so eben Anstalt machte, kraft der kaiserlichen Vergünstigung sich in Besitz der beiden Stifter Magdeburg und Halber- stadt zu setzen.
Ohne Widerstand zu finden, gelangte Johann Friedrich nach Halle. In allem reichsfürstlichen Pomp, von zwei Her- zögen von Braunschweig und Lüneburg, einem Fürsten von Anhalt, einer zahlreichen Schaar von Grafen und Herrn, seinem Bruder und einem seiner Söhne begleitet, zog er da- selbst ein; zuerst nach alter burggräflicher Gewohnheit um- ritt er den Roland, der wieder am rothen Thurm aufgestellt worden. Hierauf trug er kein Bedenken, in bester Form Besitz zu ergreifen. Rath und Bürgerschaft leisteten ihm die Huldigung; ein gleichzeitiger Bericht versichert, lange sey keine so gern, "so frisch" geschehen. Der Erzbischof Jo- hann Albert, der in Halle zugegen war, mußte sich beque- men nicht allein auf die Stadt, sondern auf die beiden Stif- ter geradezu Verzicht zu leisten, gegen eine Rente von jähr- lich 10000 G. In einem sogenannten Auflaßbrief an Capi- tel und Stände sprach er die Unterthanen von der Pflicht los, mit der sie ihm bisher verwandt gewesen, und wies sie da- mit an seinen Herrn und Oheim den Churfürsten von Sach- sen. Einige Tage darauf erschienen die Lehnsleute beider Stifte zu Halle und leisteten dem Churfürsten wirklich den Eid der Treue. 1
Man wird nicht anders erwarten, als daß dieß alles mit neuen Vortheilen des Protestantismus verbunden war. Im Merseburgischen wurden die bisher noch geduldeten Reste
1 Einnehmung der Stadt Halleex actis publicis bei Drey- hauptSaalkreisI, 240.
ſo eben Anſtalt machte, kraft der kaiſerlichen Vergünſtigung ſich in Beſitz der beiden Stifter Magdeburg und Halber- ſtadt zu ſetzen.
Ohne Widerſtand zu finden, gelangte Johann Friedrich nach Halle. In allem reichsfürſtlichen Pomp, von zwei Her- zögen von Braunſchweig und Lüneburg, einem Fürſten von Anhalt, einer zahlreichen Schaar von Grafen und Herrn, ſeinem Bruder und einem ſeiner Söhne begleitet, zog er da- ſelbſt ein; zuerſt nach alter burggräflicher Gewohnheit um- ritt er den Roland, der wieder am rothen Thurm aufgeſtellt worden. Hierauf trug er kein Bedenken, in beſter Form Beſitz zu ergreifen. Rath und Bürgerſchaft leiſteten ihm die Huldigung; ein gleichzeitiger Bericht verſichert, lange ſey keine ſo gern, „ſo friſch“ geſchehen. Der Erzbiſchof Jo- hann Albert, der in Halle zugegen war, mußte ſich beque- men nicht allein auf die Stadt, ſondern auf die beiden Stif- ter geradezu Verzicht zu leiſten, gegen eine Rente von jähr- lich 10000 G. In einem ſogenannten Auflaßbrief an Capi- tel und Stände ſprach er die Unterthanen von der Pflicht los, mit der ſie ihm bisher verwandt geweſen, und wies ſie da- mit an ſeinen Herrn und Oheim den Churfürſten von Sach- ſen. Einige Tage darauf erſchienen die Lehnsleute beider Stifte zu Halle und leiſteten dem Churfürſten wirklich den Eid der Treue. 1
Man wird nicht anders erwarten, als daß dieß alles mit neuen Vortheilen des Proteſtantismus verbunden war. Im Merſeburgiſchen wurden die bisher noch geduldeten Reſte
1 Einnehmung der Stadt Halleex actis publicis bei Drey- hauptSaalkreisI, 240.
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[497/0509]
Stellung Johann Friedrichs 1547.
ſo eben Anſtalt machte, kraft der kaiſerlichen Vergünſtigung
ſich in Beſitz der beiden Stifter Magdeburg und Halber-
ſtadt zu ſetzen.
Ohne Widerſtand zu finden, gelangte Johann Friedrich
nach Halle. In allem reichsfürſtlichen Pomp, von zwei Her-
zögen von Braunſchweig und Lüneburg, einem Fürſten von
Anhalt, einer zahlreichen Schaar von Grafen und Herrn,
ſeinem Bruder und einem ſeiner Söhne begleitet, zog er da-
ſelbſt ein; zuerſt nach alter burggräflicher Gewohnheit um-
ritt er den Roland, der wieder am rothen Thurm aufgeſtellt
worden. Hierauf trug er kein Bedenken, in beſter Form
Beſitz zu ergreifen. Rath und Bürgerſchaft leiſteten ihm
die Huldigung; ein gleichzeitiger Bericht verſichert, lange ſey
keine ſo gern, „ſo friſch“ geſchehen. Der Erzbiſchof Jo-
hann Albert, der in Halle zugegen war, mußte ſich beque-
men nicht allein auf die Stadt, ſondern auf die beiden Stif-
ter geradezu Verzicht zu leiſten, gegen eine Rente von jähr-
lich 10000 G. In einem ſogenannten Auflaßbrief an Capi-
tel und Stände ſprach er die Unterthanen von der Pflicht los,
mit der ſie ihm bisher verwandt geweſen, und wies ſie da-
mit an ſeinen Herrn und Oheim den Churfürſten von Sach-
ſen. Einige Tage darauf erſchienen die Lehnsleute beider
Stifte zu Halle und leiſteten dem Churfürſten wirklich den
Eid der Treue. 1
Man wird nicht anders erwarten, als daß dieß alles
mit neuen Vortheilen des Proteſtantismus verbunden war.
Im Merſeburgiſchen wurden die bisher noch geduldeten Reſte
1 Einnehmung der Stadt Halle ex actis publicis bei Drey-
haupt Saalkreis I, 240.
Ranke D. Geſch. IV. 32
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/509>, abgerufen am 24.11.2024.
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