Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Achtes Buch. Drittes Capitel.
werfen können. Man muß wohl urtheilen, daß er es auch
so hätte thun sollen. Denn wie die Sachen zwischen ihm
und dem Kaiser nun einmal standen, so durfte er nicht zwei-
feln, daß seine Existenz von dem Erfolg der protestantischen
Waffen abhieng. In demselben Moment wo sich das Glück
im Feld für den Kaiser entschieden, im November ward dem
Erzbischof die gegen ihn ergangene Sentenz kund gethan.
Mochte er dagegen immerhin seine alten Einwendungen wie-
derholen, so wie die ersten Unterwerfungen in Schwaben er-
folgt, schickte der Kaiser sich an, die päpstliche Sentenz zu
vollstrecken. Aus seinem Feldlager in Schwaben entsandte
er zu dem Ende seinen Commissarius Viglius van Zuichem,
dem sich der Gouverneur von Geldern, Graf Hochstraaten,
zugesellte, nach Cölln.

Worauf hiebei alles ankam, das war die Haltung welche
die Stände des Erzstiftes, die sich ihrem Fürsten zugesellt
hatten, behaupten würden. Sie wurden auf den 24sten Ja-
nuar 1547 zu einer Versammlung nach Cölln eingeladen.

Es wäre noch immer sehr möglich gewesen, daß der
Moment der Krise zu einer lebhaften Manifestation für den
Erzbischof bewogen hätte, dadurch vielleicht eine günstige Be-
wegung selbst in der Stadt, wo noch Viele für denselben
waren, hervorgerufen worden wäre. Gab es doch auch hier
Beschwerden gegen die Geistlichkeit genug, welche eben bei
dem Wechsel der Regierung zur Sprache kommen mußten.

Die Sorge der Commissarien gieng nun dahin, jede Be-
wegung zu vermeiden, ihren Auftrag ganz im Frieden zu
vollziehen.

Die Absicht des Churfürsten war, zu dem anberaumten
Tage selbst in der Stadt zu erscheinen. Die Commissarien

Achtes Buch. Drittes Capitel.
werfen können. Man muß wohl urtheilen, daß er es auch
ſo hätte thun ſollen. Denn wie die Sachen zwiſchen ihm
und dem Kaiſer nun einmal ſtanden, ſo durfte er nicht zwei-
feln, daß ſeine Exiſtenz von dem Erfolg der proteſtantiſchen
Waffen abhieng. In demſelben Moment wo ſich das Glück
im Feld für den Kaiſer entſchieden, im November ward dem
Erzbiſchof die gegen ihn ergangene Sentenz kund gethan.
Mochte er dagegen immerhin ſeine alten Einwendungen wie-
derholen, ſo wie die erſten Unterwerfungen in Schwaben er-
folgt, ſchickte der Kaiſer ſich an, die päpſtliche Sentenz zu
vollſtrecken. Aus ſeinem Feldlager in Schwaben entſandte
er zu dem Ende ſeinen Commiſſarius Viglius van Zuichem,
dem ſich der Gouverneur von Geldern, Graf Hochſtraaten,
zugeſellte, nach Cölln.

Worauf hiebei alles ankam, das war die Haltung welche
die Stände des Erzſtiftes, die ſich ihrem Fürſten zugeſellt
hatten, behaupten würden. Sie wurden auf den 24ſten Ja-
nuar 1547 zu einer Verſammlung nach Cölln eingeladen.

Es wäre noch immer ſehr möglich geweſen, daß der
Moment der Kriſe zu einer lebhaften Manifeſtation für den
Erzbiſchof bewogen hätte, dadurch vielleicht eine günſtige Be-
wegung ſelbſt in der Stadt, wo noch Viele für denſelben
waren, hervorgerufen worden wäre. Gab es doch auch hier
Beſchwerden gegen die Geiſtlichkeit genug, welche eben bei
dem Wechſel der Regierung zur Sprache kommen mußten.

Die Sorge der Commiſſarien gieng nun dahin, jede Be-
wegung zu vermeiden, ihren Auftrag ganz im Frieden zu
vollziehen.

Die Abſicht des Churfürſten war, zu dem anberaumten
Tage ſelbſt in der Stadt zu erſcheinen. Die Commiſſarien

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0476" n="464"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Achtes Buch. Drittes Capitel</hi>.</fw><lb/>
werfen können. Man muß wohl urtheilen, daß er es auch<lb/>
&#x017F;o hätte thun &#x017F;ollen. Denn wie die Sachen zwi&#x017F;chen ihm<lb/>
und dem Kai&#x017F;er nun einmal &#x017F;tanden, &#x017F;o durfte er nicht zwei-<lb/>
feln, daß &#x017F;eine Exi&#x017F;tenz von dem Erfolg der prote&#x017F;tanti&#x017F;chen<lb/>
Waffen abhieng. In dem&#x017F;elben Moment wo &#x017F;ich das Glück<lb/>
im Feld für den Kai&#x017F;er ent&#x017F;chieden, im November ward dem<lb/>
Erzbi&#x017F;chof die gegen ihn ergangene Sentenz kund gethan.<lb/>
Mochte er dagegen immerhin &#x017F;eine alten Einwendungen wie-<lb/>
derholen, &#x017F;o wie die er&#x017F;ten Unterwerfungen in <placeName>Schwaben</placeName> er-<lb/>
folgt, &#x017F;chickte der Kai&#x017F;er &#x017F;ich an, die päp&#x017F;tliche Sentenz zu<lb/>
voll&#x017F;trecken. Aus &#x017F;einem Feldlager in <placeName>Schwaben</placeName> ent&#x017F;andte<lb/>
er zu dem Ende &#x017F;einen Commi&#x017F;&#x017F;arius <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119490528">Viglius van Zuichem</persName>,<lb/>
dem &#x017F;ich der Gouverneur von <placeName>Geldern</placeName>, <persName ref="nognd">Graf Hoch&#x017F;traaten</persName>,<lb/>
zuge&#x017F;ellte, nach <placeName>Cölln</placeName>.</p><lb/>
          <p>Worauf hiebei alles ankam, das war die Haltung welche<lb/>
die Stände des Erz&#x017F;tiftes, die &#x017F;ich ihrem Für&#x017F;ten zuge&#x017F;ellt<lb/>
hatten, behaupten würden. Sie wurden auf den 24&#x017F;ten Ja-<lb/>
nuar 1547 zu einer Ver&#x017F;ammlung nach <placeName>Cölln</placeName> eingeladen.</p><lb/>
          <p>Es wäre noch immer &#x017F;ehr möglich gewe&#x017F;en, daß der<lb/>
Moment der Kri&#x017F;e zu einer lebhaften Manife&#x017F;tation für den<lb/>
Erzbi&#x017F;chof bewogen hätte, dadurch vielleicht eine gün&#x017F;tige Be-<lb/>
wegung &#x017F;elb&#x017F;t in der Stadt, wo noch Viele für den&#x017F;elben<lb/>
waren, hervorgerufen worden wäre. Gab es doch auch hier<lb/>
Be&#x017F;chwerden gegen die Gei&#x017F;tlichkeit genug, welche eben bei<lb/>
dem Wech&#x017F;el der Regierung zur Sprache kommen mußten.</p><lb/>
          <p>Die Sorge der Commi&#x017F;&#x017F;arien gieng nun dahin, jede Be-<lb/>
wegung zu vermeiden, ihren Auftrag ganz im Frieden zu<lb/>
vollziehen.</p><lb/>
          <p>Die Ab&#x017F;icht des Churfür&#x017F;ten war, zu dem anberaumten<lb/>
Tage &#x017F;elb&#x017F;t in der Stadt zu er&#x017F;cheinen. Die Commi&#x017F;&#x017F;arien<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[464/0476] Achtes Buch. Drittes Capitel. werfen können. Man muß wohl urtheilen, daß er es auch ſo hätte thun ſollen. Denn wie die Sachen zwiſchen ihm und dem Kaiſer nun einmal ſtanden, ſo durfte er nicht zwei- feln, daß ſeine Exiſtenz von dem Erfolg der proteſtantiſchen Waffen abhieng. In demſelben Moment wo ſich das Glück im Feld für den Kaiſer entſchieden, im November ward dem Erzbiſchof die gegen ihn ergangene Sentenz kund gethan. Mochte er dagegen immerhin ſeine alten Einwendungen wie- derholen, ſo wie die erſten Unterwerfungen in Schwaben er- folgt, ſchickte der Kaiſer ſich an, die päpſtliche Sentenz zu vollſtrecken. Aus ſeinem Feldlager in Schwaben entſandte er zu dem Ende ſeinen Commiſſarius Viglius van Zuichem, dem ſich der Gouverneur von Geldern, Graf Hochſtraaten, zugeſellte, nach Cölln. Worauf hiebei alles ankam, das war die Haltung welche die Stände des Erzſtiftes, die ſich ihrem Fürſten zugeſellt hatten, behaupten würden. Sie wurden auf den 24ſten Ja- nuar 1547 zu einer Verſammlung nach Cölln eingeladen. Es wäre noch immer ſehr möglich geweſen, daß der Moment der Kriſe zu einer lebhaften Manifeſtation für den Erzbiſchof bewogen hätte, dadurch vielleicht eine günſtige Be- wegung ſelbſt in der Stadt, wo noch Viele für denſelben waren, hervorgerufen worden wäre. Gab es doch auch hier Beſchwerden gegen die Geiſtlichkeit genug, welche eben bei dem Wechſel der Regierung zur Sprache kommen mußten. Die Sorge der Commiſſarien gieng nun dahin, jede Be- wegung zu vermeiden, ihren Auftrag ganz im Frieden zu vollziehen. Die Abſicht des Churfürſten war, zu dem anberaumten Tage ſelbſt in der Stadt zu erſcheinen. Die Commiſſarien

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/476
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/476>, abgerufen am 22.11.2024.