Er sprach sich überhaupt so unumwunden aus, daß jene Majoritäten kein Bedenken weiter trugen aller Abweichung mit möglichster Strenge entgegenzutreten.
Zunächst forderte das Domcapitel einige zweifelhafte Mitglieder, z. B. den Rheingrafen, bei Strafe des verletzten Gehorsams, auf, ihre Gesinnung in Hinsicht der Religion zu erklären. Den Grafen von Horn kündigte es Bestrafung an, wofern sie nicht bis zu Pfingsten das Abendmahl un- ter einer Gestalt nehmen würden. Einem gelehrten Haus- genossen derselben gieng der Befehl zu, das Gebiet der Stadt bei scheinender Sonne zu verlassen.
Hierauf hielt die Universität eine allgemeine Versamm- lung ihrer Graduirten, und forderte sie auf, ihre Beistimmung zu der ergangenen Protestation zu erklären. Da einer der Professoren der Rechte, Dr Siegfried von Löwenburg, dieß abschlug, so eröffnete ihm die Universität, weil er sich in ei- ner so hochwichtigen Sache von ihr absondere, so könne er auch ihre Ehren und Würden nicht länger genießen: er müsse derselben beraubt seyn, bis er anders stimme. Zugleich be- schloß sie, in Zukunft Niemand zu promoviren der nicht vor- her ein Glaubensbekenntniß abgelegt habe.
Und nun vereinigten sich Clerus, Universität und Rath, der letzte wie er sagte auf ausdrücklichen mündlichen Be- fehl des Kaisers, die beiden ersten aber, damit der Rath nicht zu andern Mitteln greife, den erzbischöflichen Official zur Herstellung des Amtes der Inquisition ketzerischer Bos- heit aufzufordern. Der Erzbischof, hierüber angegangen, ant- wortete ausweichend; schon war es aber so weit gekommen, daß der Official keine Rücksicht mehr auf ihn nahm: er blieb
Urſprung des Krieges. Coͤllniſche Sache.
Er ſprach ſich überhaupt ſo unumwunden aus, daß jene Majoritäten kein Bedenken weiter trugen aller Abweichung mit möglichſter Strenge entgegenzutreten.
Zunächſt forderte das Domcapitel einige zweifelhafte Mitglieder, z. B. den Rheingrafen, bei Strafe des verletzten Gehorſams, auf, ihre Geſinnung in Hinſicht der Religion zu erklären. Den Grafen von Horn kündigte es Beſtrafung an, wofern ſie nicht bis zu Pfingſten das Abendmahl un- ter einer Geſtalt nehmen würden. Einem gelehrten Haus- genoſſen derſelben gieng der Befehl zu, das Gebiet der Stadt bei ſcheinender Sonne zu verlaſſen.
Hierauf hielt die Univerſität eine allgemeine Verſamm- lung ihrer Graduirten, und forderte ſie auf, ihre Beiſtimmung zu der ergangenen Proteſtation zu erklären. Da einer der Profeſſoren der Rechte, Dr Siegfried von Löwenburg, dieß abſchlug, ſo eröffnete ihm die Univerſität, weil er ſich in ei- ner ſo hochwichtigen Sache von ihr abſondere, ſo könne er auch ihre Ehren und Würden nicht länger genießen: er müſſe derſelben beraubt ſeyn, bis er anders ſtimme. Zugleich be- ſchloß ſie, in Zukunft Niemand zu promoviren der nicht vor- her ein Glaubensbekenntniß abgelegt habe.
Und nun vereinigten ſich Clerus, Univerſität und Rath, der letzte wie er ſagte auf ausdrücklichen mündlichen Be- fehl des Kaiſers, die beiden erſten aber, damit der Rath nicht zu andern Mitteln greife, den erzbiſchöflichen Official zur Herſtellung des Amtes der Inquiſition ketzeriſcher Bos- heit aufzufordern. Der Erzbiſchof, hierüber angegangen, ant- wortete ausweichend; ſchon war es aber ſo weit gekommen, daß der Official keine Rückſicht mehr auf ihn nahm: er blieb
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0373"n="361"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Urſprung des Krieges. Coͤllniſche Sache</hi>.</fw><lb/><p>Er ſprach ſich überhaupt ſo unumwunden aus, daß jene<lb/>
Majoritäten kein Bedenken weiter trugen aller Abweichung<lb/>
mit möglichſter Strenge entgegenzutreten.</p><lb/><p>Zunächſt forderte das Domcapitel einige zweifelhafte<lb/>
Mitglieder, z. B. den Rheingrafen, bei Strafe des verletzten<lb/>
Gehorſams, auf, ihre Geſinnung in Hinſicht der Religion<lb/>
zu erklären. Den Grafen von <placeName>Horn</placeName> kündigte es Beſtrafung<lb/>
an, wofern ſie nicht bis zu Pfingſten das Abendmahl un-<lb/>
ter einer Geſtalt nehmen würden. Einem gelehrten Haus-<lb/>
genoſſen derſelben gieng der Befehl zu, das Gebiet der Stadt<lb/>
bei ſcheinender Sonne zu verlaſſen.</p><lb/><p>Hierauf hielt die Univerſität eine allgemeine Verſamm-<lb/>
lung ihrer Graduirten, und forderte ſie auf, ihre Beiſtimmung<lb/>
zu der ergangenen Proteſtation zu erklären. Da einer der<lb/>
Profeſſoren der Rechte, Dr <persNameref="nognd">Siegfried von Löwenburg</persName>, dieß<lb/>
abſchlug, ſo eröffnete ihm die Univerſität, weil er ſich in ei-<lb/>
ner ſo hochwichtigen Sache von ihr abſondere, ſo könne er<lb/>
auch ihre Ehren und Würden nicht länger genießen: er müſſe<lb/>
derſelben beraubt ſeyn, bis er anders ſtimme. Zugleich be-<lb/>ſchloß ſie, in Zukunft Niemand zu promoviren der nicht vor-<lb/>
her ein Glaubensbekenntniß abgelegt habe.</p><lb/><p>Und nun vereinigten ſich Clerus, Univerſität und Rath,<lb/>
der letzte wie er ſagte auf ausdrücklichen mündlichen Be-<lb/>
fehl des Kaiſers, die beiden erſten aber, damit der Rath<lb/>
nicht zu andern Mitteln greife, den erzbiſchöflichen Official<lb/>
zur Herſtellung des Amtes der Inquiſition ketzeriſcher Bos-<lb/>
heit aufzufordern. Der Erzbiſchof, hierüber angegangen, ant-<lb/>
wortete ausweichend; ſchon war es aber ſo weit gekommen,<lb/>
daß der Official keine Rückſicht mehr auf ihn nahm: er blieb<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[361/0373]
Urſprung des Krieges. Coͤllniſche Sache.
Er ſprach ſich überhaupt ſo unumwunden aus, daß jene
Majoritäten kein Bedenken weiter trugen aller Abweichung
mit möglichſter Strenge entgegenzutreten.
Zunächſt forderte das Domcapitel einige zweifelhafte
Mitglieder, z. B. den Rheingrafen, bei Strafe des verletzten
Gehorſams, auf, ihre Geſinnung in Hinſicht der Religion
zu erklären. Den Grafen von Horn kündigte es Beſtrafung
an, wofern ſie nicht bis zu Pfingſten das Abendmahl un-
ter einer Geſtalt nehmen würden. Einem gelehrten Haus-
genoſſen derſelben gieng der Befehl zu, das Gebiet der Stadt
bei ſcheinender Sonne zu verlaſſen.
Hierauf hielt die Univerſität eine allgemeine Verſamm-
lung ihrer Graduirten, und forderte ſie auf, ihre Beiſtimmung
zu der ergangenen Proteſtation zu erklären. Da einer der
Profeſſoren der Rechte, Dr Siegfried von Löwenburg, dieß
abſchlug, ſo eröffnete ihm die Univerſität, weil er ſich in ei-
ner ſo hochwichtigen Sache von ihr abſondere, ſo könne er
auch ihre Ehren und Würden nicht länger genießen: er müſſe
derſelben beraubt ſeyn, bis er anders ſtimme. Zugleich be-
ſchloß ſie, in Zukunft Niemand zu promoviren der nicht vor-
her ein Glaubensbekenntniß abgelegt habe.
Und nun vereinigten ſich Clerus, Univerſität und Rath,
der letzte wie er ſagte auf ausdrücklichen mündlichen Be-
fehl des Kaiſers, die beiden erſten aber, damit der Rath
nicht zu andern Mitteln greife, den erzbiſchöflichen Official
zur Herſtellung des Amtes der Inquiſition ketzeriſcher Bos-
heit aufzufordern. Der Erzbiſchof, hierüber angegangen, ant-
wortete ausweichend; ſchon war es aber ſo weit gekommen,
daß der Official keine Rückſicht mehr auf ihn nahm: er blieb
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/373>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.