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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Sechstes Buch. Achtes Capitel.
Thore mit Hebebäumen ein, besetzten die Straßen, und dran-
gen in die Häuser, wo ihre Feinde ruhig schliefen. Sie
nahmen sie beinahe alle gefangen; die Räthe des Fürsten,
die vornehmsten Mitglieder des Domcapitels, des Ritter-
standes, ihre eignen ausgetretenen Rathsherrn: der Fürst
selbst war zu seinem Glück schon abgereist. Die Abgeord-
neten der kleinen Städte ließen sie gehen; die übrigen aber,
eben alle ihre alten Widersacher, führten sie auf ein paar
Wagen nach Münster zurück. 1 Wie freudig rührte der
Spielmann die Trommel, als der Zug nach wohlausge-
führtem Unternehmen, Mittag um 11 Uhr, die Stadt wie
im Triumph wieder erreichte.

Und hiedurch nun gelangten sie zunächst wirklich zu ih-
rem Zweck. Zu einem eigentlichen Angriff konnte der Bischof
nicht schreiten: hätte er auch die Kräfte dazu gehabt, so
hätte er doch die Rache der Bürger an ihren Gefangenen
fürchten müssen. Vielmehr ersuchten ihn die besorgten Ver-
wandten dieser Gefangenen, die Feindseligkeiten einzustellen,
die sie einst selbst veranlaßt hatten. 2 Unter hessischer Ver-
mittelung kam im Februar 1533 ein Friede zu Stande,
in welchem der Stadt für ihre sechs Pfarrkirchen, in Hin-
sicht der Cerimonien so gut wie der Predigt die Freiheit

1 Instruction und Berichtung des münsterschen Marschalls
Thanne von Hardt in den Klevischen Acten des Düsseldorfer Archivs
erzählt. Unterhandlungen und Angriff wie bekannt: "alsdann etlich
unser gewaltigen Herren von Münster, desgleichen rede verordnete
eins Domcapitels u. der Ritterschap, ok somige ander des Adels, ok
somige von den Stedten gefenglich genummen, -- --
2 Schreiben des Confirmirten Franz 17. Jan. 33. "sind wir
durch etzliche Grafen auch ein trefflichen Adel u. Verwandte, sunder-
lich den von Buern und Mengersheim umb Erlösung derselben die
also in unserm Dienst niedergelacht, sehr heftig angesoicht."

Sechstes Buch. Achtes Capitel.
Thore mit Hebebäumen ein, beſetzten die Straßen, und dran-
gen in die Häuſer, wo ihre Feinde ruhig ſchliefen. Sie
nahmen ſie beinahe alle gefangen; die Räthe des Fürſten,
die vornehmſten Mitglieder des Domcapitels, des Ritter-
ſtandes, ihre eignen ausgetretenen Rathsherrn: der Fürſt
ſelbſt war zu ſeinem Glück ſchon abgereiſt. Die Abgeord-
neten der kleinen Städte ließen ſie gehen; die übrigen aber,
eben alle ihre alten Widerſacher, führten ſie auf ein paar
Wagen nach Münſter zurück. 1 Wie freudig rührte der
Spielmann die Trommel, als der Zug nach wohlausge-
führtem Unternehmen, Mittag um 11 Uhr, die Stadt wie
im Triumph wieder erreichte.

Und hiedurch nun gelangten ſie zunächſt wirklich zu ih-
rem Zweck. Zu einem eigentlichen Angriff konnte der Biſchof
nicht ſchreiten: hätte er auch die Kräfte dazu gehabt, ſo
hätte er doch die Rache der Bürger an ihren Gefangenen
fürchten müſſen. Vielmehr erſuchten ihn die beſorgten Ver-
wandten dieſer Gefangenen, die Feindſeligkeiten einzuſtellen,
die ſie einſt ſelbſt veranlaßt hatten. 2 Unter heſſiſcher Ver-
mittelung kam im Februar 1533 ein Friede zu Stande,
in welchem der Stadt für ihre ſechs Pfarrkirchen, in Hin-
ſicht der Cerimonien ſo gut wie der Predigt die Freiheit

1 Inſtruction und Berichtung des muͤnſterſchen Marſchalls
Thanne von Hardt in den Kleviſchen Acten des Duͤſſeldorfer Archivs
erzaͤhlt. Unterhandlungen und Angriff wie bekannt: „alsdann etlich
unſer gewaltigen Herren von Muͤnſter, desgleichen rede verordnete
eins Domcapitels u. der Ritterſchap, ok ſomige ander des Adels, ok
ſomige von den Stedten gefenglich genummen, — —
2 Schreiben des Confirmirten Franz 17. Jan. 33. „ſind wir
durch etzliche Grafen auch ein trefflichen Adel u. Verwandte, ſunder-
lich den von Buern und Mengersheim umb Erloͤſung derſelben die
alſo in unſerm Dienſt niedergelacht, ſehr heftig angeſoicht.“
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[500/0516] Sechstes Buch. Achtes Capitel. Thore mit Hebebäumen ein, beſetzten die Straßen, und dran- gen in die Häuſer, wo ihre Feinde ruhig ſchliefen. Sie nahmen ſie beinahe alle gefangen; die Räthe des Fürſten, die vornehmſten Mitglieder des Domcapitels, des Ritter- ſtandes, ihre eignen ausgetretenen Rathsherrn: der Fürſt ſelbſt war zu ſeinem Glück ſchon abgereiſt. Die Abgeord- neten der kleinen Städte ließen ſie gehen; die übrigen aber, eben alle ihre alten Widerſacher, führten ſie auf ein paar Wagen nach Münſter zurück. 1 Wie freudig rührte der Spielmann die Trommel, als der Zug nach wohlausge- führtem Unternehmen, Mittag um 11 Uhr, die Stadt wie im Triumph wieder erreichte. Und hiedurch nun gelangten ſie zunächſt wirklich zu ih- rem Zweck. Zu einem eigentlichen Angriff konnte der Biſchof nicht ſchreiten: hätte er auch die Kräfte dazu gehabt, ſo hätte er doch die Rache der Bürger an ihren Gefangenen fürchten müſſen. Vielmehr erſuchten ihn die beſorgten Ver- wandten dieſer Gefangenen, die Feindſeligkeiten einzuſtellen, die ſie einſt ſelbſt veranlaßt hatten. 2 Unter heſſiſcher Ver- mittelung kam im Februar 1533 ein Friede zu Stande, in welchem der Stadt für ihre ſechs Pfarrkirchen, in Hin- ſicht der Cerimonien ſo gut wie der Predigt die Freiheit 1 Inſtruction und Berichtung des muͤnſterſchen Marſchalls Thanne von Hardt in den Kleviſchen Acten des Duͤſſeldorfer Archivs erzaͤhlt. Unterhandlungen und Angriff wie bekannt: „alsdann etlich unſer gewaltigen Herren von Muͤnſter, desgleichen rede verordnete eins Domcapitels u. der Ritterſchap, ok ſomige ander des Adels, ok ſomige von den Stedten gefenglich genummen, — — 2 Schreiben des Confirmirten Franz 17. Jan. 33. „ſind wir durch etzliche Grafen auch ein trefflichen Adel u. Verwandte, ſunder- lich den von Buern und Mengersheim umb Erloͤſung derſelben die alſo in unſerm Dienſt niedergelacht, ſehr heftig angeſoicht.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/516>, abgerufen am 22.11.2024.