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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Zwingli.
von selbst nachfolgen müsse, so nahm Zwingli einen unmittel-
baren Anlauf auf die Verbesserung des Lebens; er faßte vor-
nehmlich die praktische Bedeutung des allgemeinen Inhalts
der Schrift ins Auge; seine ursprünglichen Gesichtspunkte
waren moralisch-politischer Natur: wodurch denn auch sein
religiöses Bestreben eine eigenthümliche Färbung empfing.

Und berühren wir hier auch mit einem Worte die
Frage über die Priorität seiner Reformbestrebungen, so läßt
sich nicht läugnen, daß er schon vor dem Jahre 1517 da-
hin zielende Gesinnungen entwickelt Lehren ausgesprochen
hatte. Indeß theilten auch viele Andre Ueberzeugungen die-
ser Art. Worauf alles ankommt, das ist der Kampf mit
der geistlichen Gewalt, die Befreiung von derselben. Die-
sen Kampf hat Luther allein und zuerst ausgehalten; er hat
der Lehre zuerst in einem nahmhaften deutschen Fürstenthum
freien Raum gemacht und die Emancipation begonnen. Als
Luther von Rom verdammt wurde, bezog Zwingli noch eine
Pension von Rom. Luther hatte schon vor Kaiser und Reich
gestanden, ehe Zwingli eine Anfechtung erfuhr. Der ganze
Kreis, in dem sich dieser bewegte, war ein anderer. Wäh-
rend wir dort immer die obersten Gewalten der Welt in
Thätigkeit erblicken, ist hier zunächst von der Lossagung ei-
ner Stadt von ihrem Bisthum die Rede. Diese haben
wir nunmehr zu betrachten.

Emancipation der Stadt Zürich von dem Bisthum
Constanz.

Wie die übrigen schweizerischen Städte, behauptete auch
Zürich schon längst dem Bisthum Constanz zu dem es ge-

Ranke d. Gesch. III. 5

Zwingli.
von ſelbſt nachfolgen müſſe, ſo nahm Zwingli einen unmittel-
baren Anlauf auf die Verbeſſerung des Lebens; er faßte vor-
nehmlich die praktiſche Bedeutung des allgemeinen Inhalts
der Schrift ins Auge; ſeine urſprünglichen Geſichtspunkte
waren moraliſch-politiſcher Natur: wodurch denn auch ſein
religiöſes Beſtreben eine eigenthümliche Färbung empfing.

Und berühren wir hier auch mit einem Worte die
Frage über die Priorität ſeiner Reformbeſtrebungen, ſo läßt
ſich nicht läugnen, daß er ſchon vor dem Jahre 1517 da-
hin zielende Geſinnungen entwickelt Lehren ausgeſprochen
hatte. Indeß theilten auch viele Andre Ueberzeugungen die-
ſer Art. Worauf alles ankommt, das iſt der Kampf mit
der geiſtlichen Gewalt, die Befreiung von derſelben. Die-
ſen Kampf hat Luther allein und zuerſt ausgehalten; er hat
der Lehre zuerſt in einem nahmhaften deutſchen Fürſtenthum
freien Raum gemacht und die Emancipation begonnen. Als
Luther von Rom verdammt wurde, bezog Zwingli noch eine
Penſion von Rom. Luther hatte ſchon vor Kaiſer und Reich
geſtanden, ehe Zwingli eine Anfechtung erfuhr. Der ganze
Kreis, in dem ſich dieſer bewegte, war ein anderer. Wäh-
rend wir dort immer die oberſten Gewalten der Welt in
Thätigkeit erblicken, iſt hier zunächſt von der Losſagung ei-
ner Stadt von ihrem Bisthum die Rede. Dieſe haben
wir nunmehr zu betrachten.

Emancipation der Stadt Zürich von dem Bisthum
Conſtanz.

Wie die übrigen ſchweizeriſchen Städte, behauptete auch
Zürich ſchon längſt dem Bisthum Conſtanz zu dem es ge-

Ranke d. Geſch. III. 5
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[65/0081] Zwingli. von ſelbſt nachfolgen müſſe, ſo nahm Zwingli einen unmittel- baren Anlauf auf die Verbeſſerung des Lebens; er faßte vor- nehmlich die praktiſche Bedeutung des allgemeinen Inhalts der Schrift ins Auge; ſeine urſprünglichen Geſichtspunkte waren moraliſch-politiſcher Natur: wodurch denn auch ſein religiöſes Beſtreben eine eigenthümliche Färbung empfing. Und berühren wir hier auch mit einem Worte die Frage über die Priorität ſeiner Reformbeſtrebungen, ſo läßt ſich nicht läugnen, daß er ſchon vor dem Jahre 1517 da- hin zielende Geſinnungen entwickelt Lehren ausgeſprochen hatte. Indeß theilten auch viele Andre Ueberzeugungen die- ſer Art. Worauf alles ankommt, das iſt der Kampf mit der geiſtlichen Gewalt, die Befreiung von derſelben. Die- ſen Kampf hat Luther allein und zuerſt ausgehalten; er hat der Lehre zuerſt in einem nahmhaften deutſchen Fürſtenthum freien Raum gemacht und die Emancipation begonnen. Als Luther von Rom verdammt wurde, bezog Zwingli noch eine Penſion von Rom. Luther hatte ſchon vor Kaiſer und Reich geſtanden, ehe Zwingli eine Anfechtung erfuhr. Der ganze Kreis, in dem ſich dieſer bewegte, war ein anderer. Wäh- rend wir dort immer die oberſten Gewalten der Welt in Thätigkeit erblicken, iſt hier zunächſt von der Losſagung ei- ner Stadt von ihrem Bisthum die Rede. Dieſe haben wir nunmehr zu betrachten. Emancipation der Stadt Zürich von dem Bisthum Conſtanz. Wie die übrigen ſchweizeriſchen Städte, behauptete auch Zürich ſchon längſt dem Bisthum Conſtanz zu dem es ge- Ranke d. Geſch. III. 5

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/81>, abgerufen am 24.11.2024.