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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Neuerungen Heinrichs VIII.
d. i. den Kaiser und dessen Bruder auf, die ihre zu thun,
und die ausgesprochene Sentenz zu vollziehn. Der Gesandte
derselben antwortete: Kaiser und König würden sich in einer
Sache die sie so nahe angehe nicht träge finden lassen. 1

War es aber nicht gleichsam ein neues Unglück, daß
der römische Stuhl in dieser Sache von Anfang fremde Hülfe
anrufen mußte? Die nationale Antipathie, die ohnehin so
lebhaft erregt war, bekam dadurch zugleich eine politische Be-
gründung.

Schon hatte man sich in England vorbereitet, jedem Ver-
suche des Papstthums zur Wiedererwerbung seiner alten Gewalt
ernstlich zu begegnen; und zwar nicht allein durch Parlaments-
beschlüsse und Gesetze, sondern nunmehr auch durch Umwand-
lung der allgemeinen Überzeugung. Jetzt erst schlug man dort
einen Weg ein, auf welchem man sich der deutschen Reforma-
tion annäherte.

Mit großem Eifer nahm man eine Frage vor, die in
Deutschland, das sich vor allem andern mit der Wahrheit
des Dogma und der Angemessenheit der Kirchendienste beschäf-
tigte, minder wichtig geschienen, die aber hier die unmittel-
barste Bedeutung erhielt, die Frage über den päpstlichen Primat.
Schriften erschienen unter öffentlicher Autorität dagegen; 2 man
predigte auf den Kanzeln: "der Bischof von Rom genannt der
Papst habe kein größeres Recht in England als irgend ein
anderer fremder Bischof, die Autorität welche er bisher aus-
geübt, rühre nur von Zugeständnissen früherer Könige her, die

1 Schreiben des Sanchez an Ferdinand, 30 März 1534 bei
Bucholz IX, p. 123.
2 De vera differentia regiae potestatis et ecclesiasticae. De
potestate regis.
Vergl. Strype Ecclesiastical memorials I, 272.
4*

Neuerungen Heinrichs VIII.
d. i. den Kaiſer und deſſen Bruder auf, die ihre zu thun,
und die ausgeſprochene Sentenz zu vollziehn. Der Geſandte
derſelben antwortete: Kaiſer und König würden ſich in einer
Sache die ſie ſo nahe angehe nicht träge finden laſſen. 1

War es aber nicht gleichſam ein neues Unglück, daß
der römiſche Stuhl in dieſer Sache von Anfang fremde Hülfe
anrufen mußte? Die nationale Antipathie, die ohnehin ſo
lebhaft erregt war, bekam dadurch zugleich eine politiſche Be-
gründung.

Schon hatte man ſich in England vorbereitet, jedem Ver-
ſuche des Papſtthums zur Wiedererwerbung ſeiner alten Gewalt
ernſtlich zu begegnen; und zwar nicht allein durch Parlaments-
beſchlüſſe und Geſetze, ſondern nunmehr auch durch Umwand-
lung der allgemeinen Überzeugung. Jetzt erſt ſchlug man dort
einen Weg ein, auf welchem man ſich der deutſchen Reforma-
tion annäherte.

Mit großem Eifer nahm man eine Frage vor, die in
Deutſchland, das ſich vor allem andern mit der Wahrheit
des Dogma und der Angemeſſenheit der Kirchendienſte beſchäf-
tigte, minder wichtig geſchienen, die aber hier die unmittel-
barſte Bedeutung erhielt, die Frage über den päpſtlichen Primat.
Schriften erſchienen unter öffentlicher Autorität dagegen; 2 man
predigte auf den Kanzeln: „der Biſchof von Rom genannt der
Papſt habe kein größeres Recht in England als irgend ein
anderer fremder Biſchof, die Autorität welche er bisher aus-
geübt, rühre nur von Zugeſtändniſſen früherer Könige her, die

1 Schreiben des Sanchez an Ferdinand, 30 Maͤrz 1534 bei
Bucholz IX, p. 123.
2 De vera differentia regiae potestatis et ecclesiasticae. De
potestate regis.
Vergl. Strype Ecclesiastical memorials I, 272.
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[51/0063] Neuerungen Heinrichs VIII. d. i. den Kaiſer und deſſen Bruder auf, die ihre zu thun, und die ausgeſprochene Sentenz zu vollziehn. Der Geſandte derſelben antwortete: Kaiſer und König würden ſich in einer Sache die ſie ſo nahe angehe nicht träge finden laſſen. 1 War es aber nicht gleichſam ein neues Unglück, daß der römiſche Stuhl in dieſer Sache von Anfang fremde Hülfe anrufen mußte? Die nationale Antipathie, die ohnehin ſo lebhaft erregt war, bekam dadurch zugleich eine politiſche Be- gründung. Schon hatte man ſich in England vorbereitet, jedem Ver- ſuche des Papſtthums zur Wiedererwerbung ſeiner alten Gewalt ernſtlich zu begegnen; und zwar nicht allein durch Parlaments- beſchlüſſe und Geſetze, ſondern nunmehr auch durch Umwand- lung der allgemeinen Überzeugung. Jetzt erſt ſchlug man dort einen Weg ein, auf welchem man ſich der deutſchen Reforma- tion annäherte. Mit großem Eifer nahm man eine Frage vor, die in Deutſchland, das ſich vor allem andern mit der Wahrheit des Dogma und der Angemeſſenheit der Kirchendienſte beſchäf- tigte, minder wichtig geſchienen, die aber hier die unmittel- barſte Bedeutung erhielt, die Frage über den päpſtlichen Primat. Schriften erſchienen unter öffentlicher Autorität dagegen; 2 man predigte auf den Kanzeln: „der Biſchof von Rom genannt der Papſt habe kein größeres Recht in England als irgend ein anderer fremder Biſchof, die Autorität welche er bisher aus- geübt, rühre nur von Zugeſtändniſſen früherer Könige her, die 1 Schreiben des Sanchez an Ferdinand, 30 Maͤrz 1534 bei Bucholz IX, p. 123. 2 De vera differentia regiae potestatis et ecclesiasticae. De potestate regis. Vergl. Strype Ecclesiastical memorials I, 272. 4*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/63>, abgerufen am 21.11.2024.