Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Versammlung zu Hagenau. innern Wahrheit des Glaubens willen. Es blieb allezeit vor-behalten, von jener abzuweichen, wofern sie sich dem Irrthum hingab. Alsdann konnten auch die Einrichtungen und Rechte geändert werden; daran war kein Zweifel. Für die Nation lag alles daran, daß sie sich darüber verständigte. Und daß es dahin kommen könnte, durfte man viel- Die Unhaltbarkeit des Zustandes, von welchem die Pro- 1 Im Düsseldorfer Archiv findet sich das Original sammt ei- ner lateinischen Übersetzung, deren Zweck aus folgenden Worten er- hellt: Hanc ordinationem ego Carolus Haupt ex jussu Erasmi Ro- terodami, cum apud illum Friburgi Brisgoiae essem, verti in lin- guam latinam, ut Erasmus illam ordinationem intelligeret, nam Ranke D. Gesch. IV. 13
Verſammlung zu Hagenau. innern Wahrheit des Glaubens willen. Es blieb allezeit vor-behalten, von jener abzuweichen, wofern ſie ſich dem Irrthum hingab. Alsdann konnten auch die Einrichtungen und Rechte geändert werden; daran war kein Zweifel. Für die Nation lag alles daran, daß ſie ſich darüber verſtändigte. Und daß es dahin kommen könnte, durfte man viel- Die Unhaltbarkeit des Zuſtandes, von welchem die Pro- 1 Im Duͤſſeldorfer Archiv findet ſich das Original ſammt ei- ner lateiniſchen Uͤberſetzung, deren Zweck aus folgenden Worten er- hellt: Hanc ordinationem ego Carolus Haupt ex jussu Erasmi Ro- terodami, cum apud illum Friburgi Brisgoiae essem, verti in lin- guam latinam, ut Erasmus illam ordinationem intelligeret, nam Ranke D. Geſch. IV. 13
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0205" n="193"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Verſammlung zu <placeName>Hagenau</placeName></hi>.</fw><lb/> innern Wahrheit des Glaubens willen. Es blieb allezeit vor-<lb/> behalten, von jener abzuweichen, wofern ſie ſich dem Irrthum<lb/> hingab. Alsdann konnten auch die Einrichtungen und Rechte<lb/> geändert werden; daran war kein Zweifel. Für die Nation<lb/> lag alles daran, daß ſie ſich darüber verſtändigte.</p><lb/> <p>Und daß es dahin kommen könnte, durfte man viel-<lb/> leicht hoffen, wenn man die Regung betrachtete, welche ſich<lb/> damals in den Ländern die noch an den alten Dogmen feſt-<lb/> hielten, kund gab.</p><lb/> <p>Die Unhaltbarkeit des Zuſtandes, von welchem die Pro-<lb/> teſtanten auf eigne Hand ſich losgeriſſen, war immer ſtär-<lb/> ker zu allgemeinem Bewußtſeyn gekommen. Hatte ſich doch<lb/> ſelber der ſtrenge Herzog <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118716921">Georg</persName> in ſeinem letzten Lebensjahr<lb/> entſchloſſen, in ſeinem Lande zu einer Verbeſſerung zu ſchrei-<lb/> ten, nach der Idee einer angeblich apoſtoliſchen Kirche, welche<lb/> ſeine Geiſtlichen und Gelehrten realiſiren zu können meinten.<lb/> Im Jahre 1536 hatte der Churfürſt von <placeName>Cölln</placeName> die Biſchöfe<lb/> von <placeName>Lüttich</placeName>, <placeName>Utrecht</placeName>, <placeName>Münſter</placeName>, <placeName>Osnabrück</placeName> und <placeName>Minden</placeName> in<lb/> ſeiner Hauptſtadt verſammelt, und es waren Anordnungen<lb/> getroffen worden, die, wie ſehr ſie auch ſonſt auf dem al-<lb/> ten Begriffe beruhten, doch zugleich einige dem Geiſte des<lb/> reformirenden Zeitalters entſprechende Beſtimmungen enthiel-<lb/> ten, z. B. daß man den Aberglauben des Glockenweihens<lb/> vermeiden, nicht über das Fegfeuer disputiren ſolle. <note xml:id="fn9i" n="1" place="foot" next="#fn9f">Im Duͤſſeldorfer Archiv findet ſich das Original ſammt ei-<lb/> ner lateiniſchen Uͤberſetzung, deren Zweck aus folgenden Worten er-<lb/> hellt: <hi rendition="#aq">Hanc ordinationem ego <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118560093">Carolus Haupt</persName> ex jussu <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118530666">Erasmi Ro-<lb/> terodami</persName>, cum apud illum <placeName>Friburgi Brisgoiae</placeName> essem, verti in lin-<lb/> guam latinam, ut <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118530666">Erasmus</persName> illam ordinationem intelligeret, nam</hi></note> Da-<lb/> mit war freilich nur wenig geholfen. Andere meinten,<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118598279">Ranke</persName> D. Geſch. <hi rendition="#aq">IV.</hi> 13</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [193/0205]
Verſammlung zu Hagenau.
innern Wahrheit des Glaubens willen. Es blieb allezeit vor-
behalten, von jener abzuweichen, wofern ſie ſich dem Irrthum
hingab. Alsdann konnten auch die Einrichtungen und Rechte
geändert werden; daran war kein Zweifel. Für die Nation
lag alles daran, daß ſie ſich darüber verſtändigte.
Und daß es dahin kommen könnte, durfte man viel-
leicht hoffen, wenn man die Regung betrachtete, welche ſich
damals in den Ländern die noch an den alten Dogmen feſt-
hielten, kund gab.
Die Unhaltbarkeit des Zuſtandes, von welchem die Pro-
teſtanten auf eigne Hand ſich losgeriſſen, war immer ſtär-
ker zu allgemeinem Bewußtſeyn gekommen. Hatte ſich doch
ſelber der ſtrenge Herzog Georg in ſeinem letzten Lebensjahr
entſchloſſen, in ſeinem Lande zu einer Verbeſſerung zu ſchrei-
ten, nach der Idee einer angeblich apoſtoliſchen Kirche, welche
ſeine Geiſtlichen und Gelehrten realiſiren zu können meinten.
Im Jahre 1536 hatte der Churfürſt von Cölln die Biſchöfe
von Lüttich, Utrecht, Münſter, Osnabrück und Minden in
ſeiner Hauptſtadt verſammelt, und es waren Anordnungen
getroffen worden, die, wie ſehr ſie auch ſonſt auf dem al-
ten Begriffe beruhten, doch zugleich einige dem Geiſte des
reformirenden Zeitalters entſprechende Beſtimmungen enthiel-
ten, z. B. daß man den Aberglauben des Glockenweihens
vermeiden, nicht über das Fegfeuer disputiren ſolle. 1 Da-
mit war freilich nur wenig geholfen. Andere meinten,
1 Im Duͤſſeldorfer Archiv findet ſich das Original ſammt ei-
ner lateiniſchen Uͤberſetzung, deren Zweck aus folgenden Worten er-
hellt: Hanc ordinationem ego Carolus Haupt ex jussu Erasmi Ro-
terodami, cum apud illum Friburgi Brisgoiae essem, verti in lin-
guam latinam, ut Erasmus illam ordinationem intelligeret, nam
Ranke D. Geſch. IV. 13
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |