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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Stellung und Politik Carls V.
ßern Einfluß er auf den Reichstag gewonnen, desto strenger
forderte er die Beobachtung der Beschlüsse desselben; von kei-
nem Heimbringen, von keiner Selbstbestimmung einer Land-
schaft wollte er mehr hören. Eben so aber dachte er mit
dem Concilium zu verfahren. Er wollte den Antheil an der
Leitung desselben haben der ihm als Kaiser gebühre, dann
sollte Jedermann seinen Satzungen gehorchen, namentlich auch
der Papst selbst.

Dahin hat es der burgundische Prinz doch gebracht,
daß die Wiederbelebung dieser großen Ideen, an denen sich
das Mittela[lt]er entwickelt hat, an sein Daseyn, seine Macht
geknüpft ist. Die Doppelseitigkeit seines Bestrebens spie-
gelt sich in den entgegengesetzten Eigenschaften die sich in
seinem Character vereinigen. Carl V ist zweideutig, durch
und durch berechnet, habgierig, unversöhnlich, schonungslos,
und dabei hat er doch eine erhabene Ruhe, ein stolzes die
Dinge gehn lassen, Schwung der Gedanken und Seelen-
stärke. Seine Ideen haben etwas Glänzendes, historisch
Großartiges. Das Kaiserthum wie er es faßt, enthält die
Fülle geistlicher und weltlicher Gewalt, und er nähert sich
der Möglichkeit es herzustellen. Ob es ihm damit gelingen
wird, ist die große Lebensfrage für Europa und die Welt.

Verhandlungen mit Rom.

In den Jahren 1549, 50 war Carl V hauptsächlich
in den conciliaren Erörterungen mit dem Papst begriffen.

Am römischen Hofe suchte man jede Nachgiebigkeit in
geistlichen Angelegenheiten, wenn man sich ja zu einer solchen

Ranke D. Gesch. V. 8

Stellung und Politik Carls V.
ßern Einfluß er auf den Reichstag gewonnen, deſto ſtrenger
forderte er die Beobachtung der Beſchlüſſe deſſelben; von kei-
nem Heimbringen, von keiner Selbſtbeſtimmung einer Land-
ſchaft wollte er mehr hören. Eben ſo aber dachte er mit
dem Concilium zu verfahren. Er wollte den Antheil an der
Leitung deſſelben haben der ihm als Kaiſer gebühre, dann
ſollte Jedermann ſeinen Satzungen gehorchen, namentlich auch
der Papſt ſelbſt.

Dahin hat es der burgundiſche Prinz doch gebracht,
daß die Wiederbelebung dieſer großen Ideen, an denen ſich
das Mittela[lt]er entwickelt hat, an ſein Daſeyn, ſeine Macht
geknüpft iſt. Die Doppelſeitigkeit ſeines Beſtrebens ſpie-
gelt ſich in den entgegengeſetzten Eigenſchaften die ſich in
ſeinem Character vereinigen. Carl V iſt zweideutig, durch
und durch berechnet, habgierig, unverſöhnlich, ſchonungslos,
und dabei hat er doch eine erhabene Ruhe, ein ſtolzes die
Dinge gehn laſſen, Schwung der Gedanken und Seelen-
ſtärke. Seine Ideen haben etwas Glänzendes, hiſtoriſch
Großartiges. Das Kaiſerthum wie er es faßt, enthält die
Fülle geiſtlicher und weltlicher Gewalt, und er nähert ſich
der Möglichkeit es herzuſtellen. Ob es ihm damit gelingen
wird, iſt die große Lebensfrage für Europa und die Welt.

Verhandlungen mit Rom.

In den Jahren 1549, 50 war Carl V hauptſächlich
in den conciliaren Erörterungen mit dem Papſt begriffen.

Am römiſchen Hofe ſuchte man jede Nachgiebigkeit in
geiſtlichen Angelegenheiten, wenn man ſich ja zu einer ſolchen

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[113/0125] Stellung und Politik Carls V. ßern Einfluß er auf den Reichstag gewonnen, deſto ſtrenger forderte er die Beobachtung der Beſchlüſſe deſſelben; von kei- nem Heimbringen, von keiner Selbſtbeſtimmung einer Land- ſchaft wollte er mehr hören. Eben ſo aber dachte er mit dem Concilium zu verfahren. Er wollte den Antheil an der Leitung deſſelben haben der ihm als Kaiſer gebühre, dann ſollte Jedermann ſeinen Satzungen gehorchen, namentlich auch der Papſt ſelbſt. Dahin hat es der burgundiſche Prinz doch gebracht, daß die Wiederbelebung dieſer großen Ideen, an denen ſich das Mittelalter entwickelt hat, an ſein Daſeyn, ſeine Macht geknüpft iſt. Die Doppelſeitigkeit ſeines Beſtrebens ſpie- gelt ſich in den entgegengeſetzten Eigenſchaften die ſich in ſeinem Character vereinigen. Carl V iſt zweideutig, durch und durch berechnet, habgierig, unverſöhnlich, ſchonungslos, und dabei hat er doch eine erhabene Ruhe, ein ſtolzes die Dinge gehn laſſen, Schwung der Gedanken und Seelen- ſtärke. Seine Ideen haben etwas Glänzendes, hiſtoriſch Großartiges. Das Kaiſerthum wie er es faßt, enthält die Fülle geiſtlicher und weltlicher Gewalt, und er nähert ſich der Möglichkeit es herzuſtellen. Ob es ihm damit gelingen wird, iſt die große Lebensfrage für Europa und die Welt. Verhandlungen mit Rom. In den Jahren 1549, 50 war Carl V hauptſächlich in den conciliaren Erörterungen mit dem Papſt begriffen. Am römiſchen Hofe ſuchte man jede Nachgiebigkeit in geiſtlichen Angelegenheiten, wenn man ſich ja zu einer ſolchen Ranke D. Geſch. V. 8

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/125>, abgerufen am 24.11.2024.