Landgrafen zu strafen. 1 Nichts hätte der Absicht seiner Feinde besser entsprechen können.
In Deutschland aber war man doch weder von der einen noch von der andern Seite geneigt die Sache so weit kommen zu lassen.
Die angreifenden Fürsten fühlten sich nicht im Stande den Krieg lange hinzuziehn. Am wenigsten wollten sie sich für ein fremdes Interesse schlagen.
Hatte Franz I die deutschen Feindseligkeiten für sich zu benutzen gedacht, so war es auch ihre Absicht gewesen, mit französischer Hülfe zum Zweck zu kommen: nichts weiter.
Allerdings war in dem Vertrag wegen der Wahlsache ausgemacht, daß kein Theil ohne den andern Frieden schlie- ßen dürfe: aber wie Philipp von Hessen erinnerte, dieser Krieg war gar nicht zum Ausbruch gekommen. 2 Noch ehe er zu den Waffen griff, hatte er dem vorgebaut. Die Herzoge von Baiern hatten sich still verhalten: unbenutzt lag das französische Depositum in ihren Koffern.
Die ganze Frage war, ob König Ferdinand sich ent- schließen könne, Wirtemberg aufzugeben.
Aber auch für diesen war die Lage der Dinge höchst bedenklich. Sollte er, um das einmal Verlorene wieder zu erobern, alles in Gefahr setzen, was er mit besserm und unzweifelhaftem Rechte besaß? Man erinnerte ihn, wenn er nicht in ein paar Tagen schlagfertig sey, werde
1 Wir haben hierüber einen ausführlichen Bericht des Bischofs von Lunden, der an den rheinischen Höfen hin- und herzog, um diese Sache ins Werk zu setzen, vom 1. Aug. 1534 im Br. Archiv.
2 "Alldiweil man der wale sachen halben nicht krieget." In- struction Philipps für seine Gesandten an den König bei Rommel III, 65.
Sechstes Buch. Siebentes Capitel.
Landgrafen zu ſtrafen. 1 Nichts hätte der Abſicht ſeiner Feinde beſſer entſprechen können.
In Deutſchland aber war man doch weder von der einen noch von der andern Seite geneigt die Sache ſo weit kommen zu laſſen.
Die angreifenden Fürſten fühlten ſich nicht im Stande den Krieg lange hinzuziehn. Am wenigſten wollten ſie ſich für ein fremdes Intereſſe ſchlagen.
Hatte Franz I die deutſchen Feindſeligkeiten für ſich zu benutzen gedacht, ſo war es auch ihre Abſicht geweſen, mit franzöſiſcher Hülfe zum Zweck zu kommen: nichts weiter.
Allerdings war in dem Vertrag wegen der Wahlſache ausgemacht, daß kein Theil ohne den andern Frieden ſchlie- ßen dürfe: aber wie Philipp von Heſſen erinnerte, dieſer Krieg war gar nicht zum Ausbruch gekommen. 2 Noch ehe er zu den Waffen griff, hatte er dem vorgebaut. Die Herzoge von Baiern hatten ſich ſtill verhalten: unbenutzt lag das franzöſiſche Depoſitum in ihren Koffern.
Die ganze Frage war, ob König Ferdinand ſich ent- ſchließen könne, Wirtemberg aufzugeben.
Aber auch für dieſen war die Lage der Dinge höchſt bedenklich. Sollte er, um das einmal Verlorene wieder zu erobern, alles in Gefahr ſetzen, was er mit beſſerm und unzweifelhaftem Rechte beſaß? Man erinnerte ihn, wenn er nicht in ein paar Tagen ſchlagfertig ſey, werde
1 Wir haben hieruͤber einen ausfuͤhrlichen Bericht des Biſchofs von Lunden, der an den rheiniſchen Hoͤfen hin- und herzog, um dieſe Sache ins Werk zu ſetzen, vom 1. Aug. 1534 im Br. Archiv.
2 „Alldiweil man der wale ſachen halben nicht krieget.“ In- ſtruction Philipps fuͤr ſeine Geſandten an den Koͤnig bei Rommel III, 65.
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Sechstes Buch. Siebentes Capitel.
Landgrafen zu ſtrafen. 1 Nichts hätte der Abſicht ſeiner
Feinde beſſer entſprechen können.
In Deutſchland aber war man doch weder von der
einen noch von der andern Seite geneigt die Sache ſo
weit kommen zu laſſen.
Die angreifenden Fürſten fühlten ſich nicht im Stande
den Krieg lange hinzuziehn. Am wenigſten wollten ſie
ſich für ein fremdes Intereſſe ſchlagen.
Hatte Franz I die deutſchen Feindſeligkeiten für ſich zu
benutzen gedacht, ſo war es auch ihre Abſicht geweſen, mit
franzöſiſcher Hülfe zum Zweck zu kommen: nichts weiter.
Allerdings war in dem Vertrag wegen der Wahlſache
ausgemacht, daß kein Theil ohne den andern Frieden ſchlie-
ßen dürfe: aber wie Philipp von Heſſen erinnerte, dieſer
Krieg war gar nicht zum Ausbruch gekommen. 2 Noch
ehe er zu den Waffen griff, hatte er dem vorgebaut. Die
Herzoge von Baiern hatten ſich ſtill verhalten: unbenutzt
lag das franzöſiſche Depoſitum in ihren Koffern.
Die ganze Frage war, ob König Ferdinand ſich ent-
ſchließen könne, Wirtemberg aufzugeben.
Aber auch für dieſen war die Lage der Dinge höchſt
bedenklich. Sollte er, um das einmal Verlorene wieder
zu erobern, alles in Gefahr ſetzen, was er mit beſſerm
und unzweifelhaftem Rechte beſaß? Man erinnerte ihn,
wenn er nicht in ein paar Tagen ſchlagfertig ſey, werde
1 Wir haben hieruͤber einen ausfuͤhrlichen Bericht des Biſchofs
von Lunden, der an den rheiniſchen Hoͤfen hin- und herzog, um dieſe
Sache ins Werk zu ſetzen, vom 1. Aug. 1534 im Br. Archiv.
2 „Alldiweil man der wale ſachen halben nicht krieget.“ In-
ſtruction Philipps fuͤr ſeine Geſandten an den Koͤnig bei Rommel
III, 65.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/482>, abgerufen am 24.11.2024.
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