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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Fünftes Capitel.
gerichts, Ausschließung Aller die seit 1532 in den schmal-
kaldischen Bund getreten. Auf diese so oft vorgekommenen
Anmuthungen wiederholten die Protestanten die eben so oft
vernommenen Antworten: die geistlichen Güter seyen gerade
von ihnen zu ihren wahren Zwecken verwandt worden; das
Kammergericht nehme auf keine Weisung des Kaisers Rück-
sicht; auf jenen Frieden seyen andre Concessionen gefolgt,
in welchen von keinem Unterschied früherer oder späterer Mit-
glieder ihres Bundes die Rede sey. Damit drangen sie aber
nicht durch. Die Abgeordneten der Churfürsten wären ge-
neigt gewesen, eine Suspension der Rechtssachen zuzugeste-
hen; allein in den fürstlichen überwog der Geist des nürn-
bergischen Bundes: er wollte von dem Augsburger Abschied
nicht weichen, in welchem eben das System festgestellt wor-
den, das die Protestanten bekämpften. 1

Eben darum aber, weil es unmöglich war auf dem
Boden des Rechts einen Schritt weiter zu kommen, mochte
man wohl zu den höheren Prinzipien aufsteigen, von denen
der Ursprung des früher eingerichteten Zustandes, die gelten-
den Normen des Rechtes sich herleiteten.

Die kirchlich-weltliche Verfassung hieng mit den Ge-
bräuchen, die Gebräuche hiengen mit der Lehre auf das engste
zusammen. Nicht ein bloßes Rechtsinstitut war das Reich:
etwa zur Erhaltung der päpstlichen Autorität. Denn nicht
darum hatte Germanien die christliche Religion angenommen,
um dieser immer unterworfen zu bleiben, sondern um der

1 Erklärung der Majorität am 16ten, der Protestanten am 22sten
Juli. Im Anhang theile ich den noch ungedruckten Abschied von Ha-
genau
mit, nur eine Relation aus den gewechselten Schriften, aber
darum doppelt merkwürdig.

Siebentes Buch. Fuͤnftes Capitel.
gerichts, Ausſchließung Aller die ſeit 1532 in den ſchmal-
kaldiſchen Bund getreten. Auf dieſe ſo oft vorgekommenen
Anmuthungen wiederholten die Proteſtanten die eben ſo oft
vernommenen Antworten: die geiſtlichen Güter ſeyen gerade
von ihnen zu ihren wahren Zwecken verwandt worden; das
Kammergericht nehme auf keine Weiſung des Kaiſers Rück-
ſicht; auf jenen Frieden ſeyen andre Conceſſionen gefolgt,
in welchen von keinem Unterſchied früherer oder ſpäterer Mit-
glieder ihres Bundes die Rede ſey. Damit drangen ſie aber
nicht durch. Die Abgeordneten der Churfürſten wären ge-
neigt geweſen, eine Suspenſion der Rechtsſachen zuzugeſte-
hen; allein in den fürſtlichen überwog der Geiſt des nürn-
bergiſchen Bundes: er wollte von dem Augsburger Abſchied
nicht weichen, in welchem eben das Syſtem feſtgeſtellt wor-
den, das die Proteſtanten bekämpften. 1

Eben darum aber, weil es unmöglich war auf dem
Boden des Rechts einen Schritt weiter zu kommen, mochte
man wohl zu den höheren Prinzipien aufſteigen, von denen
der Urſprung des früher eingerichteten Zuſtandes, die gelten-
den Normen des Rechtes ſich herleiteten.

Die kirchlich-weltliche Verfaſſung hieng mit den Ge-
bräuchen, die Gebräuche hiengen mit der Lehre auf das engſte
zuſammen. Nicht ein bloßes Rechtsinſtitut war das Reich:
etwa zur Erhaltung der päpſtlichen Autorität. Denn nicht
darum hatte Germanien die chriſtliche Religion angenommen,
um dieſer immer unterworfen zu bleiben, ſondern um der

1 Erklaͤrung der Majoritaͤt am 16ten, der Proteſtanten am 22ſten
Juli. Im Anhang theile ich den noch ungedruckten Abſchied von Ha-
genau
mit, nur eine Relation aus den gewechſelten Schriften, aber
darum doppelt merkwuͤrdig.
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[192/0204] Siebentes Buch. Fuͤnftes Capitel. gerichts, Ausſchließung Aller die ſeit 1532 in den ſchmal- kaldiſchen Bund getreten. Auf dieſe ſo oft vorgekommenen Anmuthungen wiederholten die Proteſtanten die eben ſo oft vernommenen Antworten: die geiſtlichen Güter ſeyen gerade von ihnen zu ihren wahren Zwecken verwandt worden; das Kammergericht nehme auf keine Weiſung des Kaiſers Rück- ſicht; auf jenen Frieden ſeyen andre Conceſſionen gefolgt, in welchen von keinem Unterſchied früherer oder ſpäterer Mit- glieder ihres Bundes die Rede ſey. Damit drangen ſie aber nicht durch. Die Abgeordneten der Churfürſten wären ge- neigt geweſen, eine Suspenſion der Rechtsſachen zuzugeſte- hen; allein in den fürſtlichen überwog der Geiſt des nürn- bergiſchen Bundes: er wollte von dem Augsburger Abſchied nicht weichen, in welchem eben das Syſtem feſtgeſtellt wor- den, das die Proteſtanten bekämpften. 1 Eben darum aber, weil es unmöglich war auf dem Boden des Rechts einen Schritt weiter zu kommen, mochte man wohl zu den höheren Prinzipien aufſteigen, von denen der Urſprung des früher eingerichteten Zuſtandes, die gelten- den Normen des Rechtes ſich herleiteten. Die kirchlich-weltliche Verfaſſung hieng mit den Ge- bräuchen, die Gebräuche hiengen mit der Lehre auf das engſte zuſammen. Nicht ein bloßes Rechtsinſtitut war das Reich: etwa zur Erhaltung der päpſtlichen Autorität. Denn nicht darum hatte Germanien die chriſtliche Religion angenommen, um dieſer immer unterworfen zu bleiben, ſondern um der 1 Erklaͤrung der Majoritaͤt am 16ten, der Proteſtanten am 22ſten Juli. Im Anhang theile ich den noch ungedruckten Abſchied von Ha- genau mit, nur eine Relation aus den gewechſelten Schriften, aber darum doppelt merkwuͤrdig.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/204>, abgerufen am 27.11.2024.