len andern benachbarten Fürsten, Baiern, Pfalz, Branden- burg ward Hülfe erwartet; man sprach von der Ankunft spa- nischer Büchsenschützen und 8000 neugeworbener Husaren. So gerüstet und vorbereitet erschien der König am 3ten Juni in Leitmeritz. 1
Die Meinung Ferdinands war weniger, Krieg zu be- ginnen, als vielmehr den Eindruck des allgemeinen Erfolgs durch Furcht vor den eigenen Waffen zu verstärken und seine Gegner durch Abfall in ihren Reihen zu vernichten. Und sehr gut kannte er seine Leute. Auf sein Mandat, daß sich jeder, der auf Verzeihung hoffen wolle, bei ihm in Leitmeritz einfinden möge, traten über 200 Edelleute, die sich bisher zu den Ständen gehalten, zu ihm über; auch einige Städte sandten Deputirte.
Mit Einem Schlag war das Bündniß gesprengt, das ihm die Krone streitig machen wollen. Es kam nur noch darauf an, daß er sich auch des Mittelpunctes und Heer- des der Bewegung, der Stadt Prag, bemächtige.
Er begann damit, das Schloß besetzen zu lassen. Am 2ten Juli erschien er dann selber dort, worauf auch die Kleinseite und die Brücke genommen wurden.
Noch wollte die Stadt, von dem umwohnenden Land- volk verstärkt, sich nicht fügen. Am 6ten Juli, dem Johann Hussens Tag, ließ sie noch ein Schreiben in die Kreise er- gehn, sie gegen den Überdrang des königlichen Kriegsvolks um Hülfe und Zuzug zu ersuchen. Noch schien sie entschlos- sen sich zu wehren.
1 Die Ulmer Gesandten, 8 Juni Leitmeritz. "Der Allmech- tig verleihe seine Gnad, damit Blutvergießen und der Armen Ver- derben fürkommen werde."
Unterwerfung von Boͤhmen.
len andern benachbarten Fürſten, Baiern, Pfalz, Branden- burg ward Hülfe erwartet; man ſprach von der Ankunft ſpa- niſcher Büchſenſchützen und 8000 neugeworbener Huſaren. So gerüſtet und vorbereitet erſchien der König am 3ten Juni in Leitmeritz. 1
Die Meinung Ferdinands war weniger, Krieg zu be- ginnen, als vielmehr den Eindruck des allgemeinen Erfolgs durch Furcht vor den eigenen Waffen zu verſtärken und ſeine Gegner durch Abfall in ihren Reihen zu vernichten. Und ſehr gut kannte er ſeine Leute. Auf ſein Mandat, daß ſich jeder, der auf Verzeihung hoffen wolle, bei ihm in Leitmeritz einfinden möge, traten über 200 Edelleute, die ſich bisher zu den Ständen gehalten, zu ihm über; auch einige Städte ſandten Deputirte.
Mit Einem Schlag war das Bündniß geſprengt, das ihm die Krone ſtreitig machen wollen. Es kam nur noch darauf an, daß er ſich auch des Mittelpunctes und Heer- des der Bewegung, der Stadt Prag, bemächtige.
Er begann damit, das Schloß beſetzen zu laſſen. Am 2ten Juli erſchien er dann ſelber dort, worauf auch die Kleinſeite und die Brücke genommen wurden.
Noch wollte die Stadt, von dem umwohnenden Land- volk verſtärkt, ſich nicht fügen. Am 6ten Juli, dem Johann Huſſens Tag, ließ ſie noch ein Schreiben in die Kreiſe er- gehn, ſie gegen den Überdrang des königlichen Kriegsvolks um Hülfe und Zuzug zu erſuchen. Noch ſchien ſie entſchloſ- ſen ſich zu wehren.
1 Die Ulmer Geſandten, 8 Juni Leitmeritz. „Der Allmech- tig verleihe ſeine Gnad, damit Blutvergießen und der Armen Ver- derben fuͤrkommen werde.“
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Unterwerfung von Boͤhmen.
len andern benachbarten Fürſten, Baiern, Pfalz, Branden-
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So gerüſtet und vorbereitet erſchien der König am 3ten Juni
in Leitmeritz. 1
Die Meinung Ferdinands war weniger, Krieg zu be-
ginnen, als vielmehr den Eindruck des allgemeinen Erfolgs
durch Furcht vor den eigenen Waffen zu verſtärken und ſeine
Gegner durch Abfall in ihren Reihen zu vernichten. Und
ſehr gut kannte er ſeine Leute. Auf ſein Mandat, daß ſich
jeder, der auf Verzeihung hoffen wolle, bei ihm in Leitmeritz
einfinden möge, traten über 200 Edelleute, die ſich bisher
zu den Ständen gehalten, zu ihm über; auch einige Städte
ſandten Deputirte.
Mit Einem Schlag war das Bündniß geſprengt, das
ihm die Krone ſtreitig machen wollen. Es kam nur noch
darauf an, daß er ſich auch des Mittelpunctes und Heer-
des der Bewegung, der Stadt Prag, bemächtige.
Er begann damit, das Schloß beſetzen zu laſſen. Am
2ten Juli erſchien er dann ſelber dort, worauf auch die
Kleinſeite und die Brücke genommen wurden.
Noch wollte die Stadt, von dem umwohnenden Land-
volk verſtärkt, ſich nicht fügen. Am 6ten Juli, dem Johann
Huſſens Tag, ließ ſie noch ein Schreiben in die Kreiſe er-
gehn, ſie gegen den Überdrang des königlichen Kriegsvolks
um Hülfe und Zuzug zu erſuchen. Noch ſchien ſie entſchloſ-
ſen ſich zu wehren.
1 Die Ulmer Geſandten, 8 Juni Leitmeritz. „Der Allmech-
tig verleihe ſeine Gnad, damit Blutvergießen und der Armen Ver-
derben fuͤrkommen werde.“
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/545>, abgerufen am 24.11.2024.
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