Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Aussöhn. u. Unterw. Frankfurt, Cölln.
Rache nehmen werde. Namentlich fürchtete Frankfurt den
Verlust seiner Messen, und ich finde in der That, daß die
Stadt Worms sich schmeichelte, dieselben an sich zu ziehen.
Der Graf versprach sein Fürwort auch in Hinsicht der Re-
ligion: er würde dem Kaiser selbst nicht länger dienen, wenn
diese angegriffen werden sollte. Schon am 29sten Decem-
ber zogen die Kaiserlichen in Frankfurt ein; am 21sten Ja-
nuar 1547 leisteten die Bürger dem Kaiser einen neuen
Huldigungseid. 1

Und unter diesen Auspicien ward nun auch die große
Angelegenheit die den Ausbruch des Krieges hauptsächlich
mit veranlaßt hatte, die cöllnische, zu Ende gebracht.

Es ist ganz in der Art und Weise der Regierung
Carls V, daß die päpstliche Excommunication gegen den
Erzbischof schon im April 1546 ausgesprochen worden, der
Kaiser aber sich wohl gehütet hatte ihr Folge zu geben.
Auf dem Wege nach Regensburg hatte er noch einmal die
Vertrautesten vom Clerus seiner Hülfe versichern, den Rath
in seiner streng katholischen Haltung bestärken lassen; den Erz-
bischof hatte er aufs neue gewarnt, aber ihn übrigens glimpf-
lich behandelt. Man wußte wohl, daß Hermann seine Ge-
sandten auf die Zusammenkünfte, später ins Lager der Prote-
stanten geschickt, daß dagegen protestantische Abgeordnete bei
ihm gewesen, sein Geschütz, seine Vertheidigungsmittel über-
haupt untersucht hatten. Wäre er so entschieden bedroht
worden, so würde er sich doch vielleicht zu einer ernstlichen
Anstrengung seiner Kräfte ermannt haben, die er bisher ver-
mied, und die vielleicht ein Gewicht in die Wagschale hätte

1 Kirchner Geschichte von Frankfurt II, 128.

Ausſoͤhn. u. Unterw. Frankfurt, Coͤlln.
Rache nehmen werde. Namentlich fürchtete Frankfurt den
Verluſt ſeiner Meſſen, und ich finde in der That, daß die
Stadt Worms ſich ſchmeichelte, dieſelben an ſich zu ziehen.
Der Graf verſprach ſein Fürwort auch in Hinſicht der Re-
ligion: er würde dem Kaiſer ſelbſt nicht länger dienen, wenn
dieſe angegriffen werden ſollte. Schon am 29ſten Decem-
ber zogen die Kaiſerlichen in Frankfurt ein; am 21ſten Ja-
nuar 1547 leiſteten die Bürger dem Kaiſer einen neuen
Huldigungseid. 1

Und unter dieſen Auſpicien ward nun auch die große
Angelegenheit die den Ausbruch des Krieges hauptſächlich
mit veranlaßt hatte, die cöllniſche, zu Ende gebracht.

Es iſt ganz in der Art und Weiſe der Regierung
Carls V, daß die päpſtliche Excommunication gegen den
Erzbiſchof ſchon im April 1546 ausgeſprochen worden, der
Kaiſer aber ſich wohl gehütet hatte ihr Folge zu geben.
Auf dem Wege nach Regensburg hatte er noch einmal die
Vertrauteſten vom Clerus ſeiner Hülfe verſichern, den Rath
in ſeiner ſtreng katholiſchen Haltung beſtärken laſſen; den Erz-
biſchof hatte er aufs neue gewarnt, aber ihn übrigens glimpf-
lich behandelt. Man wußte wohl, daß Hermann ſeine Ge-
ſandten auf die Zuſammenkünfte, ſpäter ins Lager der Prote-
ſtanten geſchickt, daß dagegen proteſtantiſche Abgeordnete bei
ihm geweſen, ſein Geſchütz, ſeine Vertheidigungsmittel über-
haupt unterſucht hatten. Wäre er ſo entſchieden bedroht
worden, ſo würde er ſich doch vielleicht zu einer ernſtlichen
Anſtrengung ſeiner Kräfte ermannt haben, die er bisher ver-
mied, und die vielleicht ein Gewicht in die Wagſchale hätte

1 Kirchner Geſchichte von Frankfurt II, 128.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0475" n="463"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Aus&#x017F;o&#x0364;hn. u. Unterw. <placeName>Frankfurt</placeName>, <placeName>Co&#x0364;lln</placeName></hi>.</fw><lb/>
Rache nehmen werde. Namentlich fürchtete <placeName>Frankfurt</placeName> den<lb/>
Verlu&#x017F;t &#x017F;einer Me&#x017F;&#x017F;en, und ich finde in der That, daß die<lb/>
Stadt <placeName>Worms</placeName> &#x017F;ich &#x017F;chmeichelte, die&#x017F;elben an &#x017F;ich zu ziehen.<lb/>
Der Graf ver&#x017F;prach &#x017F;ein Fürwort auch in Hin&#x017F;icht der Re-<lb/>
ligion: er würde dem Kai&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t nicht länger dienen, wenn<lb/>
die&#x017F;e angegriffen werden &#x017F;ollte. Schon am 29&#x017F;ten Decem-<lb/>
ber zogen die Kai&#x017F;erlichen in <placeName>Frankfurt</placeName> ein; am 21&#x017F;ten Ja-<lb/>
nuar 1547 lei&#x017F;teten die Bürger dem Kai&#x017F;er einen neuen<lb/>
Huldigungseid. <note place="foot" n="1"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/116186828">Kirchner</persName> Ge&#x017F;chichte von <placeName>Frankfurt</placeName> <hi rendition="#aq">II,</hi> 128.</note></p><lb/>
          <p>Und unter die&#x017F;en Au&#x017F;picien ward nun auch die große<lb/>
Angelegenheit die den Ausbruch des Krieges haupt&#x017F;ächlich<lb/>
mit veranlaßt hatte, die cöllni&#x017F;che, zu Ende gebracht.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t ganz in der Art und Wei&#x017F;e der Regierung<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118560093">Carls <hi rendition="#aq">V</hi></persName>, daß die päp&#x017F;tliche Excommunication gegen den<lb/>
Erzbi&#x017F;chof &#x017F;chon im April 1546 ausge&#x017F;prochen worden, der<lb/>
Kai&#x017F;er aber &#x017F;ich wohl gehütet hatte ihr Folge zu geben.<lb/>
Auf dem Wege nach <placeName>Regensburg</placeName> hatte er noch einmal die<lb/>
Vertraute&#x017F;ten vom Clerus &#x017F;einer Hülfe ver&#x017F;ichern, den Rath<lb/>
in &#x017F;einer &#x017F;treng katholi&#x017F;chen Haltung be&#x017F;tärken la&#x017F;&#x017F;en; den Erz-<lb/>
bi&#x017F;chof hatte er aufs neue gewarnt, aber ihn übrigens glimpf-<lb/>
lich behandelt. Man wußte wohl, daß <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118702793">Hermann</persName> &#x017F;eine Ge-<lb/>
&#x017F;andten auf die Zu&#x017F;ammenkünfte, &#x017F;päter ins Lager der Prote-<lb/>
&#x017F;tanten ge&#x017F;chickt, daß dagegen prote&#x017F;tanti&#x017F;che Abgeordnete bei<lb/>
ihm gewe&#x017F;en, &#x017F;ein Ge&#x017F;chütz, &#x017F;eine Vertheidigungsmittel über-<lb/>
haupt unter&#x017F;ucht hatten. Wäre er &#x017F;o ent&#x017F;chieden bedroht<lb/>
worden, &#x017F;o würde er &#x017F;ich doch vielleicht zu einer ern&#x017F;tlichen<lb/>
An&#x017F;trengung &#x017F;einer Kräfte ermannt haben, die er bisher ver-<lb/>
mied, und die vielleicht ein Gewicht in die Wag&#x017F;chale hätte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[463/0475] Ausſoͤhn. u. Unterw. Frankfurt, Coͤlln. Rache nehmen werde. Namentlich fürchtete Frankfurt den Verluſt ſeiner Meſſen, und ich finde in der That, daß die Stadt Worms ſich ſchmeichelte, dieſelben an ſich zu ziehen. Der Graf verſprach ſein Fürwort auch in Hinſicht der Re- ligion: er würde dem Kaiſer ſelbſt nicht länger dienen, wenn dieſe angegriffen werden ſollte. Schon am 29ſten Decem- ber zogen die Kaiſerlichen in Frankfurt ein; am 21ſten Ja- nuar 1547 leiſteten die Bürger dem Kaiſer einen neuen Huldigungseid. 1 Und unter dieſen Auſpicien ward nun auch die große Angelegenheit die den Ausbruch des Krieges hauptſächlich mit veranlaßt hatte, die cöllniſche, zu Ende gebracht. Es iſt ganz in der Art und Weiſe der Regierung Carls V, daß die päpſtliche Excommunication gegen den Erzbiſchof ſchon im April 1546 ausgeſprochen worden, der Kaiſer aber ſich wohl gehütet hatte ihr Folge zu geben. Auf dem Wege nach Regensburg hatte er noch einmal die Vertrauteſten vom Clerus ſeiner Hülfe verſichern, den Rath in ſeiner ſtreng katholiſchen Haltung beſtärken laſſen; den Erz- biſchof hatte er aufs neue gewarnt, aber ihn übrigens glimpf- lich behandelt. Man wußte wohl, daß Hermann ſeine Ge- ſandten auf die Zuſammenkünfte, ſpäter ins Lager der Prote- ſtanten geſchickt, daß dagegen proteſtantiſche Abgeordnete bei ihm geweſen, ſein Geſchütz, ſeine Vertheidigungsmittel über- haupt unterſucht hatten. Wäre er ſo entſchieden bedroht worden, ſo würde er ſich doch vielleicht zu einer ernſtlichen Anſtrengung ſeiner Kräfte ermannt haben, die er bisher ver- mied, und die vielleicht ein Gewicht in die Wagſchale hätte 1 Kirchner Geſchichte von Frankfurt II, 128.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/475
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/475>, abgerufen am 22.11.2024.