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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Achtes Buch. Fünftes Capitel.
mit bessern Nachrichten versehen ward als seine Gegner,
kam diesem Angriff jedoch zuvor. Er wußte, daß der Mark-
graf die Fastnachtsvergnügungen dort an dem kleinen Hof
in die Fasten hinein fortsetzte, daß er seiner Truppen nicht
vollkommen mächtig sey, weil er sie nicht gehörig besolde,
und alle Vorsicht versäume. Am Morgen jenes zweiten März
erschien er vor Rochlitz, und hatte die Höhen eingenommen,
die den Ort beherrschen, ehe der Markgraf von seiner An-
kunft etwas erfuhr. Zwar ließ dieser nun aufblasen und aus
den Thoren rücken, aber seine Reiter hatten keine Lust, ge-
gen die feindliche Übermacht ernstlich anzugehn. Zu gleicher
Zeit wurde die Brücke die über die Mulde führt, genommen,
und in der Vorstadt kam Feuer aus; in dem allgemeinen
Wirrwarr der hierüber entstand, war an keine Vertheidigung
zu denken. Der streitbare freudige Markgraf ward selber
gefangen: seine Leute mußten schwören, binnen 6 Monat
nicht gegen den Churfürsten zu dienen.

Unter den kleineren Waffenthaten wird sich selten eine
finden, die ein so allgemeines Aufsehen erregte. In allen
Correspondenzen der Zeit wird ihrer als eines wichtigen Er-
eignisses gedacht. 1


1 Schreiben an die Universität: Rectori, magistris und Docto-
ren unser Universität zu Wittenberg, bei Strobel Vermischte Beiträge
p. 70; auch an Bugenhagen, Brück und Melanchthon besonders ge-
richtet: Corp. Ref. VI, 428. Im Wesentlichen, ausgenommen der
Schluß, identisch mit einem Schreiben an den König von Frankreich
bei Ribier I, 621. Noch besser, besonders viel anschaulicher, ist je-
doch das Schreiben Graf Volradts von Mansfeld an seinen Vater
3ten März; aus diesem und dem Briefe des Churfürsten ist wohl
die wahrhaftige Zeitung bei Hortleder II, c. 62 erst zusammengesetzt.
Eigenthümlich ist der Bericht von Albrechts Seite in Meusels histo-
rischen Untersuchungen Bd III.

Achtes Buch. Fuͤnftes Capitel.
mit beſſern Nachrichten verſehen ward als ſeine Gegner,
kam dieſem Angriff jedoch zuvor. Er wußte, daß der Mark-
graf die Faſtnachtsvergnügungen dort an dem kleinen Hof
in die Faſten hinein fortſetzte, daß er ſeiner Truppen nicht
vollkommen mächtig ſey, weil er ſie nicht gehörig beſolde,
und alle Vorſicht verſäume. Am Morgen jenes zweiten März
erſchien er vor Rochlitz, und hatte die Höhen eingenommen,
die den Ort beherrſchen, ehe der Markgraf von ſeiner An-
kunft etwas erfuhr. Zwar ließ dieſer nun aufblaſen und aus
den Thoren rücken, aber ſeine Reiter hatten keine Luſt, ge-
gen die feindliche Übermacht ernſtlich anzugehn. Zu gleicher
Zeit wurde die Brücke die über die Mulde führt, genommen,
und in der Vorſtadt kam Feuer aus; in dem allgemeinen
Wirrwarr der hierüber entſtand, war an keine Vertheidigung
zu denken. Der ſtreitbare freudige Markgraf ward ſelber
gefangen: ſeine Leute mußten ſchwören, binnen 6 Monat
nicht gegen den Churfürſten zu dienen.

Unter den kleineren Waffenthaten wird ſich ſelten eine
finden, die ein ſo allgemeines Aufſehen erregte. In allen
Correſpondenzen der Zeit wird ihrer als eines wichtigen Er-
eigniſſes gedacht. 1


1 Schreiben an die Univerſitaͤt: Rectori, magistris und Docto-
ren unſer Univerſitaͤt zu Wittenberg, bei Strobel Vermiſchte Beitraͤge
p. 70; auch an Bugenhagen, Bruͤck und Melanchthon beſonders ge-
richtet: Corp. Ref. VI, 428. Im Weſentlichen, ausgenommen der
Schluß, identiſch mit einem Schreiben an den Koͤnig von Frankreich
bei Ribier I, 621. Noch beſſer, beſonders viel anſchaulicher, iſt je-
doch das Schreiben Graf Volradts von Mansfeld an ſeinen Vater
3ten Maͤrz; aus dieſem und dem Briefe des Churfuͤrſten iſt wohl
die wahrhaftige Zeitung bei Hortleder II, c. 62 erſt zuſammengeſetzt.
Eigenthuͤmlich iſt der Bericht von Albrechts Seite in Meuſels hiſto-
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[502/0514] Achtes Buch. Fuͤnftes Capitel. mit beſſern Nachrichten verſehen ward als ſeine Gegner, kam dieſem Angriff jedoch zuvor. Er wußte, daß der Mark- graf die Faſtnachtsvergnügungen dort an dem kleinen Hof in die Faſten hinein fortſetzte, daß er ſeiner Truppen nicht vollkommen mächtig ſey, weil er ſie nicht gehörig beſolde, und alle Vorſicht verſäume. Am Morgen jenes zweiten März erſchien er vor Rochlitz, und hatte die Höhen eingenommen, die den Ort beherrſchen, ehe der Markgraf von ſeiner An- kunft etwas erfuhr. Zwar ließ dieſer nun aufblaſen und aus den Thoren rücken, aber ſeine Reiter hatten keine Luſt, ge- gen die feindliche Übermacht ernſtlich anzugehn. Zu gleicher Zeit wurde die Brücke die über die Mulde führt, genommen, und in der Vorſtadt kam Feuer aus; in dem allgemeinen Wirrwarr der hierüber entſtand, war an keine Vertheidigung zu denken. Der ſtreitbare freudige Markgraf ward ſelber gefangen: ſeine Leute mußten ſchwören, binnen 6 Monat nicht gegen den Churfürſten zu dienen. Unter den kleineren Waffenthaten wird ſich ſelten eine finden, die ein ſo allgemeines Aufſehen erregte. In allen Correſpondenzen der Zeit wird ihrer als eines wichtigen Er- eigniſſes gedacht. 1 1 Schreiben an die Univerſitaͤt: Rectori, magistris und Docto- ren unſer Univerſitaͤt zu Wittenberg, bei Strobel Vermiſchte Beitraͤge p. 70; auch an Bugenhagen, Bruͤck und Melanchthon beſonders ge- richtet: Corp. Ref. VI, 428. Im Weſentlichen, ausgenommen der Schluß, identiſch mit einem Schreiben an den Koͤnig von Frankreich bei Ribier I, 621. Noch beſſer, beſonders viel anſchaulicher, iſt je- doch das Schreiben Graf Volradts von Mansfeld an ſeinen Vater 3ten Maͤrz; aus dieſem und dem Briefe des Churfuͤrſten iſt wohl die wahrhaftige Zeitung bei Hortleder II, c. 62 erſt zuſammengeſetzt. Eigenthuͤmlich iſt der Bericht von Albrechts Seite in Meuſels hiſto- riſchen Unterſuchungen Bd III.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/514>, abgerufen am 24.11.2024.