcken versehen, die Arbeiter in den Werkstätten mit einer kleinen Besoldung in Dienst genommen. Sie waren entschlossen, die in Besitz genommene geistliche Autonomie mit Leib und Leben zu vertheidigen. Die Zeit sollte ein ander Mal eintreten, wo ihr Entschluß geprüft werden würde; damals kam es nicht so weit. 2 Einen sehr ähnlichen Gang nahm die Sache ein paar 1 Ursach und Handlung in der kais. löbl. und christl. Stadt Magdeburg ein christlich wesen und wandel belangende. Von Wolff Cycloff den Erznei Dr. 1524. Abgedruckt in Hahn's Collectio Monumentorum II, 459. 2 Sebastian Langhans, damaliger Möllenvoigt hat eine Ge-
schichte des Jahres 1524 hinterlassen, deren Abdruck wohl zu wün- schen wäre. Bis dahin sind Rathmanns Auszüge und sonstige Zu- sammenstellungen (III, 346--400) sehr brauchbar. Sechstes Buch. Fuͤnftes Capitel. Chriſto, bei dem als bei ihrem Hauptmann wollen ſie rit-terlich fechten.“ 1 Am 17. Juli 1524 ward in allen Kir- chen der Altſtadt ein Abendmahl nach Luthers Weiſe ge- halten. Hierauf verſammelten ſich Rathsherrn und Hun- dertmänner in ihrem Harniſch; die Bürgerſchaft nach ihren fünf Vierteln mit Büchſen und Hallbarden; ſie ſchwuren einander, ſich treulich beiſammen finden zu laſſen, wenn der Stadt durch die Abſchaffung der Meſſe Noth entſtehe. Man zweifelte nicht, der Erzbiſchof Cardinal Albrecht werde Ernſt gegen ſie brauchen. Sie eilten einen Canal von der Elbe nach den Stadtgräben zu ziehen, um dieſe nöthigenfalls mit Waſſer zu füllen; die Wälle wurden erhöht, die Palliſaden mit Böcken verſehen, die Arbeiter in den Werkſtätten mit einer kleinen Beſoldung in Dienſt genommen. Sie waren entſchloſſen, die in Beſitz genommene geiſtliche Autonomie mit Leib und Leben zu vertheidigen. Die Zeit ſollte ein ander Mal eintreten, wo ihr Entſchluß geprüft werden würde; damals kam es nicht ſo weit. 2 Einen ſehr ähnlichen Gang nahm die Sache ein paar 1 Urſach und Handlung in der kaiſ. loͤbl. und chriſtl. Stadt Magdeburg ein chriſtlich weſen und wandel belangende. Von Wolff Cycloff den Erznei Dr. 1524. Abgedruckt in Hahn’s Collectio Monumentorum II, 459. 2 Sebaſtian Langhans, damaliger Moͤllenvoigt hat eine Ge-
ſchichte des Jahres 1524 hinterlaſſen, deren Abdruck wohl zu wuͤn- ſchen waͤre. Bis dahin ſind Rathmanns Auszuͤge und ſonſtige Zu- ſammenſtellungen (III, 346—400) ſehr brauchbar. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0394" n="378"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sechstes Buch. Fuͤnftes Capitel</hi>.</fw><lb/> Chriſto, bei dem als bei ihrem Hauptmann wollen ſie rit-<lb/> terlich fechten.“ <note place="foot" n="1">Urſach und Handlung in der kaiſ. loͤbl. und chriſtl. Stadt<lb/> Magdeburg ein chriſtlich weſen und wandel belangende. Von Wolff<lb/> Cycloff den Erznei Dr. 1524. Abgedruckt in Hahn’s <hi rendition="#aq">Collectio<lb/> Monumentorum II,</hi> 459.</note> Am 17. Juli 1524 ward in allen Kir-<lb/> chen der Altſtadt ein Abendmahl nach Luthers Weiſe ge-<lb/> halten. Hierauf verſammelten ſich Rathsherrn und Hun-<lb/> dertmänner in ihrem Harniſch; die Bürgerſchaft nach ihren<lb/> fünf Vierteln mit Büchſen und Hallbarden; ſie ſchwuren<lb/> einander, ſich treulich beiſammen finden zu laſſen, wenn<lb/> der Stadt durch die Abſchaffung der Meſſe Noth entſtehe.<lb/> Man zweifelte nicht, der Erzbiſchof Cardinal Albrecht werde<lb/> Ernſt gegen ſie brauchen. Sie eilten einen Canal von der Elbe<lb/> nach den Stadtgräben zu ziehen, um dieſe nöthigenfalls mit<lb/> Waſſer zu füllen; die Wälle wurden erhöht, die Palliſaden<lb/> mit Böcken verſehen, die Arbeiter in den Werkſtätten mit<lb/> einer kleinen Beſoldung in Dienſt genommen. Sie waren<lb/> entſchloſſen, die in Beſitz genommene geiſtliche Autonomie<lb/> mit Leib und Leben zu vertheidigen. Die Zeit ſollte ein<lb/> ander Mal eintreten, wo ihr Entſchluß geprüft werden würde;<lb/> damals kam es nicht ſo weit. <note place="foot" n="2">Sebaſtian Langhans, damaliger Moͤllenvoigt hat eine Ge-<lb/> ſchichte des Jahres 1524 hinterlaſſen, deren Abdruck wohl zu wuͤn-<lb/> ſchen waͤre. Bis dahin ſind Rathmanns Auszuͤge und ſonſtige Zu-<lb/> ſammenſtellungen (<hi rendition="#aq">III,</hi> 346—400) ſehr brauchbar.</note></p><lb/> <p>Einen ſehr ähnlichen Gang nahm die Sache ein paar<lb/> Jahre ſpäter in Braunſchweig. Man las unter den Bür-<lb/> gern die Bücher Luthers, die Bibelüberſetzung; hauptſäch-<lb/> lich fühlte man ſich von ſeinen Liedern ergriffen; in allen<lb/> Häuſern ſang man ſie, die ganze Schuhſtraße erſcholl da-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [378/0394]
Sechstes Buch. Fuͤnftes Capitel.
Chriſto, bei dem als bei ihrem Hauptmann wollen ſie rit-
terlich fechten.“ 1 Am 17. Juli 1524 ward in allen Kir-
chen der Altſtadt ein Abendmahl nach Luthers Weiſe ge-
halten. Hierauf verſammelten ſich Rathsherrn und Hun-
dertmänner in ihrem Harniſch; die Bürgerſchaft nach ihren
fünf Vierteln mit Büchſen und Hallbarden; ſie ſchwuren
einander, ſich treulich beiſammen finden zu laſſen, wenn
der Stadt durch die Abſchaffung der Meſſe Noth entſtehe.
Man zweifelte nicht, der Erzbiſchof Cardinal Albrecht werde
Ernſt gegen ſie brauchen. Sie eilten einen Canal von der Elbe
nach den Stadtgräben zu ziehen, um dieſe nöthigenfalls mit
Waſſer zu füllen; die Wälle wurden erhöht, die Palliſaden
mit Böcken verſehen, die Arbeiter in den Werkſtätten mit
einer kleinen Beſoldung in Dienſt genommen. Sie waren
entſchloſſen, die in Beſitz genommene geiſtliche Autonomie
mit Leib und Leben zu vertheidigen. Die Zeit ſollte ein
ander Mal eintreten, wo ihr Entſchluß geprüft werden würde;
damals kam es nicht ſo weit. 2
Einen ſehr ähnlichen Gang nahm die Sache ein paar
Jahre ſpäter in Braunſchweig. Man las unter den Bür-
gern die Bücher Luthers, die Bibelüberſetzung; hauptſäch-
lich fühlte man ſich von ſeinen Liedern ergriffen; in allen
Häuſern ſang man ſie, die ganze Schuhſtraße erſcholl da-
1 Urſach und Handlung in der kaiſ. loͤbl. und chriſtl. Stadt
Magdeburg ein chriſtlich weſen und wandel belangende. Von Wolff
Cycloff den Erznei Dr. 1524. Abgedruckt in Hahn’s Collectio
Monumentorum II, 459.
2 Sebaſtian Langhans, damaliger Moͤllenvoigt hat eine Ge-
ſchichte des Jahres 1524 hinterlaſſen, deren Abdruck wohl zu wuͤn-
ſchen waͤre. Bis dahin ſind Rathmanns Auszuͤge und ſonſtige Zu-
ſammenſtellungen (III, 346—400) ſehr brauchbar.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |