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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Urspr. d. Kr. Heinrich v. Braunschw. gefangen.
eine innere Großsprecherei, die den Menschen verhindert die
Lage, in der er sich befindet, zu begreifen. So wie der
Feind erschien, brach Heinrich von Wolfenbüttel auf, das er
zu belagern begonnen, und gieng demselben in offenem Felde
entgegen. Hier geschah nun aber was nach der Heerverfas-
sung jener Zeiten unausbleiblich war. Als die Uberlegen-
heit der Protestanten sich entwickelte, erhoben sich die eignen
Hauptleute und Obersten des Herzogs, die bei weitem nicht
ihres Soldes theilhaftig geworden, zur Empörung gegen ihn
selber. Der Sieg ward dem Landgrafen, der von keiner Un-
terhandlung hören wollte, wenigstens während derselben immer
vorrückte, nicht schwer. In der zwiefachen Gefahr, entweder
von seinen eigenen Truppen gefangen zu werden oder dem
vorrückenden Feinde in die Hände zu fallen, entschloß sich
Herzog Heinrich, sich selber dem verhaßten Nebenbuhler zu
überliefern. Er hat später behauptet, er habe dieß nur be-
dingungsweise gethan, um die Unterhandlung fortzusetzen;
aber weder Herzog Moritz, der in der letzten Stunde ein
paar Mal hin und her geritten war, 1 noch vollends der Land-
graf gestanden ihm dieß zu: Heinrich ward als Kriegsge-
fangener behandelt und nach Ziegenhain in Verwahrung ge-
bracht. Seine Truppen lösten sich auf; seine Anhänger wur-
den in Strafe genommen und ihrer festen Plätze beraubt.

Unter diesen Umständen, in dem allgemeinen Tumult
von Selbsthülfe und Rache, konnte nun an jene schon in

Landgrafen, die Quelle fast aller andern Erzählungen, bei Hortleder
I, iv, 51, p. 1039. Heinrich hatte 11000 M. z. F., 2500 Pf., die
Protestanten 22000 M. z. F., 3600 Pf.
1 Unser von G. Gn. Moritzen -- Wahrhaftiger Bericht ib.
c. 52, p.
1047.

Urſpr. d. Kr. Heinrich v. Braunſchw. gefangen.
eine innere Großſprecherei, die den Menſchen verhindert die
Lage, in der er ſich befindet, zu begreifen. So wie der
Feind erſchien, brach Heinrich von Wolfenbüttel auf, das er
zu belagern begonnen, und gieng demſelben in offenem Felde
entgegen. Hier geſchah nun aber was nach der Heerverfaſ-
ſung jener Zeiten unausbleiblich war. Als die Uberlegen-
heit der Proteſtanten ſich entwickelte, erhoben ſich die eignen
Hauptleute und Oberſten des Herzogs, die bei weitem nicht
ihres Soldes theilhaftig geworden, zur Empörung gegen ihn
ſelber. Der Sieg ward dem Landgrafen, der von keiner Un-
terhandlung hören wollte, wenigſtens während derſelben immer
vorrückte, nicht ſchwer. In der zwiefachen Gefahr, entweder
von ſeinen eigenen Truppen gefangen zu werden oder dem
vorrückenden Feinde in die Hände zu fallen, entſchloß ſich
Herzog Heinrich, ſich ſelber dem verhaßten Nebenbuhler zu
überliefern. Er hat ſpäter behauptet, er habe dieß nur be-
dingungsweiſe gethan, um die Unterhandlung fortzuſetzen;
aber weder Herzog Moritz, der in der letzten Stunde ein
paar Mal hin und her geritten war, 1 noch vollends der Land-
graf geſtanden ihm dieß zu: Heinrich ward als Kriegsge-
fangener behandelt und nach Ziegenhain in Verwahrung ge-
bracht. Seine Truppen löſten ſich auf; ſeine Anhänger wur-
den in Strafe genommen und ihrer feſten Plätze beraubt.

Unter dieſen Umſtänden, in dem allgemeinen Tumult
von Selbſthülfe und Rache, konnte nun an jene ſchon in

Landgrafen, die Quelle faſt aller andern Erzaͤhlungen, bei Hortleder
I, iv, 51, p. 1039. Heinrich hatte 11000 M. z. F., 2500 Pf., die
Proteſtanten 22000 M. z. F., 3600 Pf.
1 Unſer von G. Gn. Moritzen — Wahrhaftiger Bericht ib.
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1047.
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[367/0379] Urſpr. d. Kr. Heinrich v. Braunſchw. gefangen. eine innere Großſprecherei, die den Menſchen verhindert die Lage, in der er ſich befindet, zu begreifen. So wie der Feind erſchien, brach Heinrich von Wolfenbüttel auf, das er zu belagern begonnen, und gieng demſelben in offenem Felde entgegen. Hier geſchah nun aber was nach der Heerverfaſ- ſung jener Zeiten unausbleiblich war. Als die Uberlegen- heit der Proteſtanten ſich entwickelte, erhoben ſich die eignen Hauptleute und Oberſten des Herzogs, die bei weitem nicht ihres Soldes theilhaftig geworden, zur Empörung gegen ihn ſelber. Der Sieg ward dem Landgrafen, der von keiner Un- terhandlung hören wollte, wenigſtens während derſelben immer vorrückte, nicht ſchwer. In der zwiefachen Gefahr, entweder von ſeinen eigenen Truppen gefangen zu werden oder dem vorrückenden Feinde in die Hände zu fallen, entſchloß ſich Herzog Heinrich, ſich ſelber dem verhaßten Nebenbuhler zu überliefern. Er hat ſpäter behauptet, er habe dieß nur be- dingungsweiſe gethan, um die Unterhandlung fortzuſetzen; aber weder Herzog Moritz, der in der letzten Stunde ein paar Mal hin und her geritten war, 1 noch vollends der Land- graf geſtanden ihm dieß zu: Heinrich ward als Kriegsge- fangener behandelt und nach Ziegenhain in Verwahrung ge- bracht. Seine Truppen löſten ſich auf; ſeine Anhänger wur- den in Strafe genommen und ihrer feſten Plätze beraubt. Unter dieſen Umſtänden, in dem allgemeinen Tumult von Selbſthülfe und Rache, konnte nun an jene ſchon in 3 1 Unſer von G. Gn. Moritzen — Wahrhaftiger Bericht ib. c. 52, p. 1047. 3 Landgrafen, die Quelle faſt aller andern Erzaͤhlungen, bei Hortleder I, iv, 51, p. 1039. Heinrich hatte 11000 M. z. F., 2500 Pf., die Proteſtanten 22000 M. z. F., 3600 Pf.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/379>, abgerufen am 22.11.2024.