Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebentes Capitel.
Irrungen der protestantischen Fürsten; Unterneh-
mung gegen Braunschweig, 1542.

Indem sich die europäische Welt noch einmal in zwei
große Parteien spaltete, alle alten Feindseligkeiten sich aufs
neue gegen das Haus Östreich entluden, -- gewann eine Macht,
wie die protestantische, die über stattliche Mannschaften zu
verfügen hatte, und auf deren Haltung der Friede in Deutsch-
land
beruhte, eine noch stärkere allgemeine Bedeutung, als
sie ohnehin besaß.

Mochten die Evangelischen auch die Osmanen verab-
scheuen, -- wie denn das Gefühl eines Gegensatzes der Chri-
stenheit gegen den Islam, durch Luther angeregt, in ihnen
besonders lebendig war, -- und aus reichsständischer Pflicht
Annäherung an den König von Frankreich vermeiden, so kam
ihnen doch in der Theilnahme von Dänemark, das zu ihrem
Bunde gehörte, und von Cleve, dessen Rechte zum Theil auch
sächsische Rechte waren, das antiöstreichische Interesse beson-
ders nahe: durch diese entfernteren Bundesgenossen waren sie
gleichsam schon mit ergriffen und verwickelt.

Welche politische Haltung sie annehmen würden, mußte

Siebentes Capitel.
Irrungen der proteſtantiſchen Fürſten; Unterneh-
mung gegen Braunſchweig, 1542.

Indem ſich die europäiſche Welt noch einmal in zwei
große Parteien ſpaltete, alle alten Feindſeligkeiten ſich aufs
neue gegen das Haus Öſtreich entluden, — gewann eine Macht,
wie die proteſtantiſche, die über ſtattliche Mannſchaften zu
verfügen hatte, und auf deren Haltung der Friede in Deutſch-
land
beruhte, eine noch ſtärkere allgemeine Bedeutung, als
ſie ohnehin beſaß.

Mochten die Evangeliſchen auch die Osmanen verab-
ſcheuen, — wie denn das Gefühl eines Gegenſatzes der Chri-
ſtenheit gegen den Islam, durch Luther angeregt, in ihnen
beſonders lebendig war, — und aus reichsſtändiſcher Pflicht
Annäherung an den König von Frankreich vermeiden, ſo kam
ihnen doch in der Theilnahme von Dänemark, das zu ihrem
Bunde gehörte, und von Cleve, deſſen Rechte zum Theil auch
ſächſiſche Rechte waren, das antiöſtreichiſche Intereſſe beſon-
ders nahe: durch dieſe entfernteren Bundesgenoſſen waren ſie
gleichſam ſchon mit ergriffen und verwickelt.

Welche politiſche Haltung ſie annehmen würden, mußte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0267" n="[255]"/>
        <div n="2">
          <head xml:id="nav-267"><hi rendition="#g">Siebentes Capitel</hi>.<lb/>
Irrungen der prote&#x017F;tanti&#x017F;chen Für&#x017F;ten; Unterneh-<lb/>
mung gegen <placeName>Braun&#x017F;chweig</placeName>, 1542.</head><lb/>
          <p>Indem &#x017F;ich die europäi&#x017F;che Welt noch einmal in zwei<lb/>
große Parteien &#x017F;paltete, alle alten Feind&#x017F;eligkeiten &#x017F;ich aufs<lb/>
neue gegen das Haus Ö&#x017F;treich entluden, &#x2014; gewann eine Macht,<lb/>
wie die prote&#x017F;tanti&#x017F;che, die über &#x017F;tattliche Mann&#x017F;chaften zu<lb/>
verfügen hatte, und auf deren Haltung der Friede in <placeName>Deut&#x017F;ch-<lb/>
land</placeName> beruhte, eine noch &#x017F;tärkere allgemeine Bedeutung, als<lb/>
&#x017F;ie ohnehin be&#x017F;aß.</p><lb/>
          <p>Mochten die Evangeli&#x017F;chen auch die Osmanen verab-<lb/>
&#x017F;cheuen, &#x2014; wie denn das Gefühl eines Gegen&#x017F;atzes der Chri-<lb/>
&#x017F;tenheit gegen den Islam, durch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118575449">Luther</persName> angeregt, in ihnen<lb/>
be&#x017F;onders lebendig war, &#x2014; und aus reichs&#x017F;tändi&#x017F;cher Pflicht<lb/>
Annäherung an den König von <placeName>Frankreich</placeName> vermeiden, &#x017F;o kam<lb/>
ihnen doch in der Theilnahme von <placeName>Dänemark</placeName>, das zu ihrem<lb/>
Bunde gehörte, und von <placeName>Cleve</placeName>, de&#x017F;&#x017F;en Rechte zum Theil auch<lb/>
&#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;che Rechte waren, das antiö&#x017F;treichi&#x017F;che Intere&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;on-<lb/>
ders nahe: durch die&#x017F;e entfernteren Bundesgeno&#x017F;&#x017F;en waren &#x017F;ie<lb/>
gleich&#x017F;am &#x017F;chon mit ergriffen und verwickelt.</p><lb/>
          <p>Welche politi&#x017F;che Haltung &#x017F;ie annehmen würden, mußte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[255]/0267] Siebentes Capitel. Irrungen der proteſtantiſchen Fürſten; Unterneh- mung gegen Braunſchweig, 1542. Indem ſich die europäiſche Welt noch einmal in zwei große Parteien ſpaltete, alle alten Feindſeligkeiten ſich aufs neue gegen das Haus Öſtreich entluden, — gewann eine Macht, wie die proteſtantiſche, die über ſtattliche Mannſchaften zu verfügen hatte, und auf deren Haltung der Friede in Deutſch- land beruhte, eine noch ſtärkere allgemeine Bedeutung, als ſie ohnehin beſaß. Mochten die Evangeliſchen auch die Osmanen verab- ſcheuen, — wie denn das Gefühl eines Gegenſatzes der Chri- ſtenheit gegen den Islam, durch Luther angeregt, in ihnen beſonders lebendig war, — und aus reichsſtändiſcher Pflicht Annäherung an den König von Frankreich vermeiden, ſo kam ihnen doch in der Theilnahme von Dänemark, das zu ihrem Bunde gehörte, und von Cleve, deſſen Rechte zum Theil auch ſächſiſche Rechte waren, das antiöſtreichiſche Intereſſe beſon- ders nahe: durch dieſe entfernteren Bundesgenoſſen waren ſie gleichſam ſchon mit ergriffen und verwickelt. Welche politiſche Haltung ſie annehmen würden, mußte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/267
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. [255]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/267>, abgerufen am 28.11.2024.