Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Neuntes Buch. Viertes Capitel. der Stadt Afrikija oder Mehdia zu bemächtigen dachte, woJuden und Mauren, welche aus Spanien und Portugal verjagt worden, sich eine Art von Republik gegründet hatten. Dieses Platzes bemächtigte sich Dragut mit einer glücklichen von Verrätherei unterstützten Verschlagenheit, und suchte nun von hier aus, je nachdem die Loose des Alfaqui, den er befragte, gefallen, bald die Küsten von Valencia auf, wo er Freunde unter den Morisken hatte, bald die genuesische Riviera, um sich den Doria wieder einmal bemerklich zu machen, oder Gozzo, das er besonders gehaßt haben soll, weil ihm dort ein Bruder gefallen und dessen Leiche nicht herausgege- ben worden: oder wohin das unglückliche Gestirn eines Land- striches ihn führte. Den Seeraub hielt er für sein gutes Recht: er hat wohl den Rittern ihre Grausamkeit gegen die "armen Corsaren" zum Vorwurf gemacht. Zuweilen hatte er 40 Segel in See. Von den Schlössern wo man ihn wahrnahm, ließ man Rauchsäulen zum Warnungszeichen auf- steigen; doch gab es selten eine Vorsicht, die nicht seiner Hinterlist hätte unterliegen müssen. Im Frühjahr 1550 ver- einigten sich nun die spanisch-italienischen Geschwader des Kaisers mit den Galeeren des Papstes, des Herzog Cosimo von Florenz und des Ordens zu einem ernstlichen Unterneh- men gegen Dragut. Er selbst aber, durch das Beispiel Chaireddins gewitzigt, war längst wieder in See, ehe die Christen ankamen, und diesen blieb nichts übrig als ihm seine Stadt zu entreißen. Die drei Oberhäupter der Flotte, der Vicekönig Vega von Sicilien, Don Garcia de Toledo und Andrea Doria, entschlossen sich endlich dazu, obwohl sie zur Belagerung nur eine verhältnißmäßig geringe Mann- Neuntes Buch. Viertes Capitel. der Stadt Afrikija oder Mehdia zu bemächtigen dachte, woJuden und Mauren, welche aus Spanien und Portugal verjagt worden, ſich eine Art von Republik gegründet hatten. Dieſes Platzes bemächtigte ſich Dragut mit einer glücklichen von Verrätherei unterſtützten Verſchlagenheit, und ſuchte nun von hier aus, je nachdem die Looſe des Alfaqui, den er befragte, gefallen, bald die Küſten von Valencia auf, wo er Freunde unter den Morisken hatte, bald die genueſiſche Riviera, um ſich den Doria wieder einmal bemerklich zu machen, oder Gozzo, das er beſonders gehaßt haben ſoll, weil ihm dort ein Bruder gefallen und deſſen Leiche nicht herausgege- ben worden: oder wohin das unglückliche Geſtirn eines Land- ſtriches ihn führte. Den Seeraub hielt er für ſein gutes Recht: er hat wohl den Rittern ihre Grauſamkeit gegen die „armen Corſaren“ zum Vorwurf gemacht. Zuweilen hatte er 40 Segel in See. Von den Schlöſſern wo man ihn wahrnahm, ließ man Rauchſäulen zum Warnungszeichen auf- ſteigen; doch gab es ſelten eine Vorſicht, die nicht ſeiner Hinterliſt hätte unterliegen müſſen. Im Frühjahr 1550 ver- einigten ſich nun die ſpaniſch-italieniſchen Geſchwader des Kaiſers mit den Galeeren des Papſtes, des Herzog Coſimo von Florenz und des Ordens zu einem ernſtlichen Unterneh- men gegen Dragut. Er ſelbſt aber, durch das Beiſpiel Chaireddins gewitzigt, war längſt wieder in See, ehe die Chriſten ankamen, und dieſen blieb nichts übrig als ihm ſeine Stadt zu entreißen. Die drei Oberhäupter der Flotte, der Vicekönig Vega von Sicilien, Don Garcia de Toledo und Andrea Doria, entſchloſſen ſich endlich dazu, obwohl ſie zur Belagerung nur eine verhältnißmäßig geringe Mann- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0160" n="148"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neuntes Buch. 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Neuntes Buch. Viertes Capitel.
der Stadt Afrikija oder Mehdia zu bemächtigen dachte, wo
Juden und Mauren, welche aus Spanien und Portugal
verjagt worden, ſich eine Art von Republik gegründet hatten.
Dieſes Platzes bemächtigte ſich Dragut mit einer glücklichen
von Verrätherei unterſtützten Verſchlagenheit, und ſuchte nun
von hier aus, je nachdem die Looſe des Alfaqui, den er befragte,
gefallen, bald die Küſten von Valencia auf, wo er Freunde
unter den Morisken hatte, bald die genueſiſche Riviera,
um ſich den Doria wieder einmal bemerklich zu machen,
oder Gozzo, das er beſonders gehaßt haben ſoll, weil ihm
dort ein Bruder gefallen und deſſen Leiche nicht herausgege-
ben worden: oder wohin das unglückliche Geſtirn eines Land-
ſtriches ihn führte. Den Seeraub hielt er für ſein gutes
Recht: er hat wohl den Rittern ihre Grauſamkeit gegen die
„armen Corſaren“ zum Vorwurf gemacht. Zuweilen hatte
er 40 Segel in See. Von den Schlöſſern wo man ihn
wahrnahm, ließ man Rauchſäulen zum Warnungszeichen auf-
ſteigen; doch gab es ſelten eine Vorſicht, die nicht ſeiner
Hinterliſt hätte unterliegen müſſen. Im Frühjahr 1550 ver-
einigten ſich nun die ſpaniſch-italieniſchen Geſchwader des
Kaiſers mit den Galeeren des Papſtes, des Herzog Coſimo
von Florenz und des Ordens zu einem ernſtlichen Unterneh-
men gegen Dragut. Er ſelbſt aber, durch das Beiſpiel
Chaireddins gewitzigt, war längſt wieder in See, ehe die
Chriſten ankamen, und dieſen blieb nichts übrig als ihm
ſeine Stadt zu entreißen. Die drei Oberhäupter der Flotte,
der Vicekönig Vega von Sicilien, Don Garcia de Toledo
und Andrea Doria, entſchloſſen ſich endlich dazu, obwohl ſie
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