Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.D. schmalk. Kr. Moritz wider Joh. Friedrich. Während Johann Friedrich dort bei Giengen die schwäbischenReichsstädte und Würtenberg gegen den vordringenden Kai- ser zu beschützen sich anstrengte, ward hier sein Land von eben Dem, auf dessen Schutz er gerechnet, und dem Bruder des Kaisers getheilt. Schon ward auch die Würde, auf die er stolz war, eben diesem Vetter zugesprochen. Carlo- witz ist es gewesen, der zuerst ein Formular dieser Übertra- gung entworfen und es dem römischen König vorgelegt hat. Von Dem ward es dem Kaiser zugesendet, und dieser hat es am 27sten October in seinem Lager zu Sontheim ausferti- gen lassen und unterzeichnet. Die Churwürde wird darin dem rebellischen Johann Friedrich feierlich abgesprochen und auf Denjenigen übertragen, der sich als ein Bekämpfer be- sagter Rebellion gezeigt habe. Mit großem Eifer hatte Fer- dinand auf diese Ausfertigung gedrungen. Ohne die Uber- tragung der Chur, sagte er, würde der Herzog den Vertrag der jetzt mit ihm geschlossen worden, schwerlich ausführen: geschehe sie aber, so sey niemals wieder an eine Versöhnung zwischen ihm und Johann Friedrich zu denken. Auch ließ Herzog Moritz nunmehr alle weitern Bedenk- Am 30sten October überschritten die böhmischen Trup- burg und Reuß an den König: die übrigen Lehen an den Herzog,
doch nicht ohne Entschädigung. Sollte der König ein Reichslehen erobern, so wollte er es wieder herausgeben, doch gegen Entschädigung. D. ſchmalk. Kr. Moritz wider Joh. Friedrich. Während Johann Friedrich dort bei Giengen die ſchwäbiſchenReichsſtädte und Würtenberg gegen den vordringenden Kai- ſer zu beſchützen ſich anſtrengte, ward hier ſein Land von eben Dem, auf deſſen Schutz er gerechnet, und dem Bruder des Kaiſers getheilt. Schon ward auch die Würde, auf die er ſtolz war, eben dieſem Vetter zugeſprochen. Carlo- witz iſt es geweſen, der zuerſt ein Formular dieſer Übertra- gung entworfen und es dem römiſchen König vorgelegt hat. Von Dem ward es dem Kaiſer zugeſendet, und dieſer hat es am 27ſten October in ſeinem Lager zu Sontheim ausferti- gen laſſen und unterzeichnet. Die Churwürde wird darin dem rebelliſchen Johann Friedrich feierlich abgeſprochen und auf Denjenigen übertragen, der ſich als ein Bekämpfer be- ſagter Rebellion gezeigt habe. Mit großem Eifer hatte Fer- dinand auf dieſe Ausfertigung gedrungen. Ohne die Uber- tragung der Chur, ſagte er, würde der Herzog den Vertrag der jetzt mit ihm geſchloſſen worden, ſchwerlich ausführen: geſchehe ſie aber, ſo ſey niemals wieder an eine Verſöhnung zwiſchen ihm und Johann Friedrich zu denken. Auch ließ Herzog Moritz nunmehr alle weitern Bedenk- Am 30ſten October überſchritten die böhmiſchen Trup- burg und Reuß an den Koͤnig: die uͤbrigen Lehen an den Herzog,
doch nicht ohne Entſchaͤdigung. Sollte der Koͤnig ein Reichslehen erobern, ſo wollte er es wieder herausgeben, doch gegen Entſchaͤdigung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0455" n="443"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">D. ſchmalk. Kr. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118584138">Moritz</persName> wider <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Joh. Friedrich</persName></hi>.</fw><lb/> Während <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Friedrich</persName> dort bei <placeName>Giengen</placeName> die ſchwäbiſchen<lb/> Reichsſtädte und <placeName>Würtenberg</placeName> gegen den vordringenden Kai-<lb/> ſer zu beſchützen ſich anſtrengte, ward hier ſein Land von<lb/> eben Dem, auf deſſen Schutz er gerechnet, und dem Bruder<lb/> des Kaiſers getheilt. Schon ward auch die Würde, auf<lb/> die er ſtolz war, eben dieſem Vetter zugeſprochen. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/135708028">Carlo-<lb/> witz</persName> iſt es geweſen, der zuerſt ein Formular dieſer Übertra-<lb/> gung entworfen und es dem römiſchen König vorgelegt hat.<lb/> Von Dem ward es dem Kaiſer zugeſendet, und dieſer hat es<lb/> am 27ſten October in ſeinem Lager zu <placeName>Sontheim</placeName> ausferti-<lb/> gen laſſen und unterzeichnet. Die Churwürde wird darin<lb/> dem rebelliſchen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Friedrich</persName> feierlich abgeſprochen und<lb/> auf Denjenigen übertragen, der ſich als ein Bekämpfer be-<lb/> ſagter Rebellion gezeigt habe. Mit großem Eifer hatte <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Fer-<lb/> dinand</persName> auf dieſe Ausfertigung gedrungen. Ohne die Uber-<lb/> tragung der Chur, ſagte er, würde der Herzog den Vertrag<lb/> der jetzt mit ihm geſchloſſen worden, ſchwerlich ausführen:<lb/> geſchehe ſie aber, ſo ſey niemals wieder an eine Verſöhnung<lb/> zwiſchen ihm und <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Friedrich</persName> zu denken.</p><lb/> <p>Auch ließ Herzog <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118584138">Moritz</persName> nunmehr alle weitern Bedenk-<lb/> lichkeiten fahren. Jetzt war ihm alles gewährt was er for-<lb/> dern konnte: die Oberherrlichkeit über die beiden Stifter, die<lb/> Churwürde, der größte Theil der Lande ſeines Vetters: in<lb/> der That, nicht um einen geringen Preis verkaufte er ſeine<lb/> Mitwirkung.</p><lb/> <p>Am 30ſten October überſchritten die böhmiſchen Trup-<lb/><note xml:id="fn26f" prev="#fn26i" place="foot" n="2"><placeName xml:id="plN6b" prev="#plN6a">burg</placeName> und <placeName>Reuß</placeName> an den Koͤnig: die uͤbrigen Lehen an den Herzog,<lb/> doch nicht ohne Entſchaͤdigung. Sollte der Koͤnig ein Reichslehen<lb/> erobern, ſo wollte er es wieder herausgeben, doch gegen Entſchaͤdigung.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [443/0455]
D. ſchmalk. Kr. Moritz wider Joh. Friedrich.
Während Johann Friedrich dort bei Giengen die ſchwäbiſchen
Reichsſtädte und Würtenberg gegen den vordringenden Kai-
ſer zu beſchützen ſich anſtrengte, ward hier ſein Land von
eben Dem, auf deſſen Schutz er gerechnet, und dem Bruder
des Kaiſers getheilt. Schon ward auch die Würde, auf
die er ſtolz war, eben dieſem Vetter zugeſprochen. Carlo-
witz iſt es geweſen, der zuerſt ein Formular dieſer Übertra-
gung entworfen und es dem römiſchen König vorgelegt hat.
Von Dem ward es dem Kaiſer zugeſendet, und dieſer hat es
am 27ſten October in ſeinem Lager zu Sontheim ausferti-
gen laſſen und unterzeichnet. Die Churwürde wird darin
dem rebelliſchen Johann Friedrich feierlich abgeſprochen und
auf Denjenigen übertragen, der ſich als ein Bekämpfer be-
ſagter Rebellion gezeigt habe. Mit großem Eifer hatte Fer-
dinand auf dieſe Ausfertigung gedrungen. Ohne die Uber-
tragung der Chur, ſagte er, würde der Herzog den Vertrag
der jetzt mit ihm geſchloſſen worden, ſchwerlich ausführen:
geſchehe ſie aber, ſo ſey niemals wieder an eine Verſöhnung
zwiſchen ihm und Johann Friedrich zu denken.
Auch ließ Herzog Moritz nunmehr alle weitern Bedenk-
lichkeiten fahren. Jetzt war ihm alles gewährt was er for-
dern konnte: die Oberherrlichkeit über die beiden Stifter, die
Churwürde, der größte Theil der Lande ſeines Vetters: in
der That, nicht um einen geringen Preis verkaufte er ſeine
Mitwirkung.
Am 30ſten October überſchritten die böhmiſchen Trup-
2
2 burg und Reuß an den Koͤnig: die uͤbrigen Lehen an den Herzog,
doch nicht ohne Entſchaͤdigung. Sollte der Koͤnig ein Reichslehen
erobern, ſo wollte er es wieder herausgeben, doch gegen Entſchaͤdigung.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |