Sechstes Capitel. Angriff der Osmanen. Erster Religionsfriede. 1531, 32.
Das Schicksal hatte, wenn wir so sagen dürfen, dem Kaiser eine Zeitlang freie Hand gelassen, um die religiöse Irrung auf eine oder die andere Weise zu beseitigen. Er hatte zwei Jahre lang Friede gehabt.
Ein auffallendes Schauspiel aber bietet diese Zeit dar. Diejenigen, welche mit Krieg und Verderben gedroht, sehn wir auseinandergehn, einen Jeden seine besonderen Ge- schäfte besorgen.
Die Bedrohten dagegen halten ihre Gesichtspunkte unerschütterlich fest; und es gelingt ihnen eine religiös-po- litische Vereinigung von wahrhafter Energie zu gründen. Der Nachtheil, den die Reform in der Schweiz erleidet, muß ihrer Organisation in Deutschland zum Vortheil ge- reichen.
Das ist nun aber einmal immer so, und namentlich bringt es die Natur deutscher Verhältnisse mit sich, daß die erkannte Nothwendigkeit gemeinschaftlicher Vertheidigung bei weitem besser vereinigt, als ein Plan des Angriffs.
Sechstes Capitel. Angriff der Osmanen. Erſter Religionsfriede. 1531, 32.
Das Schickſal hatte, wenn wir ſo ſagen dürfen, dem Kaiſer eine Zeitlang freie Hand gelaſſen, um die religiöſe Irrung auf eine oder die andere Weiſe zu beſeitigen. Er hatte zwei Jahre lang Friede gehabt.
Ein auffallendes Schauſpiel aber bietet dieſe Zeit dar. Diejenigen, welche mit Krieg und Verderben gedroht, ſehn wir auseinandergehn, einen Jeden ſeine beſonderen Ge- ſchäfte beſorgen.
Die Bedrohten dagegen halten ihre Geſichtspunkte unerſchütterlich feſt; und es gelingt ihnen eine religiös-po- litiſche Vereinigung von wahrhafter Energie zu gründen. Der Nachtheil, den die Reform in der Schweiz erleidet, muß ihrer Organiſation in Deutſchland zum Vortheil ge- reichen.
Das iſt nun aber einmal immer ſo, und namentlich bringt es die Natur deutſcher Verhältniſſe mit ſich, daß die erkannte Nothwendigkeit gemeinſchaftlicher Vertheidigung bei weitem beſſer vereinigt, als ein Plan des Angriffs.
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[[399]/0415]
Sechstes Capitel.
Angriff der Osmanen. Erſter Religionsfriede.
1531, 32.
Das Schickſal hatte, wenn wir ſo ſagen dürfen, dem
Kaiſer eine Zeitlang freie Hand gelaſſen, um die religiöſe
Irrung auf eine oder die andere Weiſe zu beſeitigen. Er
hatte zwei Jahre lang Friede gehabt.
Ein auffallendes Schauſpiel aber bietet dieſe Zeit dar.
Diejenigen, welche mit Krieg und Verderben gedroht, ſehn
wir auseinandergehn, einen Jeden ſeine beſonderen Ge-
ſchäfte beſorgen.
Die Bedrohten dagegen halten ihre Geſichtspunkte
unerſchütterlich feſt; und es gelingt ihnen eine religiös-po-
litiſche Vereinigung von wahrhafter Energie zu gründen.
Der Nachtheil, den die Reform in der Schweiz erleidet,
muß ihrer Organiſation in Deutſchland zum Vortheil ge-
reichen.
Das iſt nun aber einmal immer ſo, und namentlich
bringt es die Natur deutſcher Verhältniſſe mit ſich, daß
die erkannte Nothwendigkeit gemeinſchaftlicher Vertheidigung
bei weitem beſſer vereinigt, als ein Plan des Angriffs.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. [399]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/415>, abgerufen am 24.11.2024.
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