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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Verbindung des Kaisers mit Moritz.

Es war ganz in dem hiedurch begründeten Sinne, wenn
nun Carlowitz, gegen Ende April 1546 aufs neue nach Re-
gensburg
abgeordnet, [ - 3 Zeichen fehlen]t zunächst ein Wort von engerem
Verständniß fallen ließ. Mit Freuden ergriff dieß Granvella.
Aber nicht umsonst wollte sich der sächsische Hof dem kai-
serlichen anschließen: in aller Form forderte er jetzt den
Erbschutz über die beiden Stifter. Wer hätte glauben sol-
len, daß der Kaiser in einem Augenblick wo er die alten
Formen der Kirche und des Reiches mit den Waffen auf-
recht zu erhalten beabsichtigte, eins der ersten Stifter des
Reiches unter den Schutz, das heißt, dem Wesen nach, un-
ter die Regierung nicht allein eines weltlichen, sondern so-
gar eines evangelischen Fürsten kommen lassen würde? Allein
so dringend waren die Umstände, so entscheidend der Vor-
theil, einen der Mächtigsten dieser Partei herüberzuziehen, daß
er den Antrag nicht von sich wies. Nur meinte Granvella,
schriftlich lasse sich die Sache nicht zu Ende bringen, es
werde nöthig seyn daß der Herzog in Person erscheine.

In der Nähe war auch die Zeit auf welche jene Ver-
sammlung zur Aussöhnung zwischen den Erbverbrüderten an-
gesetzt war. Jetzt mußte Moritz sich entscheiden.

Was lag alles daran, ob er dahin gehn würde oder
nach Regensburg!

Einen Augenblick schwankte er wohl, jedoch hauptsächlich
darum, weil er selbst nicht meinte daß es dem Kaiser mit je-
ner Concession Ernst seyn könne: er erklärte, er müsse erst Si-
cherheit haben, er müsse wissen, worauf er hinausreiten solle.

Granvella erwiederte, es werde ihn schon nicht gereuen,

Ranke D. Gesch. IV. 26
Verbindung des Kaiſers mit Moritz.

Es war ganz in dem hiedurch begründeten Sinne, wenn
nun Carlowitz, gegen Ende April 1546 aufs neue nach Re-
gensburg
abgeordnet, [ – 3 Zeichen fehlen]t zunächſt ein Wort von engerem
Verſtändniß fallen ließ. Mit Freuden ergriff dieß Granvella.
Aber nicht umſonſt wollte ſich der ſächſiſche Hof dem kai-
ſerlichen anſchließen: in aller Form forderte er jetzt den
Erbſchutz über die beiden Stifter. Wer hätte glauben ſol-
len, daß der Kaiſer in einem Augenblick wo er die alten
Formen der Kirche und des Reiches mit den Waffen auf-
recht zu erhalten beabſichtigte, eins der erſten Stifter des
Reiches unter den Schutz, das heißt, dem Weſen nach, un-
ter die Regierung nicht allein eines weltlichen, ſondern ſo-
gar eines evangeliſchen Fürſten kommen laſſen würde? Allein
ſo dringend waren die Umſtände, ſo entſcheidend der Vor-
theil, einen der Mächtigſten dieſer Partei herüberzuziehen, daß
er den Antrag nicht von ſich wies. Nur meinte Granvella,
ſchriftlich laſſe ſich die Sache nicht zu Ende bringen, es
werde nöthig ſeyn daß der Herzog in Perſon erſcheine.

In der Nähe war auch die Zeit auf welche jene Ver-
ſammlung zur Ausſöhnung zwiſchen den Erbverbrüderten an-
geſetzt war. Jetzt mußte Moritz ſich entſcheiden.

Was lag alles daran, ob er dahin gehn würde oder
nach Regensburg!

Einen Augenblick ſchwankte er wohl, jedoch hauptſächlich
darum, weil er ſelbſt nicht meinte daß es dem Kaiſer mit je-
ner Conceſſion Ernſt ſeyn könne: er erklärte, er müſſe erſt Si-
cherheit haben, er müſſe wiſſen, worauf er hinausreiten ſolle.

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Ranke D. Geſch. IV. 26
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[401/0413] Verbindung des Kaiſers mit Moritz. Es war ganz in dem hiedurch begründeten Sinne, wenn nun Carlowitz, gegen Ende April 1546 aufs neue nach Re- gensburg abgeordnet, ___t zunächſt ein Wort von engerem Verſtändniß fallen ließ. Mit Freuden ergriff dieß Granvella. Aber nicht umſonſt wollte ſich der ſächſiſche Hof dem kai- ſerlichen anſchließen: in aller Form forderte er jetzt den Erbſchutz über die beiden Stifter. Wer hätte glauben ſol- len, daß der Kaiſer in einem Augenblick wo er die alten Formen der Kirche und des Reiches mit den Waffen auf- recht zu erhalten beabſichtigte, eins der erſten Stifter des Reiches unter den Schutz, das heißt, dem Weſen nach, un- ter die Regierung nicht allein eines weltlichen, ſondern ſo- gar eines evangeliſchen Fürſten kommen laſſen würde? Allein ſo dringend waren die Umſtände, ſo entſcheidend der Vor- theil, einen der Mächtigſten dieſer Partei herüberzuziehen, daß er den Antrag nicht von ſich wies. Nur meinte Granvella, ſchriftlich laſſe ſich die Sache nicht zu Ende bringen, es werde nöthig ſeyn daß der Herzog in Perſon erſcheine. In der Nähe war auch die Zeit auf welche jene Ver- ſammlung zur Ausſöhnung zwiſchen den Erbverbrüderten an- geſetzt war. Jetzt mußte Moritz ſich entſcheiden. Was lag alles daran, ob er dahin gehn würde oder nach Regensburg! Einen Augenblick ſchwankte er wohl, jedoch hauptſächlich darum, weil er ſelbſt nicht meinte daß es dem Kaiſer mit je- ner Conceſſion Ernſt ſeyn könne: er erklärte, er müſſe erſt Si- cherheit haben, er müſſe wiſſen, worauf er hinausreiten ſolle. Granvella erwiederte, es werde ihn ſchon nicht gereuen, Ranke D. Geſch. IV. 26

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/413>, abgerufen am 22.11.2024.