hören wir. Bald sollte sich zeigen wie weit der Clerus da- mit kommen würde.
In der Sitzung des Parliaments, die im Januar 1532 eröffnet ward, beschwerten sich die Communen in einer eige- nen Bittschrift bei dem König, daß der Clerus geistliche Ge- setze erlasse ohne Genehmigung der Krone und Vorwissen der Laien, in fremder Sprache, zuweilen in Widerspruch mit der bestehenden Gesetzgebung, und zugleich unter der Androhung der Excommunication, welche die Unterthanen zweifelhaft in ihrem Gehorsam gegen den König und die Verfassung mache.
Der Clerus suchte sich mit dem unvordenklichen Besitz der geistlichen Gerichtsbarkeit und dem Herkommen in allen christ- lichen Reichen zu rechtfertigen: er führte selbst eine Stelle aus der Schrift des Königs gegen Luther für sich an. 1 Bei einem so wichtigen Interesse aber machten die eigenen frühern Äuße- rungen auf Heinrich keinen Eindruck mehr. Ein erstes und ein zweites Erbieten der Geistlichkeit, obwohl das letztere schon ziemlich weit gieng, that ihm nicht Genüge; er forderte die umfassendsten Verpflichtungen derselben. Nicht allein kei- nen neuen Canon sollte sie machen, sondern auch nicht ein- mal einen alten in Ausführung bringen ohne Erlaubniß der Krone. Auf das engste war er in dieser Beziehung mit den Communen verbündet. Er selber erhob jetzt, und zwar zunächst gegen den Sprecher des Unterhauses, Beschwerde über das Verhältniß des Clerus gegen den Papst. Der Eid der diesem von den Bischöfen geleistet werde, stehe in offenem Widerspruch mit dem, welchen er selbst von ihnen
1 Darauf bezieht sich auch Bishop Gardiners Letter of ex- cuse. ib. 752.
Siebentes Buch. Erſtes Capitel.
hören wir. Bald ſollte ſich zeigen wie weit der Clerus da- mit kommen würde.
In der Sitzung des Parliaments, die im Januar 1532 eröffnet ward, beſchwerten ſich die Communen in einer eige- nen Bittſchrift bei dem König, daß der Clerus geiſtliche Ge- ſetze erlaſſe ohne Genehmigung der Krone und Vorwiſſen der Laien, in fremder Sprache, zuweilen in Widerſpruch mit der beſtehenden Geſetzgebung, und zugleich unter der Androhung der Excommunication, welche die Unterthanen zweifelhaft in ihrem Gehorſam gegen den König und die Verfaſſung mache.
Der Clerus ſuchte ſich mit dem unvordenklichen Beſitz der geiſtlichen Gerichtsbarkeit und dem Herkommen in allen chriſt- lichen Reichen zu rechtfertigen: er führte ſelbſt eine Stelle aus der Schrift des Königs gegen Luther für ſich an. 1 Bei einem ſo wichtigen Intereſſe aber machten die eigenen frühern Äuße- rungen auf Heinrich keinen Eindruck mehr. Ein erſtes und ein zweites Erbieten der Geiſtlichkeit, obwohl das letztere ſchon ziemlich weit gieng, that ihm nicht Genüge; er forderte die umfaſſendſten Verpflichtungen derſelben. Nicht allein kei- nen neuen Canon ſollte ſie machen, ſondern auch nicht ein- mal einen alten in Ausführung bringen ohne Erlaubniß der Krone. Auf das engſte war er in dieſer Beziehung mit den Communen verbündet. Er ſelber erhob jetzt, und zwar zunächſt gegen den Sprecher des Unterhauſes, Beſchwerde über das Verhältniß des Clerus gegen den Papſt. Der Eid der dieſem von den Biſchöfen geleiſtet werde, ſtehe in offenem Widerſpruch mit dem, welchen er ſelbſt von ihnen
1 Darauf bezieht ſich auch Bishop Gardiners Letter of ex- cuse. ib. 752.
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Siebentes Buch. Erſtes Capitel.
hören wir. Bald ſollte ſich zeigen wie weit der Clerus da-
mit kommen würde.
In der Sitzung des Parliaments, die im Januar 1532
eröffnet ward, beſchwerten ſich die Communen in einer eige-
nen Bittſchrift bei dem König, daß der Clerus geiſtliche Ge-
ſetze erlaſſe ohne Genehmigung der Krone und Vorwiſſen der
Laien, in fremder Sprache, zuweilen in Widerſpruch mit der
beſtehenden Geſetzgebung, und zugleich unter der Androhung
der Excommunication, welche die Unterthanen zweifelhaft in
ihrem Gehorſam gegen den König und die Verfaſſung mache.
Der Clerus ſuchte ſich mit dem unvordenklichen Beſitz der
geiſtlichen Gerichtsbarkeit und dem Herkommen in allen chriſt-
lichen Reichen zu rechtfertigen: er führte ſelbſt eine Stelle aus
der Schrift des Königs gegen Luther für ſich an. 1 Bei einem
ſo wichtigen Intereſſe aber machten die eigenen frühern Äuße-
rungen auf Heinrich keinen Eindruck mehr. Ein erſtes und
ein zweites Erbieten der Geiſtlichkeit, obwohl das letztere ſchon
ziemlich weit gieng, that ihm nicht Genüge; er forderte die
umfaſſendſten Verpflichtungen derſelben. Nicht allein kei-
nen neuen Canon ſollte ſie machen, ſondern auch nicht ein-
mal einen alten in Ausführung bringen ohne Erlaubniß
der Krone. Auf das engſte war er in dieſer Beziehung mit
den Communen verbündet. Er ſelber erhob jetzt, und zwar
zunächſt gegen den Sprecher des Unterhauſes, Beſchwerde
über das Verhältniß des Clerus gegen den Papſt. Der
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1 Darauf bezieht ſich auch Bishop Gardiners Letter of ex-
cuse. ib. 752.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/58>, abgerufen am 16.02.2025.
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