Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Ursprung des Krieges. Vertrag mit Baiern. gewaltsamen Herstellung des Katholicismus und der Einflußdes Hauses Östreich durch. Baiern hatte ein Interesse, an dem es immer gefaßt werden konnte. Bei dem letzten Re- gierungswechsel in der Pfalz hatte es seine Ansprüche an diese Chur in allem Ernst erneuert; weitläuftige Schriften wur- den darüber gewechselt. So schwer es dem Kaiser werden mußte, gegen einen seiner nächsten Verwandten Pfalzgraf Friedrich vorzuschreiten, so versprach er doch jetzt, wofern derselbe nicht von freien Stücken zum Gehorsam zurückkehre und sich auch dem Concilium unterwerfe, die Churwürde ohne Weiteres 1 auf Baiern zu übertragen. Schon längere Zeit daher war über die Vermählung der zweiten Tochter Fer- dinands mit dem Erben von Baiern unterhandelt worden; Ferdinand mußte sich entschließen ihm die ältere zuzusagen, welche der Nachfolge so viel näher stand, mit der ausdrück- lichen Bestimmung, daß das baierische Haus nach Abgang der männlichen Nachkommenschaft Ferdinands in Böhmen succediren solle. Carl V ließ sich gefallen, daß hiedurch seine eigenen Nachkommen ausgeschlossen wurden. So viel ko- stete es um den Herzog endlich zu einer günstigen Erklärung zu vermögen. Doch schloß er sich nicht etwa offen an. Er versprach nur eine Geldsumme zu zahlen, nicht mehr als 50000 G., Geschütz, Munition, Lebensbedürfnisse herbeizu- schaffen, und behielt sich vor, nach Maaßgabe dessen was er leiste beim Frieden entschädigt zu werden. Wir sehen, 1 "absque alia juris discussione." Der Vertrag (2 Juni 1546)
scheint in den baierischen Archiven abhanden gekommen zu seyn. Ich bemerke, daß er in dem Brüsseler, Bd VII der Documents relatifs a la reforme abschriftlich zu finden ist. Urſprung des Krieges. Vertrag mit Baiern. gewaltſamen Herſtellung des Katholicismus und der Einflußdes Hauſes Öſtreich durch. Baiern hatte ein Intereſſe, an dem es immer gefaßt werden konnte. Bei dem letzten Re- gierungswechſel in der Pfalz hatte es ſeine Anſprüche an dieſe Chur in allem Ernſt erneuert; weitläuftige Schriften wur- den darüber gewechſelt. So ſchwer es dem Kaiſer werden mußte, gegen einen ſeiner nächſten Verwandten Pfalzgraf Friedrich vorzuſchreiten, ſo verſprach er doch jetzt, wofern derſelbe nicht von freien Stücken zum Gehorſam zurückkehre und ſich auch dem Concilium unterwerfe, die Churwürde ohne Weiteres 1 auf Baiern zu übertragen. Schon längere Zeit daher war über die Vermählung der zweiten Tochter Fer- dinands mit dem Erben von Baiern unterhandelt worden; Ferdinand mußte ſich entſchließen ihm die ältere zuzuſagen, welche der Nachfolge ſo viel näher ſtand, mit der ausdrück- lichen Beſtimmung, daß das baieriſche Haus nach Abgang der männlichen Nachkommenſchaft Ferdinands in Böhmen ſuccediren ſolle. Carl V ließ ſich gefallen, daß hiedurch ſeine eigenen Nachkommen ausgeſchloſſen wurden. So viel ko- ſtete es um den Herzog endlich zu einer günſtigen Erklärung zu vermögen. Doch ſchloß er ſich nicht etwa offen an. Er verſprach nur eine Geldſumme zu zahlen, nicht mehr als 50000 G., Geſchütz, Munition, Lebensbedürfniſſe herbeizu- ſchaffen, und behielt ſich vor, nach Maaßgabe deſſen was er leiſte beim Frieden entſchädigt zu werden. Wir ſehen, 1 „absque alia juris discussione.“ Der Vertrag (2 Juni 1546)
ſcheint in den baieriſchen Archiven abhanden gekommen zu ſeyn. Ich bemerke, daß er in dem Bruͤſſeler, Bd VII der Documents rélatifs à la réforme abſchriftlich zu finden iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0403" n="391"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Urſprung des Krieges. Vertrag mit <placeName>Baiern</placeName></hi>.</fw><lb/> gewaltſamen Herſtellung des Katholicismus und der Einfluß<lb/> des Hauſes Öſtreich durch. <placeName>Baiern</placeName> hatte ein Intereſſe, an<lb/> dem es immer gefaßt werden konnte. Bei dem letzten Re-<lb/> gierungswechſel in der <placeName>Pfalz</placeName> hatte es ſeine Anſprüche an dieſe<lb/> Chur in allem Ernſt erneuert; weitläuftige Schriften wur-<lb/> den darüber gewechſelt. So ſchwer es dem Kaiſer werden<lb/> mußte, gegen einen ſeiner nächſten Verwandten Pfalzgraf<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118535714">Friedrich</persName> vorzuſchreiten, ſo verſprach er doch jetzt, wofern<lb/> derſelbe nicht von freien Stücken zum Gehorſam zurückkehre<lb/> und ſich auch dem Concilium unterwerfe, die Churwürde ohne<lb/> Weiteres <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">„absque alia juris discussione.“</hi> Der Vertrag (2 Juni 1546)<lb/> ſcheint in den baieriſchen Archiven abhanden gekommen zu ſeyn. Ich<lb/> bemerke, daß er in dem Bruͤſſeler, Bd <hi rendition="#aq">VII</hi> der <hi rendition="#aq">Documents rélatifs<lb/> à la réforme</hi> abſchriftlich zu finden iſt.</note> auf <placeName>Baiern</placeName> zu übertragen. Schon längere Zeit<lb/> daher war über die Vermählung der zweiten Tochter <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Fer-<lb/> dinands</persName> mit dem Erben von <placeName>Baiern</placeName> unterhandelt worden;<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinand</persName> mußte ſich entſchließen ihm die ältere zuzuſagen,<lb/> welche der Nachfolge ſo viel näher ſtand, mit der ausdrück-<lb/> lichen Beſtimmung, daß das baieriſche Haus nach Abgang<lb/> der männlichen Nachkommenſchaft <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinands</persName> in <placeName>Böhmen</placeName><lb/> ſuccediren ſolle. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118560093">Carl <hi rendition="#aq">V</hi></persName> ließ ſich gefallen, daß hiedurch ſeine<lb/> eigenen Nachkommen ausgeſchloſſen wurden. So viel ko-<lb/> ſtete es um den Herzog endlich zu einer günſtigen Erklärung<lb/> zu vermögen. Doch ſchloß er ſich nicht etwa offen an. Er<lb/> verſprach nur eine Geldſumme zu zahlen, nicht mehr als<lb/> 50000 G., Geſchütz, Munition, Lebensbedürfniſſe herbeizu-<lb/> ſchaffen, und behielt ſich vor, nach Maaßgabe deſſen was<lb/> er leiſte beim Frieden entſchädigt zu werden. Wir ſehen,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [391/0403]
Urſprung des Krieges. Vertrag mit Baiern.
gewaltſamen Herſtellung des Katholicismus und der Einfluß
des Hauſes Öſtreich durch. Baiern hatte ein Intereſſe, an
dem es immer gefaßt werden konnte. Bei dem letzten Re-
gierungswechſel in der Pfalz hatte es ſeine Anſprüche an dieſe
Chur in allem Ernſt erneuert; weitläuftige Schriften wur-
den darüber gewechſelt. So ſchwer es dem Kaiſer werden
mußte, gegen einen ſeiner nächſten Verwandten Pfalzgraf
Friedrich vorzuſchreiten, ſo verſprach er doch jetzt, wofern
derſelbe nicht von freien Stücken zum Gehorſam zurückkehre
und ſich auch dem Concilium unterwerfe, die Churwürde ohne
Weiteres 1 auf Baiern zu übertragen. Schon längere Zeit
daher war über die Vermählung der zweiten Tochter Fer-
dinands mit dem Erben von Baiern unterhandelt worden;
Ferdinand mußte ſich entſchließen ihm die ältere zuzuſagen,
welche der Nachfolge ſo viel näher ſtand, mit der ausdrück-
lichen Beſtimmung, daß das baieriſche Haus nach Abgang
der männlichen Nachkommenſchaft Ferdinands in Böhmen
ſuccediren ſolle. Carl V ließ ſich gefallen, daß hiedurch ſeine
eigenen Nachkommen ausgeſchloſſen wurden. So viel ko-
ſtete es um den Herzog endlich zu einer günſtigen Erklärung
zu vermögen. Doch ſchloß er ſich nicht etwa offen an. Er
verſprach nur eine Geldſumme zu zahlen, nicht mehr als
50000 G., Geſchütz, Munition, Lebensbedürfniſſe herbeizu-
ſchaffen, und behielt ſich vor, nach Maaßgabe deſſen was
er leiſte beim Frieden entſchädigt zu werden. Wir ſehen,
1 „absque alia juris discussione.“ Der Vertrag (2 Juni 1546)
ſcheint in den baieriſchen Archiven abhanden gekommen zu ſeyn. Ich
bemerke, daß er in dem Bruͤſſeler, Bd VII der Documents rélatifs
à la réforme abſchriftlich zu finden iſt.
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