Durch die Vermittelung zwei geborner Ulmer, David und Johann Baumgärtner, welche Blutsverwandte des ul- mischen Bürgermeisters Georg Besserer waren und in dem besten Verhältniß mit Granvella standen, geschahen die er- sten Eröffnungen.
Ein Gedanke, der anfangs angedeutet worden, als sey es um eine gemeinschaftliche Unterhandlung mit sämmtlichen oberländischen Fürsten und Städten zu thun, ward doch bald darauf von den kaiserlichen Ministern verworfen. Nicht mit dem Bund, auch nicht mit einem Theil desselben, sondern nur mit einzelnen Ständen wollten sie zu schaffen haben. Einen nach dem andern hofften sie herbeizubringen; zum An- fang hatten sie sich eben Ulm ausersehen.
Vergegenwärtigen wir uns die Lage dieser Stadt nä- her, so war sie folgende.
Von der protestantischen Seite liefen täglich neue An- muthungen ein. Johann Friedrich forderte Mitversicherung der von Frankreich angebotenen Summen; Philipp rieth eine Unternehmung auf einige minder gut besetzte Plätze an der Donau; Augsburg trug auf gemeinschaftliche Besetzung von Mindelheim an; Eßlingen rief um Hülfe. Indessen rückten ein paar noch unbezahlte Fähnlein des Bundesheeres ge- radezu in das ulmische Gebiet, um die Rückstände ihres Soldes gleichsam mit Gewalt einzutreiben.
Dagegen ließen es die Kaiserlichen nicht an Drohun- gen fehlen: Einziehung und Vergabung der Herrschaften auf dem Lande; förmliche Belagerung, die vollends alles ver- derben müsse, zu der schon die Kanonen von Rothenburg im Anzuge seyen. Würde dagegen die Stadt sich fügen,
Ausſoͤhnungen und Unterwerfungen. Ulm.
Durch die Vermittelung zwei geborner Ulmer, David und Johann Baumgärtner, welche Blutsverwandte des ul- miſchen Bürgermeiſters Georg Beſſerer waren und in dem beſten Verhältniß mit Granvella ſtanden, geſchahen die er- ſten Eröffnungen.
Ein Gedanke, der anfangs angedeutet worden, als ſey es um eine gemeinſchaftliche Unterhandlung mit ſämmtlichen oberländiſchen Fürſten und Städten zu thun, ward doch bald darauf von den kaiſerlichen Miniſtern verworfen. Nicht mit dem Bund, auch nicht mit einem Theil deſſelben, ſondern nur mit einzelnen Ständen wollten ſie zu ſchaffen haben. Einen nach dem andern hofften ſie herbeizubringen; zum An- fang hatten ſie ſich eben Ulm auserſehen.
Vergegenwärtigen wir uns die Lage dieſer Stadt nä- her, ſo war ſie folgende.
Von der proteſtantiſchen Seite liefen täglich neue An- muthungen ein. Johann Friedrich forderte Mitverſicherung der von Frankreich angebotenen Summen; Philipp rieth eine Unternehmung auf einige minder gut beſetzte Plätze an der Donau; Augsburg trug auf gemeinſchaftliche Beſetzung von Mindelheim an; Eßlingen rief um Hülfe. Indeſſen rückten ein paar noch unbezahlte Fähnlein des Bundesheeres ge- radezu in das ulmiſche Gebiet, um die Rückſtände ihres Soldes gleichſam mit Gewalt einzutreiben.
Dagegen ließen es die Kaiſerlichen nicht an Drohun- gen fehlen: Einziehung und Vergabung der Herrſchaften auf dem Lande; förmliche Belagerung, die vollends alles ver- derben müſſe, zu der ſchon die Kanonen von Rothenburg im Anzuge ſeyen. Würde dagegen die Stadt ſich fügen,
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Ausſoͤhnungen und Unterwerfungen. Ulm.
Durch die Vermittelung zwei geborner Ulmer, David
und Johann Baumgärtner, welche Blutsverwandte des ul-
miſchen Bürgermeiſters Georg Beſſerer waren und in dem
beſten Verhältniß mit Granvella ſtanden, geſchahen die er-
ſten Eröffnungen.
Ein Gedanke, der anfangs angedeutet worden, als ſey
es um eine gemeinſchaftliche Unterhandlung mit ſämmtlichen
oberländiſchen Fürſten und Städten zu thun, ward doch bald
darauf von den kaiſerlichen Miniſtern verworfen. Nicht mit
dem Bund, auch nicht mit einem Theil deſſelben, ſondern
nur mit einzelnen Ständen wollten ſie zu ſchaffen haben.
Einen nach dem andern hofften ſie herbeizubringen; zum An-
fang hatten ſie ſich eben Ulm auserſehen.
Vergegenwärtigen wir uns die Lage dieſer Stadt nä-
her, ſo war ſie folgende.
Von der proteſtantiſchen Seite liefen täglich neue An-
muthungen ein. Johann Friedrich forderte Mitverſicherung
der von Frankreich angebotenen Summen; Philipp rieth eine
Unternehmung auf einige minder gut beſetzte Plätze an der
Donau; Augsburg trug auf gemeinſchaftliche Beſetzung von
Mindelheim an; Eßlingen rief um Hülfe. Indeſſen rückten
ein paar noch unbezahlte Fähnlein des Bundesheeres ge-
radezu in das ulmiſche Gebiet, um die Rückſtände ihres
Soldes gleichſam mit Gewalt einzutreiben.
Dagegen ließen es die Kaiſerlichen nicht an Drohun-
gen fehlen: Einziehung und Vergabung der Herrſchaften auf
dem Lande; förmliche Belagerung, die vollends alles ver-
derben müſſe, zu der ſchon die Kanonen von Rothenburg
im Anzuge ſeyen. Würde dagegen die Stadt ſich fügen,
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/465>, abgerufen am 22.11.2024.
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