Das konnte aber alles nicht zum Ziel führen, wenn der Erzbischof von Cölln mit seinem Vorhaben durchdrang. Die cöllnische Sache war für den Kaiser in gewisser Hinsicht zu- gleich eine einheimisch-niederländische. Wollte er sein bis- heriges System behaupten, so mußte er dieser Bewegung ein Ende machen.
Da kam es ihm nun höchlich zu Statten, daß Dom- capitel, Universität und Clerus zu Cölln, nicht zwar die ge- sammten Corporationen, aber doch die Majoritäten welche im Namen derselben auftraten, gegen die Schritte des Erz- bischofes protestirten 1 und den Schutz von Kaiser und Papst dagegen anriefen. Daß sich die weltlichen Stände zu Gun- sten ihres Herrn verwandten, auch sie ihrerseits seine Unter- stützung gegen das Domcapitel in Anspruch nahmen, gab ihm nur um so größern Anlaß sich in die Sache zu mischen.
Schon öfter, mündlich und schriftlich, hatte er den Erz- bischof gewarnt; ein entscheidender Moment trat ein, als er Anfang Mai 1545, auf seinem Wege zum Reichstag, in Cölln anlangte.
Die erste Audienz gab er dem Clerus, der denn nicht verfehlte nochmals auf die wachsende Gefahr auch für Sr. Maj. Erbniederlande aufmerksam zu machen. Hierauf ward der Rath vorgelassen. Der Kaiser bezeigte demselben seine Verwunderung, daß man in der Stadt das Abendmahl un- ter beiden Gestalten nehme: sey der Rath nicht mächtig genug das zu verhindern, so wolle er, der Kaiser, es selber thun.
1 Das Instrument ist am 8 Oct. 1544 vom Procurator Hein- rich von Wildshusen vor dem Dompropst und Canzler der Univer- sität Georg von Braunschweig vollzogen.
Achtes Buch. Erſtes Capitel.
Das konnte aber alles nicht zum Ziel führen, wenn der Erzbiſchof von Cölln mit ſeinem Vorhaben durchdrang. Die cöllniſche Sache war für den Kaiſer in gewiſſer Hinſicht zu- gleich eine einheimiſch-niederländiſche. Wollte er ſein bis- heriges Syſtem behaupten, ſo mußte er dieſer Bewegung ein Ende machen.
Da kam es ihm nun höchlich zu Statten, daß Dom- capitel, Univerſität und Clerus zu Cölln, nicht zwar die ge- ſammten Corporationen, aber doch die Majoritäten welche im Namen derſelben auftraten, gegen die Schritte des Erz- biſchofes proteſtirten 1 und den Schutz von Kaiſer und Papſt dagegen anriefen. Daß ſich die weltlichen Stände zu Gun- ſten ihres Herrn verwandten, auch ſie ihrerſeits ſeine Unter- ſtützung gegen das Domcapitel in Anſpruch nahmen, gab ihm nur um ſo größern Anlaß ſich in die Sache zu miſchen.
Schon öfter, mündlich und ſchriftlich, hatte er den Erz- biſchof gewarnt; ein entſcheidender Moment trat ein, als er Anfang Mai 1545, auf ſeinem Wege zum Reichstag, in Cölln anlangte.
Die erſte Audienz gab er dem Clerus, der denn nicht verfehlte nochmals auf die wachſende Gefahr auch für Sr. Maj. Erbniederlande aufmerkſam zu machen. Hierauf ward der Rath vorgelaſſen. Der Kaiſer bezeigte demſelben ſeine Verwunderung, daß man in der Stadt das Abendmahl un- ter beiden Geſtalten nehme: ſey der Rath nicht mächtig genug das zu verhindern, ſo wolle er, der Kaiſer, es ſelber thun.
1 Das Inſtrument iſt am 8 Oct. 1544 vom Procurator Hein- rich von Wildshuſen vor dem Dompropſt und Canzler der Univer- ſitaͤt Georg von Braunſchweig vollzogen.
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Achtes Buch. Erſtes Capitel.
Das konnte aber alles nicht zum Ziel führen, wenn der
Erzbiſchof von Cölln mit ſeinem Vorhaben durchdrang. Die
cöllniſche Sache war für den Kaiſer in gewiſſer Hinſicht zu-
gleich eine einheimiſch-niederländiſche. Wollte er ſein bis-
heriges Syſtem behaupten, ſo mußte er dieſer Bewegung
ein Ende machen.
Da kam es ihm nun höchlich zu Statten, daß Dom-
capitel, Univerſität und Clerus zu Cölln, nicht zwar die ge-
ſammten Corporationen, aber doch die Majoritäten welche
im Namen derſelben auftraten, gegen die Schritte des Erz-
biſchofes proteſtirten 1 und den Schutz von Kaiſer und Papſt
dagegen anriefen. Daß ſich die weltlichen Stände zu Gun-
ſten ihres Herrn verwandten, auch ſie ihrerſeits ſeine Unter-
ſtützung gegen das Domcapitel in Anſpruch nahmen, gab
ihm nur um ſo größern Anlaß ſich in die Sache zu miſchen.
Schon öfter, mündlich und ſchriftlich, hatte er den Erz-
biſchof gewarnt; ein entſcheidender Moment trat ein, als er
Anfang Mai 1545, auf ſeinem Wege zum Reichstag, in
Cölln anlangte.
Die erſte Audienz gab er dem Clerus, der denn nicht
verfehlte nochmals auf die wachſende Gefahr auch für Sr.
Maj. Erbniederlande aufmerkſam zu machen. Hierauf ward
der Rath vorgelaſſen. Der Kaiſer bezeigte demſelben ſeine
Verwunderung, daß man in der Stadt das Abendmahl un-
ter beiden Geſtalten nehme: ſey der Rath nicht mächtig genug
das zu verhindern, ſo wolle er, der Kaiſer, es ſelber thun.
1 Das Inſtrument iſt am 8 Oct. 1544 vom Procurator Hein-
rich von Wildshuſen vor dem Dompropſt und Canzler der Univer-
ſitaͤt Georg von Braunſchweig vollzogen.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/372>, abgerufen am 22.11.2024.
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