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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Ursprung des Krieges. Concilium.
theil. Noch lebten die Erinnerungen an Constanz und an
Basel und sie wurden jetzt ausdrücklich wieder ins Gedächt-
niß gerufen: die Reform der Kirche an Haupt und Glie-
dern, wie dort beabsichtigt worden, wahrhaftig nicht zu Gun-
sten der päpstlichen Curie, endlich durchzuführen, war an dem
kaiserlichen Hofe ein sehr verbreiteter Gedanke. Damit, meinte
man, müsse das Concilium beginnen: wie Christus, als er in
Jerusalem einzog, zuerst den Tempel gereinigt habe. Schon
Adrian VI, heiligen Andenkens, würde es vollführt und na-
mentlich den Deutschen Genugthuung gegeben haben, wäre
er länger am Leben geblieben. 1 Mendoza spottete jener Hof-
nung Farnese's, der Kaiser werde bei der Execution sich mit
den Protestanten entzweien: er meinte, diese Execution müsse
eben mit der Reform, d. i. am römischen Hofe selbst beginnen.

Sehr wohl waren Carl dem V die Befugnisse bekannt,
welche die alten römischen Kaiser, die er als seine Vorfahren
ansah, bei den kirchlichen Versammlungen ausgeübt. Könige
wie der König von England konnten auf ein Schisma den-
ken: ihm, dem Kaiser, konnte das niemals beikommen. Seine
Macht hatte ihrem ursprünglichen Character nach kirchliche
Attribute: diese geltend zu machen, gab derselben erst ihre
wahre Bedeutung wieder.

Und damit glaubte er sich mit den Deutschen, auch den
Protestanten, noch nicht zu entzweien.

Die Instruction seiner Räthe zum Reichstage von Worms,
der im März 1545 beginnen sollte, beweist, daß er an den letz-
ten Beschlüssen von Speier noch festhielt und sie auszuführen

1 Memoria de Don Francisco de Vargas 1545 bei Villa-
nueva
p. 412.

Urſprung des Krieges. Concilium.
theil. Noch lebten die Erinnerungen an Conſtanz und an
Baſel und ſie wurden jetzt ausdrücklich wieder ins Gedächt-
niß gerufen: die Reform der Kirche an Haupt und Glie-
dern, wie dort beabſichtigt worden, wahrhaftig nicht zu Gun-
ſten der päpſtlichen Curie, endlich durchzuführen, war an dem
kaiſerlichen Hofe ein ſehr verbreiteter Gedanke. Damit, meinte
man, müſſe das Concilium beginnen: wie Chriſtus, als er in
Jeruſalem einzog, zuerſt den Tempel gereinigt habe. Schon
Adrian VI, heiligen Andenkens, würde es vollführt und na-
mentlich den Deutſchen Genugthuung gegeben haben, wäre
er länger am Leben geblieben. 1 Mendoza ſpottete jener Hof-
nung Farneſe’s, der Kaiſer werde bei der Execution ſich mit
den Proteſtanten entzweien: er meinte, dieſe Execution müſſe
eben mit der Reform, d. i. am römiſchen Hofe ſelbſt beginnen.

Sehr wohl waren Carl dem V die Befugniſſe bekannt,
welche die alten römiſchen Kaiſer, die er als ſeine Vorfahren
anſah, bei den kirchlichen Verſammlungen ausgeübt. Könige
wie der König von England konnten auf ein Schisma den-
ken: ihm, dem Kaiſer, konnte das niemals beikommen. Seine
Macht hatte ihrem urſprünglichen Character nach kirchliche
Attribute: dieſe geltend zu machen, gab derſelben erſt ihre
wahre Bedeutung wieder.

Und damit glaubte er ſich mit den Deutſchen, auch den
Proteſtanten, noch nicht zu entzweien.

Die Inſtruction ſeiner Räthe zum Reichstage von Worms,
der im März 1545 beginnen ſollte, beweiſt, daß er an den letz-
ten Beſchlüſſen von Speier noch feſthielt und ſie auszuführen

1 Memoria de Don Francisco de Vargas 1545 bei Villa-
nueva
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[351/0363] Urſprung des Krieges. Concilium. theil. Noch lebten die Erinnerungen an Conſtanz und an Baſel und ſie wurden jetzt ausdrücklich wieder ins Gedächt- niß gerufen: die Reform der Kirche an Haupt und Glie- dern, wie dort beabſichtigt worden, wahrhaftig nicht zu Gun- ſten der päpſtlichen Curie, endlich durchzuführen, war an dem kaiſerlichen Hofe ein ſehr verbreiteter Gedanke. Damit, meinte man, müſſe das Concilium beginnen: wie Chriſtus, als er in Jeruſalem einzog, zuerſt den Tempel gereinigt habe. Schon Adrian VI, heiligen Andenkens, würde es vollführt und na- mentlich den Deutſchen Genugthuung gegeben haben, wäre er länger am Leben geblieben. 1 Mendoza ſpottete jener Hof- nung Farneſe’s, der Kaiſer werde bei der Execution ſich mit den Proteſtanten entzweien: er meinte, dieſe Execution müſſe eben mit der Reform, d. i. am römiſchen Hofe ſelbſt beginnen. Sehr wohl waren Carl dem V die Befugniſſe bekannt, welche die alten römiſchen Kaiſer, die er als ſeine Vorfahren anſah, bei den kirchlichen Verſammlungen ausgeübt. Könige wie der König von England konnten auf ein Schisma den- ken: ihm, dem Kaiſer, konnte das niemals beikommen. Seine Macht hatte ihrem urſprünglichen Character nach kirchliche Attribute: dieſe geltend zu machen, gab derſelben erſt ihre wahre Bedeutung wieder. Und damit glaubte er ſich mit den Deutſchen, auch den Proteſtanten, noch nicht zu entzweien. Die Inſtruction ſeiner Räthe zum Reichstage von Worms, der im März 1545 beginnen ſollte, beweiſt, daß er an den letz- ten Beſchlüſſen von Speier noch feſthielt und ſie auszuführen 1 Memoria de Don Francisco de Vargas 1545 bei Villa- nueva p. 412.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/363>, abgerufen am 22.11.2024.