faßten, die Mitglieder des schmalkaldischen Bundes, die in diesem Monat zu Frankfurt a. M. versammelt waren, er- suchte sich seiner Sache anzunehmen.
Doctor Siegbert und Bächel trugen daselbst zugleich im Namen des Erzbischofs und der Stiftsstände auf eine Mission des gesammten Bundes an den Kaiser an, 1 um denselben zu bitten, dem bisherigen Verfahren keinen weitern Raum zu geben und die cöllnische Angelegenheit als allgemeine Re- ligionssache zu behandeln.
Den Einungsverwandten entgieng es nicht, wie viel persönlichen Antheil der Kaiser an dieser Sache nahm, welche Gefahr darin liege ihm hierin zu widerstreben: aber sie würden sich geschämt haben, den "gottgeliebten", unbe- scholtenen, ehrlichen Glaubensgenossen, den sie in Cölln ge- funden, ohne Trost zu lassen. Überhaupt wurde dieser Über- tritt mit einem den deutschen Protestanten fast ungewöhnli- chen Enthusiasmus begrüßt. In einem fliegenden Blatt wird Jedermann zum Gebet aufgefordert, weil der Satan das Reich Christi im Erzbisthum Cölln antaste: dawider seyen die Herzen der Frommen zu erwecken. 2 Die Bundesstände tra- ten unbedenklich der Appellation des Erzbischofs bei, er- kannten seine Sache als eine gemeinschaftliche an, und ord- neten noch von Frankfurt aus eine Botschaft an den Kaiser ab, um demselben vorzustellen daß ihrer Meinung nach der Churfürst zu dem was er unternommen allerdings befugt gewesen sey, und ihn zu beschwören nicht etwa auf den
1 Auszug der cölnischen Räth Werbung zu Frankfurt 22 Dez. übergeben. (Arch. zu Brüssel.)
2Nova ex Suevia de Archiepiscopo Coloniensi. (ibid.)
Achtes Buch. Erſtes Capitel.
faßten, die Mitglieder des ſchmalkaldiſchen Bundes, die in dieſem Monat zu Frankfurt a. M. verſammelt waren, er- ſuchte ſich ſeiner Sache anzunehmen.
Doctor Siegbert und Bächel trugen daſelbſt zugleich im Namen des Erzbiſchofs und der Stiftsſtände auf eine Miſſion des geſammten Bundes an den Kaiſer an, 1 um denſelben zu bitten, dem bisherigen Verfahren keinen weitern Raum zu geben und die cöllniſche Angelegenheit als allgemeine Re- ligionsſache zu behandeln.
Den Einungsverwandten entgieng es nicht, wie viel perſönlichen Antheil der Kaiſer an dieſer Sache nahm, welche Gefahr darin liege ihm hierin zu widerſtreben: aber ſie würden ſich geſchämt haben, den „gottgeliebten“, unbe- ſcholtenen, ehrlichen Glaubensgenoſſen, den ſie in Cölln ge- funden, ohne Troſt zu laſſen. Überhaupt wurde dieſer Über- tritt mit einem den deutſchen Proteſtanten faſt ungewöhnli- chen Enthuſiasmus begrüßt. In einem fliegenden Blatt wird Jedermann zum Gebet aufgefordert, weil der Satan das Reich Chriſti im Erzbisthum Cölln antaſte: dawider ſeyen die Herzen der Frommen zu erwecken. 2 Die Bundesſtände tra- ten unbedenklich der Appellation des Erzbiſchofs bei, er- kannten ſeine Sache als eine gemeinſchaftliche an, und ord- neten noch von Frankfurt aus eine Botſchaft an den Kaiſer ab, um demſelben vorzuſtellen daß ihrer Meinung nach der Churfürſt zu dem was er unternommen allerdings befugt geweſen ſey, und ihn zu beſchwören nicht etwa auf den
1 Auszug der coͤlniſchen Raͤth Werbung zu Frankfurt 22 Dez. uͤbergeben. (Arch. zu Bruͤſſel.)
2Nova ex Suevia de Archiepiscopo Coloniensi. (ibid.)
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Achtes Buch. Erſtes Capitel.
faßten, die Mitglieder des ſchmalkaldiſchen Bundes, die in
dieſem Monat zu Frankfurt a. M. verſammelt waren, er-
ſuchte ſich ſeiner Sache anzunehmen.
Doctor Siegbert und Bächel trugen daſelbſt zugleich im
Namen des Erzbiſchofs und der Stiftsſtände auf eine Miſſion
des geſammten Bundes an den Kaiſer an, 1 um denſelben
zu bitten, dem bisherigen Verfahren keinen weitern Raum
zu geben und die cöllniſche Angelegenheit als allgemeine Re-
ligionsſache zu behandeln.
Den Einungsverwandten entgieng es nicht, wie viel
perſönlichen Antheil der Kaiſer an dieſer Sache nahm,
welche Gefahr darin liege ihm hierin zu widerſtreben: aber
ſie würden ſich geſchämt haben, den „gottgeliebten“, unbe-
ſcholtenen, ehrlichen Glaubensgenoſſen, den ſie in Cölln ge-
funden, ohne Troſt zu laſſen. Überhaupt wurde dieſer Über-
tritt mit einem den deutſchen Proteſtanten faſt ungewöhnli-
chen Enthuſiasmus begrüßt. In einem fliegenden Blatt
wird Jedermann zum Gebet aufgefordert, weil der Satan das
Reich Chriſti im Erzbisthum Cölln antaſte: dawider ſeyen die
Herzen der Frommen zu erwecken. 2 Die Bundesſtände tra-
ten unbedenklich der Appellation des Erzbiſchofs bei, er-
kannten ſeine Sache als eine gemeinſchaftliche an, und ord-
neten noch von Frankfurt aus eine Botſchaft an den Kaiſer
ab, um demſelben vorzuſtellen daß ihrer Meinung nach der
Churfürſt zu dem was er unternommen allerdings befugt
geweſen ſey, und ihn zu beſchwören nicht etwa auf den
1 Auszug der coͤlniſchen Raͤth Werbung zu Frankfurt 22 Dez.
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2 Nova ex Suevia de Archiepiscopo Coloniensi. (ibid.)
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/376>, abgerufen am 22.11.2024.
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