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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Auflösung des schwäbischen Bundes.
jährten Ansprüchen, von dem alten Stamm und Namen, der
die Zuneigung der angebornen Unterthanen besaß. Für den
Moment bekam es aber erst dadurch rechten Nachdruck,
daß auch die Herzoge von Baiern, denen der Vater höchst
widerwärtig gewesen, deren Vereinigung mit dem schwäbi-
schen Bund hauptsächlich die Vertreibung desselben bewirkt
hatte, dem Sohne ihre Unterstützung gewährten.

Ueberhaupt stand der schwäbische Bund bereits auf
dem Punkte sich aufzulösen. Ein Motiv dazu war das
alte, daß sich die Fürsten nicht gewöhnen konnten, dem Bun-
desrath unterworfen zu seyn, in welchem Prälaten und Städte
so viel wie sie galten. Hessen, Trier und Pfalz schlossen
1532 eine besondere Vereinigung, in der sie einander ver-
sprachen, in die Erneuerung des Bundes nicht zu willigen. 1
Aber auch die Städte waren mißvergnügt, namentlich über
die streng katholische Haltung des Bundesgerichts: Ulm,
Augsburg und Nürnberg sehen wir sich unter einander selbst
zu gemeinschaftlicher Vertheidigung vereinigen. Die vor-
nehmste Verstimmung jedoch bewirkten eben die Verhältnisse
von Wirtemberg. Im Jahr 1530 war Wirtenberg mit
allen Vorrechten von Oestreich begabt, sogar aus der Kam-
mergerichtsmatrikel weggelassen worden; aller Lasten des
Reiches sollte es überhoben seyn. Und indessen waren dem
Bunde die Kriegskosten, die er 1519 bei der Eroberung
aufgewendet, noch immer nicht erstattet. 2 Der Kaiser und

1 Freitag nach Bernhardi. Die Einigung im Trierischen Ar-
chiv zu Coblenz.
2 Ferdinand an Carl 27. Apr. V. Md. sabe la d[i]cha liga no
quire mas servir en esto hasta ser pagados dello que por ello
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Aufloͤſung des ſchwaͤbiſchen Bundes.
jährten Anſprüchen, von dem alten Stamm und Namen, der
die Zuneigung der angebornen Unterthanen beſaß. Für den
Moment bekam es aber erſt dadurch rechten Nachdruck,
daß auch die Herzoge von Baiern, denen der Vater höchſt
widerwärtig geweſen, deren Vereinigung mit dem ſchwäbi-
ſchen Bund hauptſächlich die Vertreibung deſſelben bewirkt
hatte, dem Sohne ihre Unterſtützung gewährten.

Ueberhaupt ſtand der ſchwäbiſche Bund bereits auf
dem Punkte ſich aufzulöſen. Ein Motiv dazu war das
alte, daß ſich die Fürſten nicht gewöhnen konnten, dem Bun-
desrath unterworfen zu ſeyn, in welchem Prälaten und Städte
ſo viel wie ſie galten. Heſſen, Trier und Pfalz ſchloſſen
1532 eine beſondere Vereinigung, in der ſie einander ver-
ſprachen, in die Erneuerung des Bundes nicht zu willigen. 1
Aber auch die Städte waren mißvergnügt, namentlich über
die ſtreng katholiſche Haltung des Bundesgerichts: Ulm,
Augsburg und Nürnberg ſehen wir ſich unter einander ſelbſt
zu gemeinſchaftlicher Vertheidigung vereinigen. Die vor-
nehmſte Verſtimmung jedoch bewirkten eben die Verhältniſſe
von Wirtemberg. Im Jahr 1530 war Wirtenberg mit
allen Vorrechten von Oeſtreich begabt, ſogar aus der Kam-
mergerichtsmatrikel weggelaſſen worden; aller Laſten des
Reiches ſollte es überhoben ſeyn. Und indeſſen waren dem
Bunde die Kriegskoſten, die er 1519 bei der Eroberung
aufgewendet, noch immer nicht erſtattet. 2 Der Kaiſer und

1 Freitag nach Bernhardi. Die Einigung im Trieriſchen Ar-
chiv zu Coblenz.
2 Ferdinand an Carl 27. Apr. V. Md. sabe la d[i]cha liga no
quire mas servir en esto hasta ser pagados dello que por ello
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[351/0467] Aufloͤſung des ſchwaͤbiſchen Bundes. jährten Anſprüchen, von dem alten Stamm und Namen, der die Zuneigung der angebornen Unterthanen beſaß. Für den Moment bekam es aber erſt dadurch rechten Nachdruck, daß auch die Herzoge von Baiern, denen der Vater höchſt widerwärtig geweſen, deren Vereinigung mit dem ſchwäbi- ſchen Bund hauptſächlich die Vertreibung deſſelben bewirkt hatte, dem Sohne ihre Unterſtützung gewährten. Ueberhaupt ſtand der ſchwäbiſche Bund bereits auf dem Punkte ſich aufzulöſen. Ein Motiv dazu war das alte, daß ſich die Fürſten nicht gewöhnen konnten, dem Bun- desrath unterworfen zu ſeyn, in welchem Prälaten und Städte ſo viel wie ſie galten. Heſſen, Trier und Pfalz ſchloſſen 1532 eine beſondere Vereinigung, in der ſie einander ver- ſprachen, in die Erneuerung des Bundes nicht zu willigen. 1 Aber auch die Städte waren mißvergnügt, namentlich über die ſtreng katholiſche Haltung des Bundesgerichts: Ulm, Augsburg und Nürnberg ſehen wir ſich unter einander ſelbſt zu gemeinſchaftlicher Vertheidigung vereinigen. Die vor- nehmſte Verſtimmung jedoch bewirkten eben die Verhältniſſe von Wirtemberg. Im Jahr 1530 war Wirtenberg mit allen Vorrechten von Oeſtreich begabt, ſogar aus der Kam- mergerichtsmatrikel weggelaſſen worden; aller Laſten des Reiches ſollte es überhoben ſeyn. Und indeſſen waren dem Bunde die Kriegskoſten, die er 1519 bei der Eroberung aufgewendet, noch immer nicht erſtattet. 2 Der Kaiſer und 1 Freitag nach Bernhardi. Die Einigung im Trieriſchen Ar- chiv zu Coblenz. 2 Ferdinand an Carl 27. Apr. V. Md. sabe la dicha liga no quire mas servir en esto hasta ser pagados dello que por ello 29*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/467>, abgerufen am 24.11.2024.