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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Drittes Capitel.

Bei weitem mehr aber als auf den jüngern richteten
sich alle Blicke auf den ältern Bruder: nicht allein weil
er zwei Drittheil der väterlichen Lande beherrschte, sondern
weil seine churfürstliche Würde ihm einen größern Einfluß
auf die allgemeinen Angelegenheiten sicherte.

Churfürst Joachim war eine von Grund aus friedfer-
tige Natur: er hätte mit jedermann in der Nähe und Ferne
in gutem Vernehmen zu stehen gewünscht. Auch in seinem
Hause wollte er nur vergnügte Gesichter sehen; er liebte es
sich äußerlich wohl zu befinden, fürstlich zu wohnen, eine
gute Tafel zu führen; gern veranstaltete er ritterliche Fest-
lichkeiten, prächtige Bankette; zu den Reichstagen begab er
sich mit zahlreichem Gefolge, dessen Kosten seine Mittel bei

graf Johann in dieser Angelegenheit mit Heinrich von Braunschweig
und Johann Friedrich von Sachsen wechselte. Leider geben sie doch
nur fragmentarische Auskunft. Die Zusammenkunft in Halle fällt
Ostern 1536, die bei Weißenfels Juni 1536; im Herbst 1536 ward
Johann beim Ausschreiben der Bundeshülfe übergangen; im April
1537 fragt Johann Friedrich bei dem Markgrafen an, ob es ihm
mit der Äußerung die er in Zeitz kurz vorher gegen Landgraf Phi-
lipp
gethan, in den schmalkaldischen Bund treten zu wollen, ein Ernst
sey; da der Markgraf dieß bejaht, so beginnen die Unterhandlungen
im Mai 1537. Das Schreiben des Markgrafen, worin er sich be-
reit erklärt, ist undatirt; doch muß es in die erste Hälfte des Mai
fallen; die Antwort Johann Friedrichs ist vom 22 Mai Dienstag in
den Pfingstferien. Ein sächsischer Rath, Johann von Pack, über-
brachte die Bundesformel; doch dauerte es noch lange ehe man sich
über die Bedingungen vereinigte. Die Beitrittsurkunde des Mark-
grafen ist vom 5 Juli 1538. In dem Revers, der vorangieng, heißt
es: "Weil wir dann zu erkenntniß gotlichs worts und reiner lere
sonder zweifel durch seiner allmechtigkeit sonderliche schickung und ver-
sehung kommen und wir aber nach got kein ander noch besser mittel
zu finden gewußt, welchs uns unsern landen und leuten dazu dienst-
lich das wir und sie bei dem gotlichen wort und einmal erkanter war-
hait pleiben und gelassen werden --".
Siebentes Buch. Drittes Capitel.

Bei weitem mehr aber als auf den jüngern richteten
ſich alle Blicke auf den ältern Bruder: nicht allein weil
er zwei Drittheil der väterlichen Lande beherrſchte, ſondern
weil ſeine churfürſtliche Würde ihm einen größern Einfluß
auf die allgemeinen Angelegenheiten ſicherte.

Churfürſt Joachim war eine von Grund aus friedfer-
tige Natur: er hätte mit jedermann in der Nähe und Ferne
in gutem Vernehmen zu ſtehen gewünſcht. Auch in ſeinem
Hauſe wollte er nur vergnügte Geſichter ſehen; er liebte es
ſich äußerlich wohl zu befinden, fürſtlich zu wohnen, eine
gute Tafel zu führen; gern veranſtaltete er ritterliche Feſt-
lichkeiten, prächtige Bankette; zu den Reichstagen begab er
ſich mit zahlreichem Gefolge, deſſen Koſten ſeine Mittel bei

graf Johann in dieſer Angelegenheit mit Heinrich von Braunſchweig
und Johann Friedrich von Sachſen wechſelte. Leider geben ſie doch
nur fragmentariſche Auskunft. Die Zuſammenkunft in Halle faͤllt
Oſtern 1536, die bei Weißenfels Juni 1536; im Herbſt 1536 ward
Johann beim Ausſchreiben der Bundeshuͤlfe uͤbergangen; im April
1537 fragt Johann Friedrich bei dem Markgrafen an, ob es ihm
mit der Aͤußerung die er in Zeitz kurz vorher gegen Landgraf Phi-
lipp
gethan, in den ſchmalkaldiſchen Bund treten zu wollen, ein Ernſt
ſey; da der Markgraf dieß bejaht, ſo beginnen die Unterhandlungen
im Mai 1537. Das Schreiben des Markgrafen, worin er ſich be-
reit erklaͤrt, iſt undatirt; doch muß es in die erſte Haͤlfte des Mai
fallen; die Antwort Johann Friedrichs iſt vom 22 Mai Dienſtag in
den Pfingſtferien. Ein ſaͤchſiſcher Rath, Johann von Pack, uͤber-
brachte die Bundesformel; doch dauerte es noch lange ehe man ſich
uͤber die Bedingungen vereinigte. Die Beitrittsurkunde des Mark-
grafen iſt vom 5 Juli 1538. In dem Revers, der vorangieng, heißt
es: „Weil wir dann zu erkenntniß gotlichs worts und reiner lere
ſonder zweifel durch ſeiner allmechtigkeit ſonderliche ſchickung und ver-
ſehung kommen und wir aber nach got kein ander noch beſſer mittel
zu finden gewußt, welchs uns unſern landen und leuten dazu dienſt-
lich das wir und ſie bei dem gotlichen wort und einmal erkanter war-
hait pleiben und gelaſſen werden —“.
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[148/0160] Siebentes Buch. Drittes Capitel. Bei weitem mehr aber als auf den jüngern richteten ſich alle Blicke auf den ältern Bruder: nicht allein weil er zwei Drittheil der väterlichen Lande beherrſchte, ſondern weil ſeine churfürſtliche Würde ihm einen größern Einfluß auf die allgemeinen Angelegenheiten ſicherte. Churfürſt Joachim war eine von Grund aus friedfer- tige Natur: er hätte mit jedermann in der Nähe und Ferne in gutem Vernehmen zu ſtehen gewünſcht. Auch in ſeinem Hauſe wollte er nur vergnügte Geſichter ſehen; er liebte es ſich äußerlich wohl zu befinden, fürſtlich zu wohnen, eine gute Tafel zu führen; gern veranſtaltete er ritterliche Feſt- lichkeiten, prächtige Bankette; zu den Reichstagen begab er ſich mit zahlreichem Gefolge, deſſen Koſten ſeine Mittel bei 1 1 graf Johann in dieſer Angelegenheit mit Heinrich von Braunſchweig und Johann Friedrich von Sachſen wechſelte. Leider geben ſie doch nur fragmentariſche Auskunft. Die Zuſammenkunft in Halle faͤllt Oſtern 1536, die bei Weißenfels Juni 1536; im Herbſt 1536 ward Johann beim Ausſchreiben der Bundeshuͤlfe uͤbergangen; im April 1537 fragt Johann Friedrich bei dem Markgrafen an, ob es ihm mit der Aͤußerung die er in Zeitz kurz vorher gegen Landgraf Phi- lipp gethan, in den ſchmalkaldiſchen Bund treten zu wollen, ein Ernſt ſey; da der Markgraf dieß bejaht, ſo beginnen die Unterhandlungen im Mai 1537. Das Schreiben des Markgrafen, worin er ſich be- reit erklaͤrt, iſt undatirt; doch muß es in die erſte Haͤlfte des Mai fallen; die Antwort Johann Friedrichs iſt vom 22 Mai Dienſtag in den Pfingſtferien. Ein ſaͤchſiſcher Rath, Johann von Pack, uͤber- brachte die Bundesformel; doch dauerte es noch lange ehe man ſich uͤber die Bedingungen vereinigte. Die Beitrittsurkunde des Mark- grafen iſt vom 5 Juli 1538. In dem Revers, der vorangieng, heißt es: „Weil wir dann zu erkenntniß gotlichs worts und reiner lere ſonder zweifel durch ſeiner allmechtigkeit ſonderliche ſchickung und ver- ſehung kommen und wir aber nach got kein ander noch beſſer mittel zu finden gewußt, welchs uns unſern landen und leuten dazu dienſt- lich das wir und ſie bei dem gotlichen wort und einmal erkanter war- hait pleiben und gelaſſen werden —“.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/160>, abgerufen am 27.11.2024.