zweiung gefährdet waren, jetzt entschloß er sich für sein Haus auf Ungarn Verzicht leisten und sogar eine Art von Tribut zahlen zu lassen. So viel lag ihm daran, für die religiö- sen Angelegenheiten, die seine Gedanken erfüllten, freie Hand zu bekommen.
In demselben Augenblick ward auch eine andre Sache, die ihm noch viele Schwierigkeiten hätte veranlassen können, durch einen ganz unerwarteten Todesfall erledigt. Im Septem- ber 1545 starb der junge Herzog von Orleans, dem der Kai- ser Mailand zu übertragen sich entschlossen zeigte. So hatte er endlich jene Alternative, die er sich im Frieden von Cre- spy vorbehalten, entschieden; aber aus den Schriften welche er mit seinen Räthen gewechselt, sieht man wohl, welche Ge- fahren er auch bei dieser Maaßregel noch immer voraus- sah: so lebhaft der Herzog auch seine Ergebenheit aussprach, war man doch am kaiserlichen Hofe weit entfernt ihm zu trauen. Der Gesandte des Kaisers in Frankreich, St. Mau- ris, ließ sich wohl vernehmen, der Herzog sey das vollkom- mene Abbild seines Vaters, dessen Versicherungen doch auch niemals Erfolg gehabt. 1 Sehr eigen hört es sich an, wenn Navagero meint, zu den andern Verpflichtungen die der Kai- ser schon gegen den Tod habe, der ihm so viele Reiche in die Hände geliefert, komme nun auch die, daß man nicht wissen könne ob er dem Herzog sein Versprechen habe hal- ten wollen, oder vielleicht auch nicht. Mit den Franzosen ward dessenungeachtet ein ganz gutes Verhältniß behauptet.
1 Nach dessen Meldungen war die Gesundheit des Herzogs ohne- hin zerrüttet: "tenia podrido el baco y las partes inferiores entera- mente gastadas." Er starb an den Folgen eines kalten Trunkes nach starker Erhitzung, bei der Zeit einer grassirenden Pest. (A. v. Simanc.)
Urſpr. des Krieges. Verhaͤltniß zu Frankreich.
zweiung gefährdet waren, jetzt entſchloß er ſich für ſein Haus auf Ungarn Verzicht leiſten und ſogar eine Art von Tribut zahlen zu laſſen. So viel lag ihm daran, für die religiö- ſen Angelegenheiten, die ſeine Gedanken erfüllten, freie Hand zu bekommen.
In demſelben Augenblick ward auch eine andre Sache, die ihm noch viele Schwierigkeiten hätte veranlaſſen können, durch einen ganz unerwarteten Todesfall erledigt. Im Septem- ber 1545 ſtarb der junge Herzog von Orleans, dem der Kai- ſer Mailand zu übertragen ſich entſchloſſen zeigte. So hatte er endlich jene Alternative, die er ſich im Frieden von Cre- ſpy vorbehalten, entſchieden; aber aus den Schriften welche er mit ſeinen Räthen gewechſelt, ſieht man wohl, welche Ge- fahren er auch bei dieſer Maaßregel noch immer voraus- ſah: ſo lebhaft der Herzog auch ſeine Ergebenheit ausſprach, war man doch am kaiſerlichen Hofe weit entfernt ihm zu trauen. Der Geſandte des Kaiſers in Frankreich, St. Mau- ris, ließ ſich wohl vernehmen, der Herzog ſey das vollkom- mene Abbild ſeines Vaters, deſſen Verſicherungen doch auch niemals Erfolg gehabt. 1 Sehr eigen hört es ſich an, wenn Navagero meint, zu den andern Verpflichtungen die der Kai- ſer ſchon gegen den Tod habe, der ihm ſo viele Reiche in die Hände geliefert, komme nun auch die, daß man nicht wiſſen könne ob er dem Herzog ſein Verſprechen habe hal- ten wollen, oder vielleicht auch nicht. Mit den Franzoſen ward deſſenungeachtet ein ganz gutes Verhältniß behauptet.
1 Nach deſſen Meldungen war die Geſundheit des Herzogs ohne- hin zerruͤttet: „tenia podrido el baço y las partes inferiores entera- mente gastadas.“ Er ſtarb an den Folgen eines kalten Trunkes nach ſtarker Erhitzung, bei der Zeit einer graſſirenden Peſt. (A. v. Simanc.)
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Urſpr. des Krieges. Verhaͤltniß zu Frankreich.
zweiung gefährdet waren, jetzt entſchloß er ſich für ſein Haus
auf Ungarn Verzicht leiſten und ſogar eine Art von Tribut
zahlen zu laſſen. So viel lag ihm daran, für die religiö-
ſen Angelegenheiten, die ſeine Gedanken erfüllten, freie Hand
zu bekommen.
In demſelben Augenblick ward auch eine andre Sache,
die ihm noch viele Schwierigkeiten hätte veranlaſſen können,
durch einen ganz unerwarteten Todesfall erledigt. Im Septem-
ber 1545 ſtarb der junge Herzog von Orleans, dem der Kai-
ſer Mailand zu übertragen ſich entſchloſſen zeigte. So hatte
er endlich jene Alternative, die er ſich im Frieden von Cre-
ſpy vorbehalten, entſchieden; aber aus den Schriften welche
er mit ſeinen Räthen gewechſelt, ſieht man wohl, welche Ge-
fahren er auch bei dieſer Maaßregel noch immer voraus-
ſah: ſo lebhaft der Herzog auch ſeine Ergebenheit ausſprach,
war man doch am kaiſerlichen Hofe weit entfernt ihm zu
trauen. Der Geſandte des Kaiſers in Frankreich, St. Mau-
ris, ließ ſich wohl vernehmen, der Herzog ſey das vollkom-
mene Abbild ſeines Vaters, deſſen Verſicherungen doch auch
niemals Erfolg gehabt. 1 Sehr eigen hört es ſich an, wenn
Navagero meint, zu den andern Verpflichtungen die der Kai-
ſer ſchon gegen den Tod habe, der ihm ſo viele Reiche in
die Hände geliefert, komme nun auch die, daß man nicht
wiſſen könne ob er dem Herzog ſein Verſprechen habe hal-
ten wollen, oder vielleicht auch nicht. Mit den Franzoſen
ward deſſenungeachtet ein ganz gutes Verhältniß behauptet.
1 Nach deſſen Meldungen war die Geſundheit des Herzogs ohne-
hin zerruͤttet: „tenia podrido el baço y las partes inferiores entera-
mente gastadas.“ Er ſtarb an den Folgen eines kalten Trunkes nach
ſtarker Erhitzung, bei der Zeit einer graſſirenden Peſt. (A. v. Simanc.)
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/385>, abgerufen am 16.06.2024.
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