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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Reformation in der Pfalz, in Östreich.
mer eine Anzahl Studirender aus Baiern findet, in den Jah-
ren 1540--1545 jedes Mal 5, 6, 8, 10 Neuinscribirte;
und außerdem noch immer einige aus München, oder Ingol-
stadt
, oder Freising. Namentlich in Ingolstadt hatte man im
Sommer 1543 viel mit Lutherisch-gesinnten zu kämpfen. 1

Bei weitem mächtiger aber waren diese Elemente in
Östreich. Am 13ten Dezember 1541 übergab eine Deputa-
tion der niederöstreichischen Stände dem König Ferdinand eine
Bittschrift, worin das Unglück der türkischen Kriege geradezu
von dem Widerstand hergeleitet wird den man dem göttlichen
Worte leiste, von dem Götzendienste den man noch treibe: denn
nicht anders bezeichnen sie die Heiligenverehrung. Sie flehen
den König an, wenigstens Niemand zu verjagen der den Ar-
tikel von der Rechtfertigung predige wie er in Regensburg
verglichen worden. 2 Scepperus, der in diesen Jahren in
Östreich reiste, versichert, er habe allenthalben das Volk mit
unkatholischen Meinungen angesteckt gefunden; aber die Edel-
leute noch mehr als das Volk: die meisten von ihnen seyen
von Herzen lutherisch; fast alle Schulmeister und Pfarrer die
er kennen gelernt, seyen aus der Melanchthonischen Schule
hervorgegangen. 3



Indessen machte sich auch an den westlichen Grenzen
des Reiches der Fortschritt der reformatorischen Bewegung
bemerkbar.


1 Quo (Ingolstadium) exitialis Lutheri lues afflarat. Or-
landinus
, hist. soc. Jesu lib. IV,
26.
2 Bucholtz VIII, 155.
3 Bref recueil etc., ein Bericht an den Kaiser. (Br. A.)

Reformation in der Pfalz, in Oͤſtreich.
mer eine Anzahl Studirender aus Baiern findet, in den Jah-
ren 1540—1545 jedes Mal 5, 6, 8, 10 Neuinſcribirte;
und außerdem noch immer einige aus München, oder Ingol-
ſtadt
, oder Freiſing. Namentlich in Ingolſtadt hatte man im
Sommer 1543 viel mit Lutheriſch-geſinnten zu kämpfen. 1

Bei weitem mächtiger aber waren dieſe Elemente in
Öſtreich. Am 13ten Dezember 1541 übergab eine Deputa-
tion der niederöſtreichiſchen Stände dem König Ferdinand eine
Bittſchrift, worin das Unglück der türkiſchen Kriege geradezu
von dem Widerſtand hergeleitet wird den man dem göttlichen
Worte leiſte, von dem Götzendienſte den man noch treibe: denn
nicht anders bezeichnen ſie die Heiligenverehrung. Sie flehen
den König an, wenigſtens Niemand zu verjagen der den Ar-
tikel von der Rechtfertigung predige wie er in Regensburg
verglichen worden. 2 Scepperus, der in dieſen Jahren in
Öſtreich reiſte, verſichert, er habe allenthalben das Volk mit
unkatholiſchen Meinungen angeſteckt gefunden; aber die Edel-
leute noch mehr als das Volk: die meiſten von ihnen ſeyen
von Herzen lutheriſch; faſt alle Schulmeiſter und Pfarrer die
er kennen gelernt, ſeyen aus der Melanchthoniſchen Schule
hervorgegangen. 3



Indeſſen machte ſich auch an den weſtlichen Grenzen
des Reiches der Fortſchritt der reformatoriſchen Bewegung
bemerkbar.


1 Quo (Ingolstadium) exitialis Lutheri lues afflarat. Or-
landinus
, hist. soc. Jesu lib. IV,
26.
2 Bucholtz VIII, 155.
3 Bref recueil etc., ein Bericht an den Kaiſer. (Br. A.)
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[325/0337] Reformation in der Pfalz, in Oͤſtreich. mer eine Anzahl Studirender aus Baiern findet, in den Jah- ren 1540—1545 jedes Mal 5, 6, 8, 10 Neuinſcribirte; und außerdem noch immer einige aus München, oder Ingol- ſtadt, oder Freiſing. Namentlich in Ingolſtadt hatte man im Sommer 1543 viel mit Lutheriſch-geſinnten zu kämpfen. 1 Bei weitem mächtiger aber waren dieſe Elemente in Öſtreich. Am 13ten Dezember 1541 übergab eine Deputa- tion der niederöſtreichiſchen Stände dem König Ferdinand eine Bittſchrift, worin das Unglück der türkiſchen Kriege geradezu von dem Widerſtand hergeleitet wird den man dem göttlichen Worte leiſte, von dem Götzendienſte den man noch treibe: denn nicht anders bezeichnen ſie die Heiligenverehrung. Sie flehen den König an, wenigſtens Niemand zu verjagen der den Ar- tikel von der Rechtfertigung predige wie er in Regensburg verglichen worden. 2 Scepperus, der in dieſen Jahren in Öſtreich reiſte, verſichert, er habe allenthalben das Volk mit unkatholiſchen Meinungen angeſteckt gefunden; aber die Edel- leute noch mehr als das Volk: die meiſten von ihnen ſeyen von Herzen lutheriſch; faſt alle Schulmeiſter und Pfarrer die er kennen gelernt, ſeyen aus der Melanchthoniſchen Schule hervorgegangen. 3 Indeſſen machte ſich auch an den weſtlichen Grenzen des Reiches der Fortſchritt der reformatoriſchen Bewegung bemerkbar. 1 Quo (Ingolstadium) exitialis Lutheri lues afflarat. Or- landinus, hist. soc. Jesu lib. IV, 26. 2 Bucholtz VIII, 155. 3 Bref recueil etc., ein Bericht an den Kaiſer. (Br. A.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/337>, abgerufen am 22.11.2024.