Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Der schmalkaldische Krieg an der Donau. seine Stellung zu verlassen und die Schlacht anzunehmen.Da meint man nun eben, die Protestanten hätten es darauf wagen und ihn hinter seinen Verschanzungen aufsuchen sol- len. Der Landgraf sagte, er würde es thun, wenn er al- lein wäre. 1 Der Churfürst und die Kriegsräthe fürchteten aber, nachdem sie besser eingesehen wie die Verhältnisse mit Baiern standen, die Geschütze von Ingolstadt möchten auf die andringenden Verbündeten abgehn, ohne daß selbst ein theilweises Handgemenge mit den Kaiserlichen dieß ver- hindern könne. Auch wissen wir sehr wohl, daß die kai- serlichen Völker in Schlachtordnung standen, der Kaiser in ihrer Mitte nichts weniger als erschrocken war. Er hatte den Astronomen Peter Apian in seinem Zelt und ließ sich an einem Himmelsglobus den Lauf der Planeten erklären: eine Kugel schlug neben ihnen nieder: der Kaiser bat den Astronomen in seiner Erklärung ruhig fortzufahren. 2 Es führte die Protestanten nicht weiter daß das Beschießen noch ein paar Tage fortgesetzt ward. Bald wagten sich die kecken Spanier wieder aus den Schanzen hervor. Man sah ihnen von ferne her zu, wie sie sich mit den leichtern Deutschen im Felde herumjagten, sich um ein steinernes Haus in der Nähe oder um ein Stück Geschütz schlugen, bald gewannen, bald verloren; die spanischen Berichte fassen das ganz gut 1 Es ist sehr auffallend, daß Schärtlin dem Landgrafen die Schuld giebt, dieser dem Churfürsten. Die Versicherungen des Land- grafen haben aber wie die innere Wahrscheinlichkeit so auch die Prio- rität der Zeit für sich. Schon in einem Schreiben an Margaretha von der Saal (21 Sept. bei Duller Neue Beiträge p. 6) kommen sie vor. 2 Adami Vita Apiani (Vitae philos.) p. 162. Ranke D. Gesch. IV. 28
Der ſchmalkaldiſche Krieg an der Donau. ſeine Stellung zu verlaſſen und die Schlacht anzunehmen.Da meint man nun eben, die Proteſtanten hätten es darauf wagen und ihn hinter ſeinen Verſchanzungen aufſuchen ſol- len. Der Landgraf ſagte, er würde es thun, wenn er al- lein wäre. 1 Der Churfürſt und die Kriegsräthe fürchteten aber, nachdem ſie beſſer eingeſehen wie die Verhältniſſe mit Baiern ſtanden, die Geſchütze von Ingolſtadt möchten auf die andringenden Verbündeten abgehn, ohne daß ſelbſt ein theilweiſes Handgemenge mit den Kaiſerlichen dieß ver- hindern könne. Auch wiſſen wir ſehr wohl, daß die kai- ſerlichen Völker in Schlachtordnung ſtanden, der Kaiſer in ihrer Mitte nichts weniger als erſchrocken war. Er hatte den Aſtronomen Peter Apian in ſeinem Zelt und ließ ſich an einem Himmelsglobus den Lauf der Planeten erklären: eine Kugel ſchlug neben ihnen nieder: der Kaiſer bat den Aſtronomen in ſeiner Erklärung ruhig fortzufahren. 2 Es führte die Proteſtanten nicht weiter daß das Beſchießen noch ein paar Tage fortgeſetzt ward. Bald wagten ſich die kecken Spanier wieder aus den Schanzen hervor. Man ſah ihnen von ferne her zu, wie ſie ſich mit den leichtern Deutſchen im Felde herumjagten, ſich um ein ſteinernes Haus in der Nähe oder um ein Stück Geſchütz ſchlugen, bald gewannen, bald verloren; die ſpaniſchen Berichte faſſen das ganz gut 1 Es iſt ſehr auffallend, daß Schaͤrtlin dem Landgrafen die Schuld giebt, dieſer dem Churfuͤrſten. Die Verſicherungen des Land- grafen haben aber wie die innere Wahrſcheinlichkeit ſo auch die Prio- ritaͤt der Zeit fuͤr ſich. Schon in einem Schreiben an Margaretha von der Saal (21 Sept. bei Duller Neue Beitraͤge p. 6) kommen ſie vor. 2 Adami Vita Apiani (Vitae philos.) p. 162. Ranke D. Geſch. IV. 28
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0445" n="433"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der ſchmalkaldiſche Krieg an der <placeName>Donau</placeName></hi>.</fw><lb/> ſeine Stellung zu verlaſſen und die Schlacht anzunehmen.<lb/> Da meint man nun eben, die Proteſtanten hätten es darauf<lb/> wagen und ihn hinter ſeinen Verſchanzungen aufſuchen ſol-<lb/> len. Der Landgraf ſagte, er würde es thun, wenn er al-<lb/> lein wäre. <note place="foot" n="1">Es iſt ſehr auffallend, daß <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118754734">Schaͤrtlin</persName> dem Landgrafen die<lb/> Schuld giebt, dieſer dem Churfuͤrſten. Die Verſicherungen des Land-<lb/> grafen haben aber wie die innere Wahrſcheinlichkeit ſo auch die Prio-<lb/> ritaͤt der Zeit fuͤr ſich. Schon in einem Schreiben an <persName ref="http://d-nb.info/gnd/1012967581">Margaretha<lb/> von der Saal</persName> (21 Sept. bei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118968572">Duller</persName> Neue Beitraͤge <hi rendition="#aq">p.</hi> 6) kommen<lb/> ſie vor.</note> Der Churfürſt und die Kriegsräthe fürchteten<lb/> aber, nachdem ſie beſſer eingeſehen wie die Verhältniſſe<lb/> mit <placeName>Baiern</placeName> ſtanden, die Geſchütze von <placeName>Ingolſtadt</placeName> möchten<lb/> auf die andringenden Verbündeten abgehn, ohne daß ſelbſt<lb/> ein theilweiſes Handgemenge mit den Kaiſerlichen dieß ver-<lb/> hindern könne. Auch wiſſen wir ſehr wohl, daß die kai-<lb/> ſerlichen Völker in Schlachtordnung ſtanden, der Kaiſer in<lb/> ihrer Mitte nichts weniger als erſchrocken war. Er hatte<lb/> den Aſtronomen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118645455">Peter Apian</persName> in ſeinem Zelt und ließ ſich<lb/> an einem Himmelsglobus den Lauf der Planeten erklären:<lb/> eine Kugel ſchlug neben ihnen nieder: der Kaiſer bat den<lb/> Aſtronomen in ſeiner Erklärung ruhig fortzufahren. <note place="foot" n="2"><hi rendition="#aq"><persName ref="nognd">Adami</persName> Vita <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118645455">Apiani</persName> (Vitae philos.) p.</hi> 162.</note> Es<lb/> führte die Proteſtanten nicht weiter daß das Beſchießen noch<lb/> ein paar Tage fortgeſetzt ward. Bald wagten ſich die kecken<lb/> Spanier wieder aus den Schanzen hervor. Man ſah ihnen<lb/> von ferne her zu, wie ſie ſich mit den leichtern Deutſchen<lb/> im Felde herumjagten, ſich um ein ſteinernes Haus in der<lb/> Nähe oder um ein Stück Geſchütz ſchlugen, bald gewannen,<lb/> bald verloren; die ſpaniſchen Berichte faſſen das ganz gut<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118598279">Ranke</persName> D. Geſch. <hi rendition="#aq">IV.</hi> 28</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [433/0445]
Der ſchmalkaldiſche Krieg an der Donau.
ſeine Stellung zu verlaſſen und die Schlacht anzunehmen.
Da meint man nun eben, die Proteſtanten hätten es darauf
wagen und ihn hinter ſeinen Verſchanzungen aufſuchen ſol-
len. Der Landgraf ſagte, er würde es thun, wenn er al-
lein wäre. 1 Der Churfürſt und die Kriegsräthe fürchteten
aber, nachdem ſie beſſer eingeſehen wie die Verhältniſſe
mit Baiern ſtanden, die Geſchütze von Ingolſtadt möchten
auf die andringenden Verbündeten abgehn, ohne daß ſelbſt
ein theilweiſes Handgemenge mit den Kaiſerlichen dieß ver-
hindern könne. Auch wiſſen wir ſehr wohl, daß die kai-
ſerlichen Völker in Schlachtordnung ſtanden, der Kaiſer in
ihrer Mitte nichts weniger als erſchrocken war. Er hatte
den Aſtronomen Peter Apian in ſeinem Zelt und ließ ſich
an einem Himmelsglobus den Lauf der Planeten erklären:
eine Kugel ſchlug neben ihnen nieder: der Kaiſer bat den
Aſtronomen in ſeiner Erklärung ruhig fortzufahren. 2 Es
führte die Proteſtanten nicht weiter daß das Beſchießen noch
ein paar Tage fortgeſetzt ward. Bald wagten ſich die kecken
Spanier wieder aus den Schanzen hervor. Man ſah ihnen
von ferne her zu, wie ſie ſich mit den leichtern Deutſchen
im Felde herumjagten, ſich um ein ſteinernes Haus in der
Nähe oder um ein Stück Geſchütz ſchlugen, bald gewannen,
bald verloren; die ſpaniſchen Berichte faſſen das ganz gut
1 Es iſt ſehr auffallend, daß Schaͤrtlin dem Landgrafen die
Schuld giebt, dieſer dem Churfuͤrſten. Die Verſicherungen des Land-
grafen haben aber wie die innere Wahrſcheinlichkeit ſo auch die Prio-
ritaͤt der Zeit fuͤr ſich. Schon in einem Schreiben an Margaretha
von der Saal (21 Sept. bei Duller Neue Beitraͤge p. 6) kommen
ſie vor.
2 Adami Vita Apiani (Vitae philos.) p. 162.
Ranke D. Geſch. IV. 28
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |