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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Erstes Capitel.
den Kaiser entfremdet hatte. Doch durfte er sich denselben
nicht ganz zum Feinde machen. Als er nach Rom zurück-
gekommen, eröffnete er dem kaiserlichen Gesandten, bisher
habe er in der englischen Sache auf die Verwendung des Kö-
nigs von Frankreich Rücksicht nehmen müssen, damit nicht etwa
auch der abfalle, 1 nun er aber desselben sicher sey, so hindere
ihn nichts mehr dem Rechte seinen Lauf zu lassen und die Ehe-
scheidungsangelegenheit zu Ende zu bringen. Nachdem alle Fri-
sten verstrichen waren, ergieng im Consistorium der Cardinäle,
auf die Relation des Bischofs von Pesaro, Sermoneta, eines
der Uditoren des päpstlichen Pallastes, in Abwesenheit des
Decanes, am 23 März 1534 die definitive Sentenz. Wie
hätte die Curie auch etwas anders thun sollen, als ihren alten
Spruch, kraft dessen die Ehe zwischen Heinrich und Catha-
rina
geschlossen worden, aufrecht erhalten? Da aber der Kö-
nig diese seine rechte Gemahlin verstoßen, und eine andere
genommen, so bezeichnete das Gericht die aus der neuen Ehe
entspringende Nachkommenschaft unumwunden als illegitim.
Werde der König nicht bis zu Ende Septembers Catharina
in ihre Rechte herstellen, so solle er in die Pön der grö-
ßern Excommunication verfallen seyn und von Jedermann ge-
mieden werden. 2 Clemens VII war mit sich selbst zufrieden,
daß er etwas gethan, wovon man immer gesagt hatte, er
werde den Muth dazu nicht haben. Auf den Grund daß er
seine Pflicht erfüllt habe, forderte er nun aber auch die Andern

1 "ne si in causa Anglicana de jure procederet, propter
quam ab ecclesia alienata fuit Anglia, alienaretur etiam Francia."

Schreiben des Sanchez 20 Dec. 1533 bei Bucholtz IX, 123.
2 Anglici matrimonii sententia diffinitiva. Conc. M. Brit.
III,
769.

Siebentes Buch. Erſtes Capitel.
den Kaiſer entfremdet hatte. Doch durfte er ſich denſelben
nicht ganz zum Feinde machen. Als er nach Rom zurück-
gekommen, eröffnete er dem kaiſerlichen Geſandten, bisher
habe er in der engliſchen Sache auf die Verwendung des Kö-
nigs von Frankreich Rückſicht nehmen müſſen, damit nicht etwa
auch der abfalle, 1 nun er aber deſſelben ſicher ſey, ſo hindere
ihn nichts mehr dem Rechte ſeinen Lauf zu laſſen und die Ehe-
ſcheidungsangelegenheit zu Ende zu bringen. Nachdem alle Fri-
ſten verſtrichen waren, ergieng im Conſiſtorium der Cardinäle,
auf die Relation des Biſchofs von Peſaro, Sermoneta, eines
der Uditoren des päpſtlichen Pallaſtes, in Abweſenheit des
Decanes, am 23 März 1534 die definitive Sentenz. Wie
hätte die Curie auch etwas anders thun ſollen, als ihren alten
Spruch, kraft deſſen die Ehe zwiſchen Heinrich und Catha-
rina
geſchloſſen worden, aufrecht erhalten? Da aber der Kö-
nig dieſe ſeine rechte Gemahlin verſtoßen, und eine andere
genommen, ſo bezeichnete das Gericht die aus der neuen Ehe
entſpringende Nachkommenſchaft unumwunden als illegitim.
Werde der König nicht bis zu Ende Septembers Catharina
in ihre Rechte herſtellen, ſo ſolle er in die Pön der grö-
ßern Excommunication verfallen ſeyn und von Jedermann ge-
mieden werden. 2 Clemens VII war mit ſich ſelbſt zufrieden,
daß er etwas gethan, wovon man immer geſagt hatte, er
werde den Muth dazu nicht haben. Auf den Grund daß er
ſeine Pflicht erfüllt habe, forderte er nun aber auch die Andern

1 „ne si in causa Anglicana de jure procederet, propter
quam ab ecclesia alienata fuit Anglia, alienaretur etiam Francia.“

Schreiben des Sanchez 20 Dec. 1533 bei Bucholtz IX, 123.
2 Anglici matrimonii sententia diffinitiva. Conc. M. Brit.
III,
769.
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[50/0062] Siebentes Buch. Erſtes Capitel. den Kaiſer entfremdet hatte. Doch durfte er ſich denſelben nicht ganz zum Feinde machen. Als er nach Rom zurück- gekommen, eröffnete er dem kaiſerlichen Geſandten, bisher habe er in der engliſchen Sache auf die Verwendung des Kö- nigs von Frankreich Rückſicht nehmen müſſen, damit nicht etwa auch der abfalle, 1 nun er aber deſſelben ſicher ſey, ſo hindere ihn nichts mehr dem Rechte ſeinen Lauf zu laſſen und die Ehe- ſcheidungsangelegenheit zu Ende zu bringen. Nachdem alle Fri- ſten verſtrichen waren, ergieng im Conſiſtorium der Cardinäle, auf die Relation des Biſchofs von Peſaro, Sermoneta, eines der Uditoren des päpſtlichen Pallaſtes, in Abweſenheit des Decanes, am 23 März 1534 die definitive Sentenz. Wie hätte die Curie auch etwas anders thun ſollen, als ihren alten Spruch, kraft deſſen die Ehe zwiſchen Heinrich und Catha- rina geſchloſſen worden, aufrecht erhalten? Da aber der Kö- nig dieſe ſeine rechte Gemahlin verſtoßen, und eine andere genommen, ſo bezeichnete das Gericht die aus der neuen Ehe entſpringende Nachkommenſchaft unumwunden als illegitim. Werde der König nicht bis zu Ende Septembers Catharina in ihre Rechte herſtellen, ſo ſolle er in die Pön der grö- ßern Excommunication verfallen ſeyn und von Jedermann ge- mieden werden. 2 Clemens VII war mit ſich ſelbſt zufrieden, daß er etwas gethan, wovon man immer geſagt hatte, er werde den Muth dazu nicht haben. Auf den Grund daß er ſeine Pflicht erfüllt habe, forderte er nun aber auch die Andern 1 „ne si in causa Anglicana de jure procederet, propter quam ab ecclesia alienata fuit Anglia, alienaretur etiam Francia.“ Schreiben des Sanchez 20 Dec. 1533 bei Bucholtz IX, 123. 2 Anglici matrimonii sententia diffinitiva. Conc. M. Brit. III, 769.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/62>, abgerufen am 21.11.2024.