Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Wechsel politischer Tendenzen. lung seiner eignen Tochter mit diesem Prinzen und zur Aus-stattung derselben mit den Niederlanden hinneigte. Von den damaligen Unruhen, aus denen man sehe daß den Niederlän- dern die Abwesenheit ihres Fürsten unerträglich vorkomme weshalb am Ende eine vollkommene Entfremdung befürchtet werden dürfte, nahm er einen Beweggrund dazu her. Muß man nicht überzeugt werden, daß es sein voller Ernst mit diesem Plane war, wenn man liest, wie er denselben seinem Sohne durch die Bemerkung, auch die verstorbene Kaiserin, die Mutter des Prinzen, sey damit einverstanden gewesen, annehmlich zu machen sucht? Und sogar noch weiter geht er in dieser Absicht die beiden Häuser zu vereinigen. Ein Sohn seines Bruders soll sich mit einer Tochter Franz I vermählen, und dabei, nur gegen Verzichtleistung auf eine Rente im Neapolitanischen, Mailand erhalten. Um keinen Zunder zu neuen Zwistigkeiten übrig zu lassen und auch den alten Streit über Navarra zu beendigen, soll sein Sohn Don Philipp sich mit der Erbin von Navarra verheirathen. 1 Diese enge Vereinigung der Häuser von Frankreich und Wechſel politiſcher Tendenzen. lung ſeiner eignen Tochter mit dieſem Prinzen und zur Aus-ſtattung derſelben mit den Niederlanden hinneigte. Von den damaligen Unruhen, aus denen man ſehe daß den Niederlän- dern die Abweſenheit ihres Fürſten unerträglich vorkomme weshalb am Ende eine vollkommene Entfremdung befürchtet werden dürfte, nahm er einen Beweggrund dazu her. Muß man nicht überzeugt werden, daß es ſein voller Ernſt mit dieſem Plane war, wenn man lieſt, wie er denſelben ſeinem Sohne durch die Bemerkung, auch die verſtorbene Kaiſerin, die Mutter des Prinzen, ſey damit einverſtanden geweſen, annehmlich zu machen ſucht? Und ſogar noch weiter geht er in dieſer Abſicht die beiden Häuſer zu vereinigen. Ein Sohn ſeines Bruders ſoll ſich mit einer Tochter Franz I vermählen, und dabei, nur gegen Verzichtleiſtung auf eine Rente im Neapolitaniſchen, Mailand erhalten. Um keinen Zunder zu neuen Zwiſtigkeiten übrig zu laſſen und auch den alten Streit über Navarra zu beendigen, ſoll ſein Sohn Don Philipp ſich mit der Erbin von Navarra verheirathen. 1 Dieſe enge Vereinigung der Häuſer von Frankreich und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0187" n="175"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Wechſel politiſcher Tendenzen</hi>.</fw><lb/> lung ſeiner eignen Tochter mit dieſem Prinzen und zur Aus-<lb/> ſtattung derſelben mit den <placeName>Niederlanden</placeName> hinneigte. Von den<lb/> damaligen Unruhen, aus denen man ſehe daß den Niederlän-<lb/> dern die Abweſenheit ihres Fürſten unerträglich vorkomme<lb/> weshalb am Ende eine vollkommene Entfremdung befürchtet<lb/> werden dürfte, nahm er einen Beweggrund dazu her. Muß<lb/> man nicht überzeugt werden, daß es ſein voller Ernſt mit<lb/> dieſem Plane war, wenn man lieſt, wie er denſelben ſeinem<lb/> Sohne durch die Bemerkung, auch die verſtorbene Kaiſerin,<lb/> die Mutter des Prinzen, ſey damit einverſtanden geweſen,<lb/> annehmlich zu machen ſucht? Und ſogar noch weiter geht<lb/> er in dieſer Abſicht die beiden Häuſer zu vereinigen. Ein<lb/> Sohn ſeines Bruders ſoll ſich mit einer Tochter <persName ref=" http://d-nb.info/gnd/118534947">Franz <hi rendition="#aq">I</hi></persName><lb/> vermählen, und dabei, nur gegen Verzichtleiſtung auf eine<lb/> Rente im Neapolitaniſchen, <placeName>Mailand</placeName> erhalten. Um keinen<lb/> Zunder zu neuen Zwiſtigkeiten übrig zu laſſen und auch den<lb/> alten Streit über <placeName>Navarra</placeName> zu beendigen, ſoll ſein Sohn <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118593862">Don<lb/> Philipp</persName> ſich mit der Erbin von <placeName>Navarra</placeName> verheirathen. <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">Instruction de l’empereur <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118560093">Charles V</persName> lors de son depart<lb/> d’<placeName>Espagne</placeName> à son fils. 5 Nov. 1539. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118718444">Granv.</persName> II,</hi> 549.</note></p><lb/> <p>Dieſe enge Vereinigung der Häuſer von <placeName>Frankreich</placeName> und<lb/><placeName>Burgund</placeName>, die für das erſte ſo höchſt vortheilhaft geworden<lb/> wäre, ſollte nun aber jene univerſalen Plane vorbereiten. „Un-<lb/> ſer Sinn iſt dabei,“ ſagt der Kaiſer, „zugleich für die all-<lb/> gemeinen Angelegenheiten der Chriſtenheit zu ſorgen: ſowohl<lb/> die Pacification und Herbeibringung der von unſerm heil.<lb/> Glauben Abgewichenen als gegen die Türken.“ Wenigſtens<lb/> in der erſten Abſicht traf er mit den damaligen Gedanken des<lb/> Papſtes zuſammen: auch <placeName>Frankreich</placeName> ſchien auf dieſelbe ein-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [175/0187]
Wechſel politiſcher Tendenzen.
lung ſeiner eignen Tochter mit dieſem Prinzen und zur Aus-
ſtattung derſelben mit den Niederlanden hinneigte. Von den
damaligen Unruhen, aus denen man ſehe daß den Niederlän-
dern die Abweſenheit ihres Fürſten unerträglich vorkomme
weshalb am Ende eine vollkommene Entfremdung befürchtet
werden dürfte, nahm er einen Beweggrund dazu her. Muß
man nicht überzeugt werden, daß es ſein voller Ernſt mit
dieſem Plane war, wenn man lieſt, wie er denſelben ſeinem
Sohne durch die Bemerkung, auch die verſtorbene Kaiſerin,
die Mutter des Prinzen, ſey damit einverſtanden geweſen,
annehmlich zu machen ſucht? Und ſogar noch weiter geht
er in dieſer Abſicht die beiden Häuſer zu vereinigen. Ein
Sohn ſeines Bruders ſoll ſich mit einer Tochter Franz I
vermählen, und dabei, nur gegen Verzichtleiſtung auf eine
Rente im Neapolitaniſchen, Mailand erhalten. Um keinen
Zunder zu neuen Zwiſtigkeiten übrig zu laſſen und auch den
alten Streit über Navarra zu beendigen, ſoll ſein Sohn Don
Philipp ſich mit der Erbin von Navarra verheirathen. 1
Dieſe enge Vereinigung der Häuſer von Frankreich und
Burgund, die für das erſte ſo höchſt vortheilhaft geworden
wäre, ſollte nun aber jene univerſalen Plane vorbereiten. „Un-
ſer Sinn iſt dabei,“ ſagt der Kaiſer, „zugleich für die all-
gemeinen Angelegenheiten der Chriſtenheit zu ſorgen: ſowohl
die Pacification und Herbeibringung der von unſerm heil.
Glauben Abgewichenen als gegen die Türken.“ Wenigſtens
in der erſten Abſicht traf er mit den damaligen Gedanken des
Papſtes zuſammen: auch Frankreich ſchien auf dieſelbe ein-
1 Instruction de l’empereur Charles V lors de son depart
d’Espagne à son fils. 5 Nov. 1539. Granv. II, 549.
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