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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Ref. in d. niederdeutsch. Städten. Magdeburg.
mend da vorüberging, ließ ihn festnehmen. Aber schon be-
durfte es nichts mehr, um das schlummernde Feuer zu
wecken. Von den Zuhörern des Alten breitete sich die Be-
wegung über die ganze Stadt aus. Die Bürger, welche
hier schon seit 1330 wesentlichen Antheil an den weltlichen
Angelegenheiten nahmen, waren der Meinung, daß ihnen
ein nicht geringerer auch an der Verwaltung der geistlichen
zukomme. Zuerst, noch an demselben Tage, 6. Mai 1524,
schritt die St. Ulrichsgemeine dazu, sich in den Besitz die-
ses Rechtes zu setzen. Sie kam auf dem Kirchhof zusam-
men und beschloß, acht Männer aus ihrer Mitte zu wäh-
len, die mit ihrer Zustimmung in Zukunft das Kirchenre-
giment versehen und Prediger wählen sollten. Diesem Bei-
spiele folgten alle andern Gemeinden; der Rath fand sich
nicht berufen, es zu verhindern. Zur Seite der katholi-
schen Pfarrer wurden allenthalben evangelische Prediger
gewählt.

Unmöglich aber ließ sich ein Zustand dieser Art lange
behaupten. Die Pfarrer verwalteten die Messe nach altem
Ritus; die Prediger griffen nichts eifriger an als eben die
Messe. Es wurde keine Ruhe, bis die Pfarrer entweder
übertraten, wie M. Scultetus bei der Petrigemeinde, oder
schwiegen oder entfernt wurden. Die Kirchspiele St. Jo-
hann und St. Ulrich, eröffneten eine förmliche Verhandlung
mit dem Probst zu U. L. Fr., und da sich dieser weigerte,
ihnen Pfarrer nach ihrem Sinne zu bewilligen, so sagten
sie sich feierlich von ihm los, "um ihre Zuflucht zu nehmen
zu dem einigen ewigen, mit dem göttlichen Eide bestätigten
allerhöchsten Pfarrer, Seelsorger, Bischof und Papst, Jesu

Ref. in d. niederdeutſch. Staͤdten. Magdeburg.
mend da vorüberging, ließ ihn feſtnehmen. Aber ſchon be-
durfte es nichts mehr, um das ſchlummernde Feuer zu
wecken. Von den Zuhörern des Alten breitete ſich die Be-
wegung über die ganze Stadt aus. Die Bürger, welche
hier ſchon ſeit 1330 weſentlichen Antheil an den weltlichen
Angelegenheiten nahmen, waren der Meinung, daß ihnen
ein nicht geringerer auch an der Verwaltung der geiſtlichen
zukomme. Zuerſt, noch an demſelben Tage, 6. Mai 1524,
ſchritt die St. Ulrichsgemeine dazu, ſich in den Beſitz die-
ſes Rechtes zu ſetzen. Sie kam auf dem Kirchhof zuſam-
men und beſchloß, acht Männer aus ihrer Mitte zu wäh-
len, die mit ihrer Zuſtimmung in Zukunft das Kirchenre-
giment verſehen und Prediger wählen ſollten. Dieſem Bei-
ſpiele folgten alle andern Gemeinden; der Rath fand ſich
nicht berufen, es zu verhindern. Zur Seite der katholi-
ſchen Pfarrer wurden allenthalben evangeliſche Prediger
gewählt.

Unmöglich aber ließ ſich ein Zuſtand dieſer Art lange
behaupten. Die Pfarrer verwalteten die Meſſe nach altem
Ritus; die Prediger griffen nichts eifriger an als eben die
Meſſe. Es wurde keine Ruhe, bis die Pfarrer entweder
übertraten, wie M. Scultetus bei der Petrigemeinde, oder
ſchwiegen oder entfernt wurden. Die Kirchſpiele St. Jo-
hann und St. Ulrich, eröffneten eine förmliche Verhandlung
mit dem Probſt zu U. L. Fr., und da ſich dieſer weigerte,
ihnen Pfarrer nach ihrem Sinne zu bewilligen, ſo ſagten
ſie ſich feierlich von ihm los, „um ihre Zuflucht zu nehmen
zu dem einigen ewigen, mit dem göttlichen Eide beſtätigten
allerhöchſten Pfarrer, Seelſorger, Biſchof und Papſt, Jeſu

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[377/0393] Ref. in d. niederdeutſch. Staͤdten. Magdeburg. mend da vorüberging, ließ ihn feſtnehmen. Aber ſchon be- durfte es nichts mehr, um das ſchlummernde Feuer zu wecken. Von den Zuhörern des Alten breitete ſich die Be- wegung über die ganze Stadt aus. Die Bürger, welche hier ſchon ſeit 1330 weſentlichen Antheil an den weltlichen Angelegenheiten nahmen, waren der Meinung, daß ihnen ein nicht geringerer auch an der Verwaltung der geiſtlichen zukomme. Zuerſt, noch an demſelben Tage, 6. Mai 1524, ſchritt die St. Ulrichsgemeine dazu, ſich in den Beſitz die- ſes Rechtes zu ſetzen. Sie kam auf dem Kirchhof zuſam- men und beſchloß, acht Männer aus ihrer Mitte zu wäh- len, die mit ihrer Zuſtimmung in Zukunft das Kirchenre- giment verſehen und Prediger wählen ſollten. Dieſem Bei- ſpiele folgten alle andern Gemeinden; der Rath fand ſich nicht berufen, es zu verhindern. Zur Seite der katholi- ſchen Pfarrer wurden allenthalben evangeliſche Prediger gewählt. Unmöglich aber ließ ſich ein Zuſtand dieſer Art lange behaupten. Die Pfarrer verwalteten die Meſſe nach altem Ritus; die Prediger griffen nichts eifriger an als eben die Meſſe. Es wurde keine Ruhe, bis die Pfarrer entweder übertraten, wie M. Scultetus bei der Petrigemeinde, oder ſchwiegen oder entfernt wurden. Die Kirchſpiele St. Jo- hann und St. Ulrich, eröffneten eine förmliche Verhandlung mit dem Probſt zu U. L. Fr., und da ſich dieſer weigerte, ihnen Pfarrer nach ihrem Sinne zu bewilligen, ſo ſagten ſie ſich feierlich von ihm los, „um ihre Zuflucht zu nehmen zu dem einigen ewigen, mit dem göttlichen Eide beſtätigten allerhöchſten Pfarrer, Seelſorger, Biſchof und Papſt, Jeſu

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/393>, abgerufen am 24.11.2024.