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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Viertes Capitel.
würdige, daß wenn wir ihn nur hören, nicht allein in seinen
amtlichen Erklärungen, sondern in seinen Briefen, den Ver-
handlungen mit seinen Räthen, die Richtung die er jedes Mal
einschlägt, ihm sehr ernstlich am Herzen zu liegen scheint und
keinerlei Hintersichhalten vermuthen lassen sollte.

Um ihn ganz zu fassen werden wir ihn noch eine Weile
zu beobachten haben.

Damals erklärte er wohl, er habe bisher den Weg ver-
fehlt, wenn er gedacht habe, seine und seines Bruders Fa-
milie noch enger zu vereinigen und aus beiden etwas Gro-
ßes zu bilden; Granvella habe ihm öfter gesagt, und er sehe
es jetzt ein, daß für den Dienst Gottes und das allgemeine
Wohl der Christenheit nichts so nothwendig sey wie die Ver-
bindung seines Hauses mit dem französischen. 1

Aus einer Instruction, die für seinen Sohn bestimmt
war, und im Fall seines Ablebens diesem zur Anweisung
dienen sollte, geht hervor, daß er nicht nur aufs neue die
Alternative in Berathung zog, von der schon öfter die Rede
gewesen, den zweiten Sohn des König Franz mit seiner Toch-
ter oder einer der Töchter des römischen Königs zu vermäh-
len, und das junge Paar dabei mit einer Landschaft auszu-
statten, sondern daß er sich schon bestimmter zur Vermäh-

1 Castelnau, eveque de Tarbe, au roy. Toledo 26 Nov.
1538 "qu'il avoit par cydevant perdu le nort dans ses affaires,
voulant unir sa maison avec celle du roi des Romains par ma-
riages de leurs enfans et en faire une grande chose, mais depuis
peu de tems il s'estoit resolu et arreste a ce que led. Granvelle
lui avait fait souvent sentir de loin, qu'il est necessaire pour le
service de dieu, et pour le bien universel de toute la chrestiente
que sad. maison et la vostre s'allient bien estroitement."

Siebentes Buch. Viertes Capitel.
würdige, daß wenn wir ihn nur hören, nicht allein in ſeinen
amtlichen Erklärungen, ſondern in ſeinen Briefen, den Ver-
handlungen mit ſeinen Räthen, die Richtung die er jedes Mal
einſchlägt, ihm ſehr ernſtlich am Herzen zu liegen ſcheint und
keinerlei Hinterſichhalten vermuthen laſſen ſollte.

Um ihn ganz zu faſſen werden wir ihn noch eine Weile
zu beobachten haben.

Damals erklärte er wohl, er habe bisher den Weg ver-
fehlt, wenn er gedacht habe, ſeine und ſeines Bruders Fa-
milie noch enger zu vereinigen und aus beiden etwas Gro-
ßes zu bilden; Granvella habe ihm öfter geſagt, und er ſehe
es jetzt ein, daß für den Dienſt Gottes und das allgemeine
Wohl der Chriſtenheit nichts ſo nothwendig ſey wie die Ver-
bindung ſeines Hauſes mit dem franzöſiſchen. 1

Aus einer Inſtruction, die für ſeinen Sohn beſtimmt
war, und im Fall ſeines Ablebens dieſem zur Anweiſung
dienen ſollte, geht hervor, daß er nicht nur aufs neue die
Alternative in Berathung zog, von der ſchon öfter die Rede
geweſen, den zweiten Sohn des König Franz mit ſeiner Toch-
ter oder einer der Töchter des römiſchen Königs zu vermäh-
len, und das junge Paar dabei mit einer Landſchaft auszu-
ſtatten, ſondern daß er ſich ſchon beſtimmter zur Vermäh-

1 Castelnau, eveque de Tarbe, au roy. Toledo 26 Nov.
1538 „qu’il avoit par cydevant perdu le nort dans ses affaires,
voulant unir sa maison avec celle du roi des Romains par ma-
riages de leurs enfans et en faire une grande chose, mais depuis
peu de tems il s’estoit resolu et arresté à ce que led. Granvelle
lui avait fait souvent sentir de loin, qu’il est necessaire pour le
service de dieu, et pour le bien universel de toute la chrestienté
que sad. maison et la vostre s’allient bien estroitement.“
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[174/0186] Siebentes Buch. Viertes Capitel. würdige, daß wenn wir ihn nur hören, nicht allein in ſeinen amtlichen Erklärungen, ſondern in ſeinen Briefen, den Ver- handlungen mit ſeinen Räthen, die Richtung die er jedes Mal einſchlägt, ihm ſehr ernſtlich am Herzen zu liegen ſcheint und keinerlei Hinterſichhalten vermuthen laſſen ſollte. Um ihn ganz zu faſſen werden wir ihn noch eine Weile zu beobachten haben. Damals erklärte er wohl, er habe bisher den Weg ver- fehlt, wenn er gedacht habe, ſeine und ſeines Bruders Fa- milie noch enger zu vereinigen und aus beiden etwas Gro- ßes zu bilden; Granvella habe ihm öfter geſagt, und er ſehe es jetzt ein, daß für den Dienſt Gottes und das allgemeine Wohl der Chriſtenheit nichts ſo nothwendig ſey wie die Ver- bindung ſeines Hauſes mit dem franzöſiſchen. 1 Aus einer Inſtruction, die für ſeinen Sohn beſtimmt war, und im Fall ſeines Ablebens dieſem zur Anweiſung dienen ſollte, geht hervor, daß er nicht nur aufs neue die Alternative in Berathung zog, von der ſchon öfter die Rede geweſen, den zweiten Sohn des König Franz mit ſeiner Toch- ter oder einer der Töchter des römiſchen Königs zu vermäh- len, und das junge Paar dabei mit einer Landſchaft auszu- ſtatten, ſondern daß er ſich ſchon beſtimmter zur Vermäh- 1 Castelnau, eveque de Tarbe, au roy. Toledo 26 Nov. 1538 „qu’il avoit par cydevant perdu le nort dans ses affaires, voulant unir sa maison avec celle du roi des Romains par ma- riages de leurs enfans et en faire une grande chose, mais depuis peu de tems il s’estoit resolu et arresté à ce que led. Granvelle lui avait fait souvent sentir de loin, qu’il est necessaire pour le service de dieu, et pour le bien universel de toute la chrestienté que sad. maison et la vostre s’allient bien estroitement.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/186>, abgerufen am 25.11.2024.